Positiv auch: Die untersuchten Leistungskriterien hat „Finanztest“ in den letzten Jahren stark ausgebaut. Beim ersten Test 2013 erhob man ganze 9 ½ Tarifmerkmale: völlig ungenügend, wie Experte Matthias Helberg damals bemängelt hat. Nun hat man immerhin -Antragsfragen eingerechnet- 26 Tarifmerkmale berücksichtigt.

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Doch noch immer fehlen auch hier wichtige Leistungsbausteine, die für manche Zielgruppe bedeutend sein können. Zum Beispiel wird nicht gewertet, ob ein Vertrag auch bei Schülern, Studenten und Azubis auf die abstrakte Verweisung verzichtet und ob zusätzliche Stolpersteine für derartige Zielgruppen vorgesehen sind. Manche Versicherer verlangen zum Beispiel eine neue Gesundheitsprüfung, wenn der Versicherte einen „richtigen“ Beruf ergreift.

Was genau wurde wie gewertet?

Der aktuelle Test hat auch diesmal wieder Schwächen: zumindest so, wie er im Magazinheft präsentiert wird. Es geht nämlich nicht genau aus der Präsentation hervor, wie einzelne Leistungsbausteine konkret in den Vergleich eingerechnet werden. Für manche Kriterien wird in der Testtabelle zum Beispiel der Erfüllungsgrad in den Kategorien „erfüllt“, „eingeschränkt erfüllt“ und „nicht erfüllt“ ausgewiesen. Ohne, dass hierzu nähere Details ausgeführt werden. Hier muss sich „Stiftung Warentest“ fehlende Transparenz vorwerfen lassen. Schließlich entscheidet die Gewichtung bestimmter Tarifmerkmale mit darüber, wie sich ein Anbieter mit seinem Tarif platziert.

Gleiches gilt für die Angebotsfragen. Helberg kritisiert, dass lediglich ein geprüftes Antragsmerkmal im BU-Test ausgewiesen wird: ob zu ambulant behandelten psychischen Erkrankungen maximal nach den letzten 5 Jahren gefragt wird. Weitere sieben Antragsmerkmale will „Finanztest“ aber ebenfalls getestet haben: ohne, dass hierfür Ergebnisse genannt werden. Unter anderem, ob im Antragsformular mit einfachen Worten und drucktechnisch deutlich auf die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht hingewiesen wird, und ob die Gesundheitsfragen für stationäre Behandlungen auf die letzten 10 Jahre beschränkt sind.

  • Die Musterkunden sind nicht aussagekräftig: Getestet wurden die Tarife anhand folgender Musterkunden: einen Controller (30 Jahre alt, 2.000.- € BU-Rente), ein Industriemechaniker (25 Jahre alt, 1.500.- € BU-Rente) und ein Medizinischer Fachangestellter (25 Jahre alt, 1.000.- € BU-Rente). Alle sind Nichtraucher, nur eine Person hat ein Kind. „Musterkunden eigenen sich jedoch nicht für Tests, da niemand exakt der Musterkunde ist. Jede minimale Abweichung kann andere Ergebnisse für den Einzelnen bringen“, schreibt Helberg.
  • Zu geringe Rente: Der Musterkunde „medizinischer Fachangestellter“ wird mit einer BU-Rente von 1.000 Euro monatlich berechnet. Zu wenig aus Sicht des Experten: „In vielen Städten reicht das nicht einmal mehr für die Miete“. Das hat im Grunde „Finanztest“ auch schon selbst festgestellt, denn in einem Artikel von 2019 warnte die Stiftung, dass 900 Euro Betriebsrente zu wenig sei. Grundsätzlich sollte sich eine BU-Rente daran orientieren, ob sie hoch genug ist, den gewünschten Lebensstandard aufrecht zu erhalten.
  • Prämien-Beispiele wenig aussagefähig: Finanztest nennt für die veranschlagten Modellkunden auch Preise, mit denen ungefähr aufgezeigt werden soll, mit welchen Kosten die Personen zu rechnen haben. Aber diese sind wenig aussagekräftig: schon kleine Verschiebungen bei den Merkmalen können hier dazu führen, dass sich die Prämien stark ändern. Das verdeutlicht Helberg am Beispiel des Controllers: Hier muss ein Bachelor -bei gleichen Berufsmerkmalen- mehr zahlen als ein Master-Absolvent, wenn er bei der Alte Leipziger abschließen will.

Der Vergleich mitsamt Heft Finanztest 5/2021 kann als E-Paper für 5,99 Euro online erworben werden. Die Ausführungen von Matthias Helberg mit weiteren Beobachtungen und Kritikpunkten finden sich auf seinem Unternehmensblog.

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