"Verträge sind nicht auf Ewigkeit geschlossen!", sagt der Sparkassen-Chef

Fast selbstverräterisch wirkt hier das Statement eines Sprechers des Banken- und Giroverbandes. „Bei sehr lang laufenden Verträgen“ müsse es möglich sein, „auf veränderte wirtschaftliche Bedingungen angemessen reagieren zu können“, gab er zu Protokoll. Also einseitig die Verträge zu Ungunsten des Sparers abändern oder ihn gar rauswerfen? „Zu einer Zeit, als diese Verträge abgeschlossen wurden, konnte sich keiner vorstellen, dass wir mal eine Welt mit Negativzinsen bekommen", sagt Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis dem "Handelsblatt" und bittet um Verständnis. Nach seiner Einschätzung "sind Verträge grundsätzlich nicht auf Ewigkeit geschlossen“.

Anzeige

Solche Aussagen lassen aufhorchen: Empfehlen doch auch Experten, mit der Altersvorsorge zeitig zu beginnen und die Verträge lang durchzuhalten. Egal, wie sich die Situation an den Finanzmärkten gestaltet: Wer für das Alter vorsorgt, will und braucht Sicherheiten, auch um vom Zinseszins-Effekt zu profitieren:

Geld, das verzinst wird, führt zu einer steigenden Anlagesumme. Und auf die Zinsen werden dann wiederum Zinsen gezahlt, gemeinsam mit dem angesparten Kapital, das ja auch verzinst wird. Je länger der Sparer den Zins „arbeiten lässt“, desto mehr ist im Topf: denn Zinsen steigen exponentiell. Das heißt, der Zinseszinseffekt wirkt sich zunächst eher langsam aus, wirkt dann aber immer schneller und stärker. Ein zeitiger Beginn und Treue werden belohnt.

Hier wirkt das BGH-Urteil nun regelrecht kontraproduktiv, ebenso die Statements der Bankenfunktionäre. Ein Kündigungsrecht nach 15 Jahren als "nicht für die Ewigkeit" zu bezeichnen, führt langfristige Vorsorgeplanung geradezu ad absurdum: Selbst für den geplanten Provisionsdeckel in der Lebensversicherung wird eine deutlich längere Vertragslaufzeit von 35 Jahren vermutet. Der Bundesgerichtshof erlaubt nun den Anbietern, einen Sparvertrag schon nach wenigen Jahren zu kündigen: Für die Befürworter der privaten Altersvorsorge ein Bärendienst.

Lebensversicherung: Laufzeiten gelten

Der Imageschaden für die private Altersvorsorge könnte enorm sein. Schon jetzt verzichten speziell junge Menschen komplett darauf, etwas für die finanzielle Absicherung im Alter zu tun, wie eine repräsentative Umfrage von Kantar Public im Auftrag des Versorgungswerkes Metallrente zeigt. Stimmten 2010 noch 39 Prozent der 17-27jährigen zu, dass sie fürs Alter vorsorgen, so waren es 2019 nur noch 32 Prozent. Und doch könnten gerade die Lebensversicherer von diesem Urteil profitieren. Die Versicherer müssen bei kapitalbildenden Leben-Verträgen Laufzeiten unbestritten einhalten und die Garantien erfüllen: ein Fakt, mit dem klevere Vermittler nun werben könnten (der Versicherungsbote berichtete).

Anzeige

Dennoch: Aus Sicht der Verbraucher ist das Urteil des Bundesgerichtshofes kein gutes. Für die Richter spielte es keine Rolle, dass die Bankberater im Gespräch mit ihren Kunden explizit auf die Musterrechnungen in den Werbeflyern Bezug genommen hatten. Die dort enthaltene Vertragslaufzeit von 25 Jahren stelle „lediglich ein Rechenbeispiel dar, mit dem keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrags verbunden sei“, zitiert das Handelsblatt. Der Kunde hätte folglich selbst in den AGB herausfinden müssen, dass die Formulierung „Kündigung nach sachgerechten Grund“ im Niedrigzins dazu berechtigen kann, dass die Bank den Vertrag einseitig aufkündigen darf. Da darf man sich schon fragen, warum überhaupt ein Beratungsgespräch stattfindet, wenn auf solche Details nicht hingewiesen werden muss.

vorherige Seite
Seite 1/2/

Anzeige