Früher waren Geldeinlagen oder war Geld auf Konten lukrativ. Denn Geld brachte Zinsen. Das galt für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB): Wenn Banken und Geldhäuser zwischen dem 06. Oktober 2000 und dem 11. Mai 2001 zum Beispiel Geld bei den Währungshütern bunkerten, profitierten sie von einem Einlagezins in Höhe von 3,75 Prozent. Geld-Haben war aber auch lukrativ für Sparerinnen und Sparer und damit für Einlagen auf privaten Konten: Konstrukte wie Prämien-Sparverträge der Sparkassen belohnten Kunden dafür, lange Geld auf Konten zu halten oder anzusparen (Versicherungsbote berichtete).

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Geld einlagern kostet derzeit Geld

Diese Zeiten aber sind vorbei. Im Zuge der Finanzkrise von 2008 nämlich sollte, gemäß geld-politischer Krisenintervention, Geld investiert und ausgegeben werden, anstatt es zu bunkern. Galt es doch, die Investitionsschwäche zu überwinden und deflationäre Entwicklungen zu stoppen.

Aus diesem Grund mussten Banken und Geldhäuser ab dem 11. Juni 2014 erstmals Strafen zahlen für eingelagertes Geld bei der EZB. Seit dem 16. März 2016 lag der der Einlagesatz für gebunkertes Geld sogar bei -0,40 Prozent. Und seit dem 18. September 2019 liegt er bei -0,50 Prozent: Geld bei der EZB anzulegen, kostet die Banken also derzeit Geld.

Verwahrentgelte: Die Negativzins-Erfindung einer Dienstleistung

Dies nutzen die Geldhäuser als Argument, Negativzinsen auch für die Kunden einzuführen. Freilich: Rein rechtlich sind Negativzinsen eindeutig nicht erlaubt, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) auf einer Kampagnenseite informiert. Denn Zinsen muss laut Darlehensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur zahlen, wer Schulden hat.

Aus diesem Grund sprechen die Geldhäuser auch von einem Verwahrungsentgelt – bezahlt werden soll die Verwahrungsleistung der Gelder. Mittlerweile listet das Vergleichsportals Verivox 413 Banken auf, die ein entsprechendes Verwahrentgelt erheben. Das Portal geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn nicht alle Geldhäuser machen öffentlich, dass sie solche Gelder verlangen.

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Aus Sicht der Verbraucherschützer sind Verwahrentgelte grundsätzlich verboten

Wie aber sind die als Verwahrentgelte erhobenen Negativzinsen auf Kontoguthaben rechtlich zu bewerten? Für die Branche steht viel auf den Spiel. Denn wären Verwahrentgelte grundsätzlich verboten – das ist die Sicht der Verbraucherschützer –, dann fällt nicht nur diese Einnahmequelle weg. Zugleich müssen die Geldhäuser dann alle bisher eingenommenen Verwahrentgelter an die Kunden zurückzahlen.

Aktuell besteht keine Rechtssicherheit

Auf der Seite des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) wird argumentiert: Zwischen der Verwahrung von Bankguthaben und der von Gegenständen im Schließfach gäbe es einen entscheidenden Unterschied: Beim Schließfach gehe es tatsächlich um die Verwahrung von Gegenständen. Bei Kontoguthaben sehe das aber anders aus: Die Bank müsse sie nicht im eigentlichen Sinne verwahren, sondern dürfe sie an Dritte verleihen und dafür Zinsen kassieren.

Zumal die EZB den Banken großzügige Freigrenzen eingeräumt hätte. Die Verbraucherschützer pointieren: Nur ein Bruchteil der Einlagen würde tatsächlich bei der EZB geparkt, zudem würde nur für einen Teil dieser Einlagen überhaupt ein Verwahrentgelt anfallen. Demnach würde schon jetzt wesentlich mehr über die Verwahrentgelte eingenommen, als man für die Einlagen zahlen müsse.

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Zwei widersprechende Urteile zur gleichen Frage

Zur jetzigen Frage besteht keine Rechtssicherheit. Denn zunächst urteilte das Landgericht Leipzig noch zugunsten der Geldhäuser (Az.: 5 O 640/20): Banken seien berechtigt, für erbrachte Sonderleistungen in Neuverträgen ein Entgelt zu verlangen – zum Beispiel dafür, dass sie das eingezahlte Geld der Sparerinnen und Sparer auf einem Girokonto „verwahrt“. Aus diesem Grund wies das Gericht die Klage der Verbraucherzentrale Sachsen ab. Die Verbraucherschützer freilich wollen gegen dieses Urteil in Berufung gehen (Versicherungsbote berichtete).

Nun aber urteilte das Landgericht Berlin genau entgegengesetzt zur gleichen Frage (Az. 16 O 43/21). Denn das Gericht war der Auffassung, dass die Verwahrung von Einlagen, etwa auf dem Girokonto, keine „Sonderleistung“ sei, für die eine Bank ein gesondertes Entgelt verlangen dürfe. So meinte das Gericht laut Handelsblatt, die Berechnung eines Verwahrentgelts bei Girokonten sei „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren“. Auch Minuszinsen auf Tagesgeldkonten widersprächen den gesetzlichen Leitlinien. Die Bank soll daher das Verwahrentgelt „auf eigene Kosten zurückzahlen“. Auch hier ist das letzte Wort noch nicht gefallen, denn die Sparda-Bank will ebenfalls gegen das Urteil in Berufung gehen.

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