Heiner Herbring: Diese Meinung kann ich zumindest innerhalb unseres Verbundes nicht teilen. Wenn, dann bremst die Corona-Thematik aktuell die Terminfrequenz. Aber die bAV hat an Attraktivität durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz mit AG-Zuschusspflicht, mit Förderbetrag sowie auch der zusätzlichen Freigrenze zur Krankenversicherung auf bAV-Renten deutlich hinzugewonnen. Sicherlich hat sich auch die Anlageempfehlung in Richtung fondsgebundener Tarife verlagert (bei Laufzeiten ab mindestens 20 Jahren). Und dort haben auch Versicherer ihre Produkte bezüglich Leistung, Kosten sowie innovativer Garantiemotoren nochmals deutlich überarbeitet.

Anzeige

Man muss aber auch hier mal erwähnen, dass die in 2022 wohl anstehende Garantiezinssenkung der bAV große Schwierigkeiten bereiten wird. Durch die aus der Gesetzgebung in der bAV definierten Normen benötigt man immer eine Beitragsgarantie zum Ablauf: außer beim Sozialpartnermodell. Aber diese Lösung fristet durch Unsicherheiten bei der Kalkulation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch ein Nischendasein. Und eine 100-Prozent-Garantie mit 0,5 Prozent Rechnungszins ist an sich nicht mehr darstellbar bzw. sie macht die Produkte dementsprechend nicht attraktiver! Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Aus meiner Sicht muss in der bAV (aber auch bei der Riesterförderung) der gesetzliche Haftungsrahmen von 100 Prozent zum Wohle aller abgesenkt werden. Sollte es dann Arbeitnehmer geben, welche trotzdem gerne 100 Prozent endfällige Garantie hätten, muss man eben nach Anbietern schauen, die das überhaupt noch darstellen können. Aber der Arbeitgeber sollte dann eben arbeitsrechtlich zum Beispiel nur noch für max. 70 oder 80 Prozent der Beiträge haften. Das wäre meines Erachtens nach Renditegesichtspunkten auch jedem klar verständlich zu machen.

Die Deutschen sind sehr sicherheitsorientiert. Würde durch niedrigere Garantien die Attraktivität für potentielle Kunden nicht weiter leiden?

Anzeige

Andreas Seidl: Generell ist es aus meiner Sicht für die Wahrnehmung der bAV als attraktive Lösung für den Arbeitnehmer entscheidend, wie der sogenannte bAV-Faktor auf seine Nettoinvestition einwirkt. Gemeint ist, wie hoch sich die Nettoinvestition multipliziert (durch Steuer- und SV-Förderung und vor allem durch AG-Zuschüsse bzw. AG-Beiträge oder sonstigen Ausgleich über Sachbezug). Wenn ich zum Beispiel einem Mitarbeiter 15 Prozent gesetzlichen Zuschuss bezahle und zusätzlich zum Beispiel noch 20 Euro als Arbeitgeberbeitrag, ergibt sich hier schnell ein Faktor von 3,5 und mehr. Das heißt: Aus 30 Euro Nettoverzicht werden 115 Euro Beitrag für meine bAV oder bBU. Das ist für den Arbeitnehmer aus unserer Erfahrung genau der entscheidende Effekt! Das macht den Beitrag zur bBU eben noch günstiger bzw. steigert bei der bAV die Wahrnehmung als renditestarke Anlage!

Hinweis: Der Text erschien zuerst im Versicherungsbote Fachmagazin

vorherige Seite
Seite 1/2/3/

Anzeige