Während sich Pflegedebatten in den Medien oft auf steigende Eigenanteile im Pflegeheim konzentrieren, werden nach Daten des Statistischen Bundesamtes 84 Prozent aller Pflegebedürftigen bzw. knapp 4,2 Millionen Menschen zuhause betreut. Oft müssen pflegende Angehörige ihre Arbeitszeit einschränken oder den Beruf sogar vorübergehend ganz aufgeben - für viele entpuppt sich Pflege als Vollzeitjob. Diese Menschen will die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nun stärker finanziell unterstützen. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) liegt der bisher unveröffentlichte Entwurf eines Positionspapiers vor, in dem beide Parteien eine Art Elterngeld für pflegende Angehörige fordern.

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“Dem größten ›Pflegedienst‹ Deutschlands gebührt mehr Respekt und Unterstützung“, zitiert RND aus dem Positionspapier. Weiter heißt es, man fordere eine „Entgeltersatzleistung/Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld bei der Pflegezeit beziehungsweise Familienpflegezeit“. Wie das finanziert werden soll, wurde jedoch nicht berichtet: Die Pflegeversicherung steht aktuell vor einem Milliarden-Defizit und schloss auch das Jahr 2022 mit einem Minus von 2,2 Milliarden Euro ab.

Pflegegeld und Pflegeentlastungsbetrag

Finanzielle Unterstützung erhalten pflegende Angehörige derzeit nur indirekt. So haben Pflegebedürftige, die zuhause betreut werden, Anrecht auf Pflegegeld, das zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent erhöht werden soll. Dieses erhalten aber die pflegebedürftigen Personen selbst: Sie können es dann an Angehörige weitergeben. Auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums heißt es hierzu: „Pflegebedürftige sollen selbst darüber entscheiden können, wie und von wem sie gepflegt werden. Die Pflegeversicherung unterstützt deshalb auch, wenn sich Betroffene dafür entscheiden, statt von einem ambulanten Pflegedienst von Angehörigen, Freunden oder anderen ehrenamtlich Tätigen versorgt zu werden“.

Auch ist bereits das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz vorgesehen, allerdings ist dieses auf zehn Tage beschränkt. Darüber hinaus gibt es den Pflegeentlastungsbetrag. „Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags“, heißt es dazu auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums. Maximal gibt es 125 Euro im Monat. Außerdem zahlt die Rentenversicherung Beiträge für Pflegende, wenn sie nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig sind.

Wiederholt wurde aber die Kritik laut, dass die häusliche Pflege nicht angemessen gewürdigt wird, zumal Pflegende oft nicht nur deutliche Einbußen beim Lohn und den Karrierechancen haben, sondern auch niedrigere Rentenansprüche erwerben. „Wer sich mit Hingabe um Pflegebedürftige in der Familie kümmert, sollte dafür entlastet werden - gerade, wenn man dafür zeitweise aus dem Beruf aussteigen muss und das Einkommen über Monate fehlt“, sagt Tino Sorge, der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gegenüber RND.

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Sozialverbände begrüßten die Pläne der Unionsparteien. Die Idee einer Lohnersatzleistung sei „sehr gut und lange überfällig“, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. „Neben verlässlichen Entlastungsangeboten brauchen pflegende Angehörige einen einklagbaren Rechtsanspruch, Zeit und materielle Absicherung“, so Schneider. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußerte sich positiv. Seit Jahren würden die Gewerkschaften eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf analog zu Erziehungszeiten fordern, positioniert sich der DGB laut dem RedaktionsNetzwerk.

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