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Jedes Suchtverhalten sei über klassische und operante Konditionierung wie beim pawlowschen Hund durch die Reiz-Reaktionsketten erlernbar. (Poppelreuter, 2007) „Die Zwei-Prozess-Theorie erworbener Motivation eignet sich besonders zur Erklärung von süchtigem Verhalten, […]. Bei häufiger Wiederholung eines Verstärkers nach einer Reaktion in Gegenwart eines bestimmten Kontextes (Hinweisreize) kommt es zu suchtartigem Verhalten und auch zu Toleranz- und Entzugssymptomen (z. B. jeden Morgen über Jahre Kaffee).“ (Birbaumer & Schmidt, 2010, S. 693) Ausschlaggebend sei hierfür die hedonische Qualität, welche die Dimension an Wohlgefallen, die durch den Reiz auf einer Skala Werte von „extrem lustvoll“ bis zu „völliger Unlust“ ausweist. (Birbaumer & Schmidt, 2010) Hedonismus wird in der Psychologie häufig einzig als lustvolle und egoistische Lebenseinstellung definiert. Betroffene sehen kein Problem darin, Regeln zu brechen oder sich völlig würdelos und schockierend zu verhalten. Hedonismus sei am Vergnügen orientiert, nicht an der Einschränkung von Regeln. (Markgraf & Schneider, 2018) Vergleichbar ist dies mit der operanten Konditionierung, bei der es darum geht, ein bestimmtes Verhalten durch Belohnung (Arbeit) und Bestrafung (Urlaub) einer Person zu erzielen. (Decker, 2018) Dieses endet für Betroffene in einer Zwangsstörung, bei der die Einschränkung des psychosozialen Funktionsniveaus deutlich im Vordergrund steht. Sie haben ein dauerhaftes Verlangen nach einer Tätigkeit oder einer Substanz erlernt. (Zaudig, 2011)

Befragung von 339 Versicherungsvermittlern /-innen

Im Rahmen einer Studie von Daniela König zum Zusammenhang zwischen Arbeitssucht und Erfolgsorientierung sowie Furcht vor Misserfolg, wurden 339 Versicherungsvermittler befragt, indem sie einen Online-Fragebogen anonym beantworteten. Speziell wurde gemessen, ob die Variabilität des Einkommens einen Einfluss auf die Arbeitssucht hat. Lediglich 25 (7,37 %) der Teilnehmer erhielten ausschließlich ein Fixgehalt. 29 (8,55 %) Testpersonen erhielten ein Fixgehalt und zusätzlich eine Bonifikation. 94 (27,72 %) bekamen ein Fixgehalt, Provision und Bonifikation, 122 (35,99 %) arbeiteten ausschließlich auf Provisionsbasis und 69 (20,35 %) bekamen eine Provision sowie Bonifikation. 324 (95,58 %) führten den Beruf des Versicherungsvermittlers hauptberuflich aus und 15 (4,24 %) nebenberuflich. 69 (20,35 %) der Befragten gaben an, einem zusätzlichen Nebenjob nachzugehen.

Im Rahmen der Erhebung des Konstrukts Furcht vor Misserfolg wurde ein mittlerer Wert von M = 19,27 gemessen. Das erreichbare Maximum lag auf dieser Skala bei 33 und die kleinste Ausprägung bei 5. Die Ausprägung für Furcht vor Misserfolg liegt demnach auf einem hohen Niveau und bestätigt die Annahme, dass Versicherungsvermittler /-innen durch Ängste geprägt sind. Vor allem haben sie Angst davor, dass ihr Ansehen darunter leiden könnte, wenn ihnen eine Aufgabe misslingt. Gleichzeitig stimmte der überwiegende Teil zu, sich am Riemen zu reißen, wenn jemand mal nicht ganz fit sei, damit Kollegen und Vorgesetzte nichts bemerken. Die folgende Übersicht zeigt die zu beantwortenden Fragen mit den dazugehörigen Mittelwerten.

Testergebnisse Furcht vor Misserfolg von 339 Versicherungsvermittlern

Auswertung zur Arbeitssucht

Der maximal erreichbare Wert betrug auf der Arbeitssuchtskala 20. Ja–Antworten wurden mit einem Punkt bewertet und Nein-Antworten mit Null. Zum Schluss wurden die Werte addiert. Verglichen mit dem Mittelwert (M = 5,8) der Normstichprobe, ist der Mittelwert (M = 9,18) der Gruppe Versicherungsvermittler auf der Arbeitssuchtskala fast doppelt so hoch und erreicht knapp 50 Prozent des Maximums.

SEA- Skala zur Erfassung der Arbeitsbezogenheit: Mittelwerte und Standardabweichungen (Eigene Erhebung)

Die Forschungsfrage, ob ein Zusammenhang zwischen Furcht vor Misserfolg und Arbeitssucht besteht, wird durch die Untersuchung bejaht. Erfolgsorientierung hatte im Gegenzug keine nennenswerten Auswirkungen auf die Gefahr hin, arbeitssüchtig zu werden. Im folgenden Artikel wird vermehrt auf die Existenzängste von Versicherungsvermittlern /-innen eingegangen und darauffolgend auf die Risiken für Unternehmen. Die gesamte Studie kann hier erworben werden.

Im Artikel wurde die männliche Form verwendet, um die Lesbarkeit zu vereinfachen, keines der anderen Geschlechter soll damit benachteiligt werden.

Daniela König, Versicherungsfachwirtin, Wirtschaftspsychologin (B.Sc.) & Scrum Masterin ist bereits seit 17 Jahren erfolgreich im Versicherungsvertrieb tätig, zunächst in der Ausschließlichkeit und daraufhin als Maklerbetreuerin im Innendienst bei einem Assekuradeur. Im Rahmen ihrer Studie und der täglichen Arbeit als Maklerbetreuerin, erhielt sie von Seiten vieler Versicherungsvermittler das Feedback, dass diese aufgrund von zu vielen Verwaltungsaufgaben, keine Zeit mehr für den Vertrieb haben, gestresst sind, zu viele Portale bedienen sollen und damit überfordert sind. Aus diesem Grund entschied sie sich einen neuen Weg einzuschlagen, um Versicherungsmaklern den Versicherungsvertrieb wieder zu erleichtern. Aus dieser Berufsgruppe kommend, entschied sich die Autorin von einem Assekuradeur zu adesso SE, einem führenden IT-Dienstleister, in das Team Consulting Brokerservices zu wechseln, um die Digitalisierung für Versicherungsvermittler voranzutreiben. Ihr Ziel ist es, dass Versicherungsvermittler wieder mehr Zeit für den Point of Sale haben.

Literaturverzeichnis:

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