Wie blicken die Deutschen auf ihre finanzielle Situation im kommenden Jahr voraus? Dies erfragt schon seit einigen Jahren das Meinungsforschungs-Institut YouGov im Auftrag der Postbank. Die aktuelle Umfrage lässt hierbei viel Schatten erkennen: verständlich vielleicht angesichts der Tatsache, dass viele Menschen auch 2022 mit starken Auswirkungen der Corona-Pandemie rechnen.

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Nur ein Drittel positiv gestimmt

Nur etwa ein Drittel der Befragten (34 Prozent) vermutet demnach positive finanzielle Entwicklungen für sich selbst. Das ist ein neuer Negativrekord. Zum Vergleich: Bei der Umfrage zum Jahresanfang 2020, als die Folgen von Corona noch nicht abzusehen waren, bewerteten 60 Prozent der Teilnehmenden ihre finanzielle Zukunft positiv, im Jahr 2019 gar 64 Prozent.

Stattdessen bewerten für 2022 viele ihre finanzielle Situation als neutral (37 Prozent), mehr als jeder Vierte gar negativ (26 Prozent). Zumindest der Anteil von Menschen mit explizit negativen Erwartungen hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich erhöht. Im Jahr 2015 hatten zum Beispiel sogar 29 Prozent negative Erwartungen an ihre finanzielle Situation.

Marco Bargel, Kapital­markt­stratege der Postbank, macht den starken Anstieg der Inflation für den Stimmungs­wandel verantwortlich: „Da sich Energie stark verteuert hat und das Einkommen mit der Preis­ent­wicklung nicht Schritt halten kann, bleibt weniger Geld für andere Anschaffungen übrig. Gleichzeitig verschärft sich die inflations­bedingte Entwertung von Geld­vermögen. Denn viele Deutsche parken ihr Geld immer noch auf dem Sparbuch, wo es praktisch kaum Zinsen abwirft“, kommentiert Bargel.

Frauen besonders stark betroffen

Wenig ermutigend schätzen besonders Frauen aktuell ihre finanziellen Aussichten ein. Zum ersten Mal seit Beginn der Umfragereihe gibt es weniger Optimistinnen (28 Prozent) als Pessimistinnen (30 Prozent). Von den Männern zeigen sich hingegen 39 Prozent zuversichtlich und nur 21 Prozent pessimistisch.

„Frauen sind über­durch­schnittlich oft im Niedrig­lohn­sektor beschäftigt und hinken beim Einkommen immer noch in vielen Bereichen hinterher“, erklärt Bargel die unter­schiedliche Haltung. „Sie sind stärker von einer steigenden Inflation betroffen, da sie einen relativ großen Teil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben müssen und weniger Geld zum Sparen übrighaben.“

Anlässlich des pessimistischen Stimmungsbildes kritisierte der Anlagestratege die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). „Obwohl die Inflation so hoch ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr, hält die EZB an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Damit riskieren die Währungs­hüter, dass die Inflation weiter ansteigt und sich immer mehr vom Zielwert zwei Prozent entfernt“, sagt Bargel.

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Hintergrund-Informationen: Für die repräsentative Umfrage befragte YouGov im Auftrag der Postbank zwischen dem 5. und 8. November 2021 insgesamt 2.091 Befragte ab 18 Jahren.

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