Renten-Beitrag von 30 Prozent erwartet

Diese Rentenreform sei notwendig, weil immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssten. „Wenn wir dieselben Leistungen einfordern, die es derzeit gibt, werden die Beitragssätze für unsere Kinder um die 30 Prozent liegen“, so Raffelhüschen in den Interview. Das aktuelle Modell bedeute eine „Selbstbereicherungsanlage der geburtenstarken Jahrgänge, zu denen ich auch gehöre.“ Demnach sollen auch künftige Generationen nicht mehr als 20 Prozent Rentenbeitrag stemmen müssen: aktuell liegt er bei 18,6 Prozent.

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“Die Rente zu retten, ist aus meiner Sicht ganz einfach: Jeder Mensch kann zwischen 60 und 70 Jahren aus dem Erwerbsleben aussteigen, wann er will. Aber für jeden Monat, den er früher geht, bekommt er einen Abschlag von 0,4 Prozent auf seine Rente. Also 4,8 Prozent pro Jahr“, erklärt Raffelhüschen auf die Frage, wie eine „unverfälschte Raffelhüschen-Rente“ aussehe. Dieses Modell habe sich in skandinavischen Ländern bewährt. Wer mit 60 in Rente geht, erwirbt dann nur den hälftigen Rentenanspruch wie mit 70 Jahren.

Raffelhüschen wird in dem Interview mit der Frage konfrontiert, ob dieses Modell gerecht sei, weil in Handwerksberufen viele Menschen spätestens mit 60 gesundheitlich ruiniert seien. Auch dafür hat er einen Vorschlag. „Ein 60-jähriger Dachdecker muss nicht mehr unbedingt aufs Dach geschickt werden. Er kann ohne Weiteres andere Dachdecker anleiten oder im Büro arbeiten. Aus der Knappheit der Beschäftigung ergeben sich da auch noch andere Möglichkeiten“, so der Ökonom.

Debatte über Rentenreform

Mit den aktuellen Thesen hat sich die Einschätzung Raffelhüschens gegenüber seiner Analyse vor zwei Jahren verschärft. Im Februar 2018 sagte er im Interview mit dem Versicherungsboten zur Zukunft der Rente: "Im Grunde genommen würde ich unser System nehmen und das Rentenzugangsalter ab 2030 noch weiter erhöhen. Dann haben wir eigentlich alles in trockenen Tüchern. Wir brauchen die gesetzliche Rente im Umlageverfahren als Basisversorgung, das würden wir auch bekommen, wenn man sie in Ruhe ließe" (der Versicherungsbote berichtete).

In diesem Jahr stellt eine Rentenkommission der Bundesregierung Reformvorschläge vor, mit denen die Rente auch über das Jahr 2025 hinaus stabil und finanzierbar bleiben soll. Bis dahin wurde eine "doppelte Haltelinie" festgeschrieben: Das Rentenniveau darf nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitrag 20 Prozent nicht übersteigen.

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Laut Raffelhüschen wird es aber immer schwieriger, politische Einschnitte bei Rentnern durchzusetzen. "Bei den Teilnehmern der Bundestagswahl 2017 lag der Alters­durchschnitt zum letzten Mal in der deutschen Geschichte unter 55 Jahren. Das heißt: Künftig wird über die Hälfte der Wähler entweder rentennah oder schon in Rente sein", so der Ökonom.

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