2019 als günstige Großwetterlage für globales Wachstum

Der „Allianz Global Insurance Report 2020“ erscheint in schweren Zeiten: Während letztjährig die globalen Geschäftszahlen der Versicherungsbranche noch jubeln ließen, sind die aktuellen Ein- und Aussichten aufgrund der Corona-Pandemie düster. Und dabei würde eine Rechnung, die man ohne Corona machen müsste, so gut aussehen: In 2019 stiegen die weltweiten Prämieneinnahmen um 4,4 Prozent und verzeichneten damit den stärksten Zuwachs in vier Jahren. Eine Tatsache, die insbesondere durch veränderte Marktbedingungen in China beeinflusst wurde:

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Nach einer Phase strengerer Regulierung, die noch in 2018 zu einer Marktschrumpfung auf dem zweitgrößten Versicherungsmarkt der Welt führte, lockerte die chinesische Regierung die Regulierungsschrauben. Diese Lockerung offenbarte dann in 2019 ihre Wirkung: die Prämieneinnahmen wuchsen auf dem chinesischen Markt um 9,2 Prozent.

Aber auch vom weltweit größten Versicherungsmarkt – den USA – gab es für 2019 Gutes zu vermelden: Um 4,2 Prozent wuchsen hier die Prämien. Und ebenfalls in Westeuropa war die wirtschaftliche Großwetterlage für die Versicherungsbranche gut: Ein Plus bei den Prämieneinnahmen um 4,3 Prozent war hier zu verzeichnen. Besonders für die Leben-Sparte durfte gejubelt werden: Zum zweiten Mal überhaupt seit 2010 hob sich der Wert Westeuropas über die fünf Prozent und lag bei einem Wachstum von 5,1 Prozent im Leben- Geschäft.

Aufgrund dieser guten Entwicklung quer über alle Kontinente lagen die globalen Prämieneinnahmen in 2019 bei 3.906 Milliarden Euro, die sich zusammensetzten aus 2.399 Milliarden Euro für das Leben- und 1.507 Milliarden Euro für das Sachgeschäft (nicht enthalten in der Summe ist die Krankenversicherung).

Die wichtigsten Märkte nach Prämieneinnahmen: USA, China, Westeuropa

Der jüngste Report aus dem Hause der Allianz offenbart auch, in welchen Regionen der Welt 2019 die meisten Versicherungsprämien eingenommen wurden:

  • Der anteilig größte Markt ist Nordamerika mit 34 Prozent aller global eingenommenen Versicherungsprämien – dies erklärt sich wesentlich durch die Bedeutung der USA für das Versicherungsgeschäft.
  • Auf Westeuropa entfallen 27 Prozent der globalen Prämien.
  • Auf China entfallen 12 Prozent aller Prämien – im Länder-Ranking der zweitgrößte Markt nach den USA.
  • 12 Prozent der weltweiten Prämieneinnahmen entfallen ebenfalls auf alle weiteren asiatischen Länder, wenn man China und Japan ausnimmt.
  • Auf Japan entfallen zudem neun Prozent der globalen Prämien.

Damit sind die wichtigsten Regionen des globalen Versicherungsmarktes geographisch abgesteckt. Denn nur sechs Prozent der Prämieneinnahmen in 2019 entfallen auf die restliche Welt.

2020: An Corona verloren

Aber ach: Das Jahr 2020 geht an Corona verloren – und damit die Wachstumsbilanz für die gesamte Dekade. Und dabei sind es zwei Krisen, die diese Dekade (2010 bis 2020) bestimmten:

  • Als erstes schnitt sich die Finanzkrise ab 2008 mit ihren Auswirkungen ab 2010 tief in die Statistiken der Wirtschaft ein – als ein spekulativ aufgeblähter Immobilienmarkt das Finanzsystem beinahe in den Kollaps führte.
  • Als zweiter Einschnitt gilt nun, am Ende der Dekade, die Corona-Pandemie mit ihrer weltweiten Rezession.

Laut Allianz-Report werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie sogar dreimal so kräftig ausfallen wie jene in 2010: Vor zehn Jahren sanken die globalen Prämieneinnahmen des Versicherungsmarktes um einen Prozent. In 2020 aber, so die Prognose der Experten, dürfte das globale Prämienaufkommen um 3,8 Prozent zurückgehen.

Corona verursacht Prämienverlust von 360 Milliarden Euro

Am stärksten trifft es das Leben-Geschäft mit einem prognostizierten Rückgang um 4,4 Prozent – auf 250 Milliarden Euro beziffern die Experten den globalen Verlust bei den Prämieneinnahmen durch Covid-19. Aber auch das Sach-Geschäft wird gemäß Report um 2,9 Prozent schrumpfen – laut Experten ein Prämienverlust von 110 Milliarden Euro.

Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz, äußert hierzu: “2020 ist an das Virus verloren, darüber bestehen keine Zweifel mehr.” Eine Tatsache auch mit Blick auf Westeuropa, wo einige Regionen besonders von der Pandemie betroffen sind: Die Prämieneinahmen dürften um schmerzliche 4,8 Prozent im Leben- und 4,5 Prozent im Sach-Bereich zurückgehen.

Allerdings ist dieser Rückgang aus Sicht der Experten nur vorübergehend. Denn laut Prognose wird schon in 2022 das Prämienniveau aus Vor-Corona-Zeiten wieder erreicht werden. Auch prognostiziert das Expertenteam des Reports eine jährliche Wachstumsrate in Höhe von weltweit 4,4 Prozent bis 2030. Die optimistische Prognose der Experten für die kommende Dekade wird anhand einer Tabelle anschaulich, die Prämieneinnahmen und jährliche Wachstumsraten (Compound annual growth rate/ CAGR) für verschiedene Regionen bis 2030 gegenüberstellt:

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Prämieneinnahmen und jährliche Wachstumsraten (CAGR) für verschiedene Regionen - Prognose bis 2030@Allianz

Europas Märkte verlieren an Bedeutung

Was aber dominiert bis 2030 die Entwicklung des globalen Versicherungsmarkts? Laut Prognose der Experten bestimmen drei Dinge die zukünftige Entwicklung:

  • die wachsende Bedeutung von ESG-Faktoren,
  • die Digitalisierung des Geschäftsmodells sowie
  • die Hinwendung der Anbieter nach Asien.

Jedoch: Nur bei den ESG-Faktoren – der Beachtung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (z.Bsp. bei den Anlagestrategien) – haben europäische Anbieter „die Nase vorn“. Hingegen sind asiatische Anbieter bei der Technik führend. Und: Die Bedeutung des asiatischen Raums als Absatzmarkt wird stetig zunehmen, während der europäische Raum an Bedeutung verliert.

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Asiatische Mittelschicht: Der Schlüssel im globalen Wettbewerb

Denn laut Allianz-Report wird es die Mittelklasse asiatischer Länder sein, die eine immer wichtigere Rolle für den globalen Versicherungsmarkt spielt. Schon heute sind die Pro-Kopf-Ausgaben der Prämien in Hongkong am höchsten – 7.915 Euro durchschnittlich gibt hier jeder Einwohner für Versicherungsprämien im Jahr aus. Singapur liegt auf Rang vier mit 4.888 Euro jährlich als Wert für 2019 und Taiwan auf Rang sechs mit immerhin 4.068 Euro jährlich für 2019. Deutschland hingegen bringt es – mit einen Durchschnittswert von 2.031 Euro jährlich, die jeder für Prämien ausgibt – nur auf Rang 18 der weltweiten Liste der Kopfprämien in 2019:

Das Länder-Ranking nach jährlichen Pro-Kopf-Prämien: In welchem Land gibt die Bevölkerung am meisten für Versicherungs-Prämien aus?@Allianz

In China hingegen sind es zwar nur durchschnittlich 317 Euro pro Jahr. Hier aber sichert die Größe der Bevölkerung die Bedeutung des zweitgrößten Versicherungsmarktes weltweit nach Marktanteilen. Und diese Bedeutung wird weiter zunehmen. Das zeigt eine Prognose für Marktanteile in 2030: Der Anteil des chinesischen Marktes an den weltweiten Prämieneinnahmen wächst und wächst. Liegt er derzeit schon bei hohen 12 Prozent, wird er in 2030 laut Expertenprognose bei 20 Prozent liegen. Ebenfalls wachsten werden Marktanteile der übrigen asiatischen Länder (außer China und Japan) von derzeit 12 auf dann 16 Prozent in der Summe. Nur der japanische Markt büßt laut Prognose an Marktanteilen ein und liegt in 2030 drei Prozent niedriger als heute und damit bei sechs Prozent.

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Europas Märkte verlieren an Bedeutung

Abnehmen wird hingegen der Marktanteil der anderen Absatzmärkte: Der Anteil der USA wird dann noch 30 Prozent gegenüber 34 Prozent in 2019 betragen. Dennoch aber wird auch die USA weiterhin eine Schlüsselrolle beim globalen Absatz spielen. Der Anteil Westeuropas sinkt hingegen um sechs Prozentpunkte auf dann 21 Prozent in 2030. Aus diesem Grund formuliert mit Patricia Pelayo Romero auch eine Ko-Autorin des Reports: Wie in anderen Bereichen falle Europa „weiter hinter die USA und insbesondere Asien zurück“, weswegen Covid-19 auch „als Weckruf" verstanden werden sollte. Gelte es doch für Europa, „endlich sein Potenzial für höheres und inklusiveres Wachstum“ auszuschöpfen. Der jüngste „Allianz Global Insurance Report“ kann in englisch auf der Webseite des Unternehmens heruntergeladen werden.

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