Unabhängig davon sei die betreffende Klausel ohnehin intransparent und deshalb unwirksam, so die Richter. „Werde der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt, müsse dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel bestehe“, hieß es vom LG München. Dieser Anforderung werde die Klausel nicht gerecht. Denn der Versicherungsnehmer gehe auf Basis des Wortlauts von § 1 Ziffer 1 AVB davon aus, dass der Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend sei und sich mit dem IfSG decke.

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„Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsste der Versicherungsnehmer letztlich die Auflistung in § 1 Ziffer 2 AVB Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des IfSG vergleichen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar sei, die aber dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht bekannt sei, sei intransparent“, führte das LG München aus.

Staatliche Hilfen mindern keine Ansprüche

Zudem führten die Richter aus, dass weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anspruchsmindernd zu berücksichtigen seien. Denn es handelt sich dabei nicht um Schadensersatzzahlungen für Betriebsschließungen. Auf die Höhe der zu zahlenden Entschädigung aus dem Versicherungsvertrag hat das keinen Einfluss.

Versicherer will Berufungsmöglichkeiten nutzen

In einer Stellungnahme zeigte sich der betroffene Versicherer kämpferisch: „Die Auffassung des Gerichts respektieren wir, können diese jedoch nicht teilen. Wir werden uns nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe sorgfältig mit diesen auseinandersetzen und die Möglichkeiten der Berufung nutzen.“

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Die Versicherungskammer Bayern verwies auf eine Entscheidung des LG Kempten (Allgäu), die bezogen auf die Bedingungen des Versicherers eine Leistungspflicht verneinte. Das zeige die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der jeweiligen Gerichte und Instanzen. Aus dem heutigen erstinstanzlichen Urteil seien keine abschließenden und allgemeinen Schlussfolgerungen zu ziehen, so der Versicherer in seiner Stellungnahme. Langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen mit den eigenen Kunden seien nicht im Interesse des Versicherers hieß es weiter. Man sei nach wie vor an einvernehmlichen Lösungen orientiert, die man mit der großen Mehrheit der Kunden auch gefunden hätte.

Derweil häufen sich die Klagen vor LG München. Inzwischen sind 86 Klagen allein in München eingegangen.

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