Der Tragfähigkeitsbericht des Bundesfinanzministeriums dient als eine Art Frühwarnsystem, wenn die öffentlichen Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden aus dem Ruder laufen: Er hat die Aufgabe, aus Expertensicht zu beurteilen, ob die deutschen Finanzen tragfähig sind und die Weichen dafür richtig gestellt werden. Was die Ökonomen derzeit zu berichten haben, lässt daher aufhorchen. Demnach drohen die Finanzen langfristig aus dem Ruder zu laufen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) vorab berichtet.

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Konkret geht es in dem Bericht um die Frage, welche Folgen die Alterung der Gesellschaft für die Staatsfinanzen hat. Dazu werden verschiedene Szenarien durchgerechnet, die von unterschiedlich günstigen oder ungünstigen Bedingungen ausgehen. Doch egal welches Szenario: Wie die dpa berichtet, sehen die Ökonomen in jedem Szenario große finanzielle Probleme auf Deutschland zukommen.

Während heute bereits jeder fünfte deutsche Staatsbürger älter als 66 Jahre ist, könnten es im Jahr 2070 schon jeder dritte sein, warnen demnach die Ökonomen. Das bedeutet: deutlich weniger sozialversicherungspflichtige Erwerbstätige, zugleich eine steigende Zahl von Leistungsempfängern in der Renten- und Pflegeversicherung. Demnach könnten die demografiebedingten Ausgaben, etwa für Rente, Gesundheit, Pflege und Familie, von derzeit 27,3 Prozent der Wirtschaftsleistung im besten Szenario auf 30,8 Prozent steigen - unter ungünstigen Bedingungen sogar auf 36,1 Prozent. Hierbei sind andere Sozialleistungen, etwa bei Arbeitslosigkeit, noch gar nicht eingerechnet.

Aus diesen Modellrechnungen leiten die Autoren eine sogenannte Tragfähigkeitslücke ab. Ausgehend vom Stabilitätskriterium des Maastricht-Vertrages, wonach die Staatsverschuldung maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf, ist dies der Prozentsatz des BIP, um den dieses Stabilitätskriterium voraussichtlich verletzt wird. Je nach Szenario könnte diese Tragfähigkeitslücke im Jahr 2070 zwischen 1,6 Prozent der Wirtschaftsleistung und 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen: Mehrschulden, die nachfolgenden Generationen vermacht werden.

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Gemessen am heutigen Bruttoinlandsprodukt müsste der Staat also zwischen 66 und gut 194 Milliarden Euro weniger ausgeben bzw. mehr einnehmen, um diese Lücke auszugleichen. Im ungünstigsten Szenario könnte die Staatsschuldenquote bis 2070 aber sogar bis auf 345 Prozent des BIP steigen - zumindest dann, wenn die Schuldenbremse nicht mehr eingehalten wird.

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