Die Folgen der Corona-Pandemie lassen sich auch bei Rechtsschutzversicherern beobachten. Allein aus dem Bereich Arbeitsrecht übernahm der Versicherer Roland Rechtsschutz im ersten Halbjahr 2020 mehr als 24.500 Leistungsfälle rund um Fragen zu Kurzarbeit, Lohnfortzahlung oder Homeoffice. Die Angst, den Job zu verlieren, beschäftigte viele Menschen gerade zu Beginn der Pandemie in Deutschland. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stieg das Aufkommen anwaltlicher telefonischer Beratungen allein im März um ein Drittel auf insgesamt 150.000.

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Eine Entwicklung, die auch bei Roland feststellbar war. Als Treiber wurden Vertragsstreitigkeiten mit Reiseveranstaltern, Hoteliers und Fluggesellschaften ausgemacht. Sie liefen im ersten Halbjahr 2020 bei Roland den Verkehrsstreitigkeiten den Rang ab und übernahmen mit 41.500 Fällen den ersten Platz, meldet der Versicherer in einem Pressetext. Darin heißt es weiter: „Grundsätzlich gilt: Je früher Rechtsschutz-Versicherte Kontakt zu ihrem Versicherer aufnehmen und sich eine fundierte Einschätzung ihrer Situation und ihren Optionen einholen, desto eher kann ein langwieriger und teurer Rechtsstreit vermieden werden.“

Kein schlechter Ratschlag, dem eine Roland-Versicherte aus Potsdam folgen wollte. Das von ihr betriebene Hotel hatte schließen müssen; die Betriebsschließungsversicherung verweigerte allerdings die Leistungsübernahme. Nun wollte die Versicherte ihre rechtlichen Chancen gegen diese Leistungsverweigerung von ihrem Rechtsschutzversicherer prüfen lassen.

Roland lehnt Deckungszusage ab

Um einen „langwierigen und teuren Rechtsstreit“ zu vermeiden, wollte der Versicherer aber einen anderen Lösungsweg nutzen, als sich die Kundin erhoffte. Der Versicherer lehnte die Deckungsanfrage ab, wie übereinstimmend verschiedene Branchenmedien berichten. So zitiert procontra aus der Ablehnung: „Im vorliegenden Fall sind hinreichende Erfolgssausichten nicht gegeben, da bei einer Versicherung gegen eine Betriebsschließung kein Deckungsschutz gegen Krankheiten und Erreger wie Covid-19 oder Corona, wenn diese nicht ausdrücklich vertraglich benannt sind. Die Aufzählung der versicherten Krankheiten in den vereinbarten Versicherungsbedingungen ist abschließend. Das hat das OLG Hamm in einen Eilverfahren nicht anfechtbaren Beschluss vom 15.07.2020 entschieden. Hierauf beziehen wir uns.“

Der Verweis auf die OLG-Entscheidung ist insoweit verwunderlich, als das dort die Bedingungen eines anderen Versicherers Gegenstand der Verhandlung waren. Dr. Knut Pilz, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Berlin und der Branche durch den PKV-Treuhänder-Streit bestens bekannt, vertritt die Roland-Kundin in diesem Fall. Gegenüber procontra nannte er die Ablehnung mangels Erfolgsaussichten „abwegig“ und „nicht nachvollziehbar“. Schließlich sei die Rechtslage um Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung derzeit höchst umstritten. Eine Einschätzung, die durchaus mit Blick nach München getroffen sein sollte. Dort stehen mehrere Entscheidungen an und die zuständige Richterin hatte bereits durchblicken lassen, dass die Chancen für die klagenden Gastronomen gut seien.

Laut VWheute findet es Pilz besonders problematisch, dass die Roland den Deckungsschutz „gerade für ein mit ihr wirtschaftlich verbundenes Unternehmen ablehnt“. Denn Axa, der betroffene BSV-Versicherer, hält 60 Prozent an Roland Rechtsschutz. Gegen derartige Vorwürfe verwahrte sich Roland allerdings strikt: „Es spielt zu keinem Zeitpunkt eine Rolle, um welchen Versicherer es sich handelt. Dies ist aus aufsichtsrechtlichen Gründen eine absolute Grundlage unseres Geschäfts. Unsere Deckungsentscheidungen sind in jedem Fall und zu jedem Zeitpunkt völlig unabhängig“, so Roland.

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Doch gleich, wie dieser Fall ausgeht: Für Versicherte bei Roland wird es ab Oktober teurer. Der Versicherer will auch im Bestand seine Beiträge gemäß der Treuhänder-Empfehlung anpassen.

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