Stark vereinfacht muss ein Versicherungsvertrag möglichst genau juristisch definieren, für welche Leistungen die Versicherung aufkommt und wann der Versicherungsschutz greift. Das erfordert auch, dass Fachbegriffe und Definitionen verwendet werden, teils mit Bezug auf bereits ergangene Urteile. Sonst wären die Verträge umso leichter juristisch anfechtbar: Schließlich sind auch die zugrundeliegenden Gesetze komplex. Dem muss nicht widersprechen, dass Versicherer auch bewusst intransparente Klauseln in ihren Policen verstecken.

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Mitunter ist es auch der Komplexität des Themas geschuldet, dass Bedingungen schwer verständlich sind. Eine Rechtsschutzversicherung oder Rentenversicherung beinhaltet beispielsweise per se schon eine höhere Verstehenshürde als eine Hausratversicherung, da nicht nur der Vertragstext schwierig ist, sondern ebenso die zugrundeliegenden Sachverhalte. Folglich werden online auch überwiegend Policen abgeschlossen, die sich leicht standardisieren lassen: etwa Kfz- oder eben Hausratversicherungen.

GDV will Versicherungssprech in den Verträgen "entzerren"

Ein gewisser Beratungsbedarf wird also weiter bestehen bleiben. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat das Problem schwer verständlicher Verträge erkannt. Seit 2010 arbeitet er gemeinsam mit Sprachwissenschaftlern an einfacheren Musterbedingungen für die einzelnen Sparten, die den Versicherern als Orientierung dienen sollen. Viele wurden schon ausgetauscht. Das Prinzip hierfür wird mit „Entzerren, Reduzieren, Veranschaulichen“ umschrieben. Das heißt, lange Schachtelsätze werden durch kurze und prägnante Sätze ersetzt. Die Informationsdichte innerhalb eines Satzes wird reduziert. Lange und zusammengesetzte Wörter werden aufgelöst.

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Ob auf Chatbots basierende Sprachprogramme künftig rechtssicher zu komplexen Policen wie Berufs- oder Krankenvollversicherungen beraten können, bleibt abzuwarten - hierfür müsste sich die Technik aber massiv verbessern. Ein weiterer wichtiger Grund spricht dafür, dass Vermittler so bald nicht ersetzbar sein werden. Viele wichtige Policen wie zum Beispiel Pflegezusatzversicherungen werden von den Kunden nicht aktiv nachgefragt, wie Stefan Knoll in einem Interview mit dem Versicherungsboten selbst einräumte. Vermittler müssen die Wichtigkeit der Vorsorge selbst ansprechen.

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