Während die Ampel noch im Aufbau begriffen ist, sammeln sich - um im Bild zu bleiben - etliche ‚Verkehrsteilnehmer‘ und bringen sich in Position, um die gewünschten Signale herbeizuführen. So etwa der ehemalige Grünen-Politiker Gerhard Schick, der von ‚Provisionsunwesen‘ fabuliert oder der Verbraucherzentrale Bundesverband, dem mit Klaus Müller ebenfalls ein ehemaliger Parteifunktionär der Bündnis-Grünen vorsteht.

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Unterstützung bekam diese Allianz vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen: Im ZDF sorgte Jan Böhmermann für den längsten Programmhinweis, den ich jemals gesehen habe. Er verwendete fast seine ganze Sendezeit, um letztlich auf einen Frontal21-Beitrag hinzuweisen, der einige Tage später ausgestrahlt werden sollte.

ZDF-Magazin-Royal und Frontal21 widmen sich vordergründig dem Verhalten der Deutschen Vermögensberatung (DVAG). Dabei stützt sich die Kritik im Wesentlichen auf folgende Punkte:

  1. Zweifelhafte Rekrutierungsmethoden
    • „Ich schick Dir mal`n Bild von meinem Auto“
    • „Seine ersten Kunden muss man selbst im Freundes- und Familienkreis akquirieren“
    • „Ich wurde gezwungen, penetrant zu sein“
  2. Interessenkonflikt durch falsche Verkaufsanreize / Produkte am Kundenbedarf vorbei
    • „Um Ziele zu erreichen, muss man Kunden skrupellos ins Gesicht lügen“
    • eingeschränkte Produktauswahl
    • ‚Vertriebsreisen‘ mit Aida und dergleichen liefern falsche Anreize
  3. Schwieriger Ausstieg

Das alles ist nicht neu. Deshalb muss das ZDF auch teilweise auf Beiträge aus 2008 zurückgreifen, um zu bebildern, wie sich die DVAG die Unterstützung von Prominenten erkauft. Dass auch das gemeinsame Morgenmagazin von ARD und ZDF zeitweise die Sportberichterstattung vom Frankfurter Finanzvertrieb präsentieren ließ, war der knallharten Recherche von Böhmermann und Frontal21 aber leider entgangen oder keine Erwähnung wert.

Rundfunk-Beitrag zahlen, damit nicht mehr beraten wird

So genau muss es dann doch nicht sein. Wichtig scheint vor allem eins zu sein: Wer Provisionen vereinnahmt, hat eher die eigenen finanziellen Interessen im Blick als die der Kunden. Und diese politische Botschaft verbreitet das ZDF nicht zum ersten Mal: So tappte das Zweite Deutsche Fernsehen bereits 2016 in die Honorarberaterfalle und ein Jahr später nannte das ZDF die Rechtsgrundlage der Maklertätigkeit „Werbeblock“.

Vielleicht ist es an der Zeit, den hochbezahlten Redakteuren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die möglichen Folgen ihres Begehrens aufzuzeigen. Wie stünde es denn um die Verbreitung von Berufsunfähigkeitsversicherungen, privater Altersvorsorge oder Sachpolicen mit Elementarschutz, wenn es keine Versicherungsvermittler, die auf Provisionsbasis arbeiten, gäbe?

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Wie viele Menschen im Ahrtal hätten Elementarschutz gehabt, wenn sie ihren Versicherungsschutz in die eigene Hand genommen hätten? Verbraucherschützer Niels Nauhauser hatte dieses 'in die eigene Hand nehmen' sogar gefordert - mit Blick auf die Altersvorsorge. Und wenn 'Beratung' und 'Verkauf' tatsächlich getrennt vergütet werden sollen, ist dann die Kostenausgleichsvereinbarung gelebter Verbraucherschutz? Was wirkt sich aus Sicht des Sparer positiver auf den Zinseszinseffekt aus? Gestückelte Provision oder Honorarzahlung?

Eine aktuelle Studie zeigt: Gerade Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen können sich Honorarberatung nicht leisten. Eine andere Umfrage ergab: Gerade mal 16 Prozent der Deutschen können sich Beratung gegen Honorar vorstellen. Als angemessener Stundensatz werden dafür im Durchschnitt 35 Euro genannt. Das liegt auch deutlich unter dem Stundensatz von 110,- Euro, den die Verbraucherzentralen für Altersvorsorgeberatung aufrufen.

Zieht man diese Studienergebnisse heran, lässt sich feststellen: Das ZDF nutzt Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag, um sich dafür einzusetzen, dass weite Teile der Bevölkerung von Finanzberatung ausgeschlossen werden. Der Beitragszahler zahlt also (auch) dafür, dass er nicht mehr beraten wird.

Video: Böhmermanns Programm-Hinweis in voller Länge

Die vollständige Frontal21-Sendung finden Interessierte in der ZDF-Mediathek.

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Hinweis: In einer älteren Version des Textes hieß es, Gerhard Schick hätte gefordert, Altersvorsorge in die eigene Hand zu nehmen. Das ist so nicht zutreffend. Die Forderung geht auf Verbraucherschützer Niels Nauhauser zurück. Das falsch zugeordnete Zitat wurde korrigiert.

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