Karsten Allesch ist geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Maklerverbunds (DEMV).DEMVBeim Thema Arbeitskraftabsicherung, kurz AKS, ist der zentrale Aspekt ganz klar die Leistung: Was bekomme ich im Fall der Fälle? Konkret: Wenn gesundheitliche Einschränkungen es unmöglich machen, dem gewohnten Job weiter nachzugehen. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente kann Einkommenseinbußen höchstens abfedern, reicht aber kaum, um davon leben zu können. Zudem sind die Zugangshürden zu den Leistungen der Rentenkasse hoch. Vielen Berufstätigen ist das nicht bewusst. Ebensowenig wie die Möglichkeiten, die ihnen jenseits der Berufsunfähigkeitsversicherungen zur Verfügung stehen.

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Keine Chance auf BU – keine Arbeitskraftabsicherung?

Dass die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) die umfassendste Absicherung der Arbeitskraft bietet, steht außer Frage. Unbestritten ist aber auch, dass sie nicht für jeden Berufstätigen zugänglich beziehungsweise finanzierbar ist. Auch deshalb ist sie vielen Verbrauchern nämlich ein Begriff: Als prinzipiell wichtige Versicherung, auf die sie aufgrund ihres Berufs oder bestimmter Vorerkrankungen ohnehin keine Chance haben. Damit ist das Thema Arbeitskraftabsicherung für Betroffene dann nicht selten abgehakt. Die Möglichkeit, mit Erwerbsunfähigkeitsversicherung, Dread Disease und Multi-Rrisk zumindest ein gewisses Maß an Absicherung zu erhalten, wird nicht bedacht. Manchem Kunden sind diese Produkte sogar gänzlich unbekannt.

Grundsätzlich sollte eine klassische BU immer das erste Mittel der Wahl zur Arbeitskraftabsicherung sein. Denn nur hier wird der zuletzt ausgeübte Beruf berücksichtigt und die Leistungswahrscheinlichkeit ist aufgrund der sehr spezifischen Definitionen der Berufsunfähigkeit höher als bei allen anderen Absicherungsmöglichkeiten. Vorausgesetzt natürlich, dass die vertraglichen und vorvertraglichen Pflichten erfüllt wurden und der Leistungsantrag korrekt gestellt wird. Eine gleichwertige Alternative können alle anderen Absicherungsarten nicht bieten. Einen gewissen Grad an finanzieller Absicherung im Fall gesundheitlicher Einschränkungen jedoch schon. Allerdings kommt es immer auf die jeweiligen Gegebenheiten an.

Leistungen und Beitragshöhen der verschiedenen AKS-Optionen im Überblick

  • Berufsunfähigkeitsversicherung (BU): Leistet wenn dem zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen für länger als sechs Monate zu mindestens 50 Prozent nicht mehr nachgegangen werden kann. Im Versicherungsfall ist es unerheblich, ob der Versicherungsnehmer in einem anderen Beruf weiterhin arbeiten könnte. Von allen Absicherungsarten deckt die BU die meisten Risiken ab, darunter auch psychische Erkrankungen.

    Die Kosten für die BU orientieren sich primär an Alter und Beruf des Versicherungsnehmers. Bei körperlich fordernden Handwerksberufen, beispielsweise Maurer, kann der Monatsbeitrag dreistellige Beträge erreichen. Eine Versicherung für Büroangestellte mit einfachen Tätigkeiten oder Studierenden ist hingegen vergleichsweise günstig zu haben. Riskante Hobbys, Vorerkrankungen und Rauchen wirken sich beitragserhöhend aus.

  • Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU): Bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung spielt der Beruf hingegen keine Rolle. Relevant ist nur, ob angesichts des Gesundheitszustands des Versicherungsnehmers noch irgendeine Form von Erwerbstätigkeit möglich ist. Der Versicherungsschutz greift bei den meisten Anbietern, wenn der Versicherte für mindestens sechs Monate lang keinerlei Erwerbstätigkeit für mehr als drei Stunden täglich nachgehen kann. Psychische Erkrankungen sind eingeschlossen.

    Die Kosten orientieren sich wie bei der BU primär an Alter und ausgeübtem Beruf, bei Vorerkrankungen oder besonderen Risiken werden Tarifzuschläge fällig. Das Beitragsniveau ist allerdings erheblich niedriger. Bei manchen Handwerksberufen belaufen sich die Kosten auf rund ein Viertel des Betrags, der für eine entsprechende BU anfiele.

    Eine Option für Berufstätige, für die eine BU nicht finanzierbar ist oder die aufgrund von Vorerkrankungen keinen BU-Schutz erhalten. Denn der Gesundheitsfragenkatalog beim Abschluss ist weniger rigide als bei der BU. Die Bereitschaft zu einer beruflichen Umorientierung muss grundsätzlich vorhanden sein.

  • Dread-Disease-Versicherung (DD): Die Schwere-Krankheiten-Vorsorge greift unter anderem bei Krebs- und Herzerkrankungen sowie Schlaganfällen und deckt damit mehrere verbreitete Ursachen für Arbeitsunfähigkeit ab. Ob die Arbeitskraft durch die Erkrankung eingeschränkt ist, spielt dabei keine Rolle. Wenn die Erkrankung ein bestimmtes Stadium erreicht (hier gibt es erhebliche Unterschiede bei den Anbietern), leistet die Versicherung in Form einer Einmalzahlung, nicht als Rente. Das macht hohe Versicherungssummen erforderlich, wenn die Leistung bis zum Rentenalter ausreichen soll. Aufgrund eindeutiger Krankheitsdefinitionen sind Konflikte bei der Bewertung von Leistungsfällen unwahrscheinlicher als bei BU und EU.

    Die Kosten sind in etwa vergleichbar mit denen einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Primäre Faktoren für die Beitragshöhe sind Alter, Versicherungssumme, Laufzeit und Gesundheitszustand.

    Eine Option für Personen, die aufgrund der Gesundheitsfragen bei der BU oder EU kaum Chancen haben. Auch bei der DD ist eine Ablehnung aufgrund von Vorerkrankungen möglich. Psychische Krankheiten fallen jedoch nicht darunter, da sie nicht versichert werden.

  • Grundfähigkeitenversicherung (GF): Diese Policen leisten in Form einer monatlichen Rente bei Verlust vertraglich definierter Fähigkeiten und oft auch im Pflegefall. Dadurch lässt sich ein Leistungsfall relativ eindeutig feststellen. Wichtig zu wissen: Primärer Zweck dieser Versicherung ist nicht die Absicherung der Arbeitskraft im Allgemeinen, sondern nur bestimmter Fähigkeiten. Wenngleich diese im beruflichen Kontext natürlich elementar sein können.

    Die Kosten orientieren sich an Anzahl und Art der versicherten Fähigkeiten, am Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers sowie dessen Alter. Die Beiträge können niedriger sein als für eine EU. In Relation zur Anzahl der echten Leistungsauslöser sind die Kosten jedoch oft vergleichsweise hoch. Der Beruf wird bei der Beitragsberechnung berücksichtigt, spielt aber nur eine untergeordnete Rolle.

    Eine Option für Erwerbstätige für die keine andere AKS-Form zugänglich ist. Das gilt vor allem für “teure” BU-Berufe, insbesondere in Handwerksberufen, für die eine versicherbare Grundfähigkeit elementar ist. Wichtig zu wissen: Die GF greift in der Regel erst bei Verlust einer Fähigkeit. Betroffene können aber oft schon nicht mehr arbeiten, wenn eine Fähigkeit nur eingeschränkt ist.

  • Multi-Risk: Die Paketlösung mit Bausteinen aus Grundfähigkeiten-, Unfall-, Pflege- und Dread-Disease-Versicherung gibt es in zwei Varianten: Im Rahmen von Lebensversicherungen und als Sachversicherungsprodukt in der Sparte Unfall. Zur Arbeitskraftabsicherung eignen sich in der Praxis nur Leben-Produkte, da die Leistungshürden bei einer unfallbasierten Multi-Risk-Versicherung sehr hoch sind. Zudem gibt es bei Sachversichern keine Beitragsgarantie und zudem teilweise eine Kündigungsmöglichkeit des Versicherers im Schadenfall.

    Die Leistung erfolgt unabhängig vom Versicherungsfall in Form einer Rente oder Einmalzahlung. Voraussetzung ist auch hier meist, dass die Beeinträchtigung bzw. Erkrankung über einen längeren Zeitraum oder dauerhaft auftritt und ein bestimmter Schweregrad erreicht ist. Das Leistungsspektrum der Produkte in dieser Sparte fällt teilweise sehr unterschiedlich aus. Für Makler bedeutet dies einen gewissen Einarbeitungsaufwand in die Thematik, um hier umfassend beraten zu können.

    Die Kosten: Multi-Risk wird mitunter als günstiges Substitut zur BU propagiert. Die Beiträge sind allerdings nicht immer erheblich niedriger. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Vertragsgestaltungen sind pauschale Aussagen sowohl zu Kosten als auch zur Leistungsfähigkeit kaum möglich. Gleiches gilt für die Eignung als BU-Alternative.

Realistisch und bedarfsgerecht zur Arbeitskraftabsicherung beraten

Auch wenn sich die BU zur umfassenden Absicherung der Arbeitskraft am besten eignet, ist es kaum bedarfsgerecht, sich bei der Beratung nur auf dieses Produkt zu versteifen. Denn das befeuert womöglich den eingangs erwähnten Effekt, dass Kunden das Thema AKS vorschnell abhaken und im Ernstfall komplett ohne Absicherung dastehen. Es gilt zu ermitteln, was die entscheidenden Faktoren für den Kunden sind. Dazu zählen mehr als Beruf, Alter und Gesundheit. Unter anderem können auch Lebensplanung, finanzielle Leistungsfähigkeit oder die familiäre Situation eine zentrale Rolle spielen.

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Denn nur wer den Bedarf seinen Kunden und dessen Prioritäten kennt, kann aus den zur Verfügung stehenden Mitteln die bestmögliche Absicherung zusammenstellen. Das kann auch eine Kombination verschiedener Produkte sein, die einander ohne Überschneidungen ergänzen. Bei einer haftungssicheren Beratung mit einer geeigneten, anschaulichen Bedarfsanalyse unterstützen Softwarelösungen. Die Versicherungsmaklersoftware des Deutschen Maklerverbunds bietet neben entsprechenden Analyse- und Beratungstools auch direkten Zugriff auf eigene und externe Vergleichsrechner.