Ursula Deschka: Wir wollen den Vertrieb stärker unterstützen! So haben wir beispielsweise Kolleginnen und Kollegen aus dem Maklervertrieb durch zusätzliche IHK-Ausbildungen qualifiziert. Dieses Angebot werden wir auch weiterhin anbieten. Versicherungsunternehmen und Produktmanager arbeiten enger zusammen, dadurch können wir besser auf die Wünsche der Makler und Firmenkunden eingehen. Und natürlich treiben wir die Digitalisierung voran, um Prozesse zu vereinfachen und die Kundenorientierung zu steigern.

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Sie waren selbst im Vertrieb tätig. Welche Erfahrungen konnten Sie aus dieser Zeit mitnehmen, die Ihnen nun als Vorständin im Themenfeld Gesundheit helfen?

Meine 20-jährige Erfahrung in der Branche, viele Jahre davon im Vertrieb, hat mir gezeigt, wie wichtig Produkte mit Alleinstellungsmerkmalen sind. Gleichzeitig müssen wir bestenfalls als Erstes bei den Kunden sein. Ich bin überzeugt, dass Erfolg nur erreicht werden kann, wenn Vertrieb, Segment, Operations-Management sowie Management eng zusammenarbeiten.

Frauen sind in Vorstandsgremien noch immer unterrepräsentiert. Die Versicherungsbranche schneidet laut DIW-Studien hier besonders schlecht ab – obwohl mehr als die Hälfte der Beschäftigten in der Versicherungs- und Finanzbranche weiblich sind. Was sind aus Ihrer Sicht Gründe hierfür?

Viele Frauen trauen sich leider schlicht zu wenig zu – und das klar zu Unrecht! Ich möchte ihnen so gerne zurufen: „Zeigt mehr Mut, seid selbstbewusst und packt es an.“ Frauen sind leider auch oft die schlechteren Netzwerker im Vergleich zu Männern. Dabei sind Kontakte so wichtig, um weiterzukommen. Hier tut sich aber gerade einiges. In letzter Zeit sind viele neue Netzwerke und Initiativen entstanden, die beim Austausch und der Verknüpfung helfen – das freut mich sehr und das unterstütze ich ausdrücklich.

Was muss getan werden, um mehr Frauen in Vorstandsfunktionen zu bringen?

Der Wandel ist erkennbar erforderlich – und noch mehr: Er läuft bereits. Viele Unternehmen wie die MunichRe, und damit auch ERGO, haben sich entsprechende Selbstverpflichtungen auferlegt. Aber nochmal: Verbesserte Rahmenbedingungen helfen Frauen, sind aber kein Allheilmittel. Es hängt letztendlich auch viel von ihnen selbst ab.

In diesem Jahr ist Bundestagswahl. Welche Reformen wünschen Sie sich von der Regierung – speziell mit Blick auf das private Gesundheits-Geschäft?

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen in der Krise gut aufgestellt ist und von seinen beiden Säulen GKV und PKV profitiert. Ich wünsche mir, dass die Politik die Vorteile des dualen Krankenversicherungssystems anerkennt – und keine eher ideologisch motivierten Reformen angeht. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Bundesregierung dies auch so sieht.

Geht es auch noch etwas konkreter?

Natürlich. Erstens: Der Standardtarif für Versicherte sollte ab 2009 geöffnet werden. Zweitens: Wir würden gerne die Beitragsanpassungen in der Krankenvollversicherung verstetigen. Sie sollten frühzeitiger und damit in kleineren Schritten möglich sein. Drittens: Alle PKV-Versicherten sollten einen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Services erhalten, in dem die Services in die Tarifbedingungen bestehender PKV-Tarife aufgenommen werden dürfen. Und wenn ich noch einen Wunsch frei habe: eine bessere staatliche Unterstützung bei der betrieblichen Gesundheitsvorsorge wäre noch was. Dann wäre ich schon recht zufrieden.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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