Frank Grund: Zu einzelnen Unternehmen äußere ich mich natürlich nicht. Grundsätzlich glaube ich aber, dass wir zum richtigen Zeitpunkt gehandelt haben. Wir haben alle Möglichkeiten ausgelotet, ob es die Kassen durch eigene Anstrengung oder durch Unterstützung ihrer Träger schaffen. Dann haben wir die aus unserer Sicht erforderlichen und dem Aufsichtsrecht entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Dabei darf man nicht vergessen, dass die Untersagung des Neugeschäfts – um nur ein Beispiel zu nennen – ein schwerwiegender Eingriff ist. Es müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.

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Muss der Gesetzgeber bei den Solvenz- bzw. SFCR-Berichte der Lebensversicherer nachbessern, um sie kundenfreundlicher werden zu lassen? Die Berichte sollen auch Kundinnen und Kunden eine Orientierung bieten, wie stabil ihr Lebensversicherer dasteht. Gelesen werden sie kaum: auch, weil sie bis zu 160 Seiten lang sind und voller Fachsprech.

Bei den narrativen Berichten besteht sicherlich Verbesserungsbedarf, speziell beim SFCR. Die Berichte sollten adressatengerecht sein. Der SFCR hat ja eigentlich den Zweck, den Verbraucher zu erreichen. Dieses Ziel erfüllt er noch nicht optimal. Bei EIOPA zeichnet sich jedoch ab, dass hier bald Abhilfe geschaffen wird. Zukünftig könnte es zwei Versionen des SFCR geben: eine einfach gehaltene Version für die Kunden und eine umfangreichere für die Experten.

Viele Versicherer verlagern ihr Geschäftsmodell zunehmend ins Netz: auch in der Lebensversicherung und Altersvorsorge. Neben Neugründungen von Online-Versicherern wird spekuliert, ob nicht mittelfristig auch Anbieter wie Amazon oder Google ins Versicherungsgeschäft einsteigen. Erfordert das auch ein Neudenken der Finanzaufsicht? Beschäftigen Sie nun mehr Personal, das auch Algorithmen unter die Lupe nimmt?

Natürlich bringen die Entwicklungen auf dem weiten Feld der Digitalisierung Veränderungen für die Aufsicht mit sich. Wir haben daher innerhalb der BaFin ein spezielles Referat für innovative Finanztechnologien gegründet und investieren auch in entsprechendes Know-how, etwa im Bereich der Datenanalyse. Was die Verwendung von Algorithmen anbelangt, so erwarten wir von den Unternehmen, dass sie uns die Algorithmen erklären und die maßgeblichen Faktoren für eine vollautomatisierte Entscheidung darlegen können. Der Vorstand ist grundsätzlich für alle Vorgänge verantwortlich. Er muss also verstehen, was in seinem Unternehmen vor sich geht. Wenn der eigene Betrieb einer Black-Box gleicht, dann können wir keinen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb mehr annehmen.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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