Jahrhundertsommer 2018: 770 Millionen Euro Dürreschäden

Wassermangel, der durch erhöhte Temperatur und/ oder erhöhte Verdunstung hervorgerufen wird, wird als „Dürre“ bezeichnet. Ein Ausdörren der Böden aber kann katastrophale Folgen haben, wie Deutschlands so genannter „Jahrhundertsommer“ in 2018 zeigte. Denn laut Deutschem Wetterdienst (DWD) erlebte der Norden und der Osten Deutschlands in 2018 den bisher wärmsten Sommer seit Beginn der systematischen Wetter-Aufzeichnungen in 1881. Das aber setzte der Landwirtschaft zu: Bei insgesamt sehr trockenen Bedingungen wurde in der Mitte Deutschlands noch nie so wenig Niederschlag gemessen. Da die Dürrezeit in die Hauptvegetationsperiode von April bis August fiel, erlitten Landwirte einen immensen Schaden.

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So lagen zum Beispiel Hektarerträge bei Getreide laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Schleswig-Holstein 31 Prozent unter dem dreijährigen Mittel der Vorjahre. In Brandenburg lagen die Erträge 27 Prozent unter diesem Mittel, in Sachsen-Anhalt 26 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern 25 Prozent. Auf insgesamt rund 770 Millionen Euro wurde der Schaden für Landwirte durch die Trockenperiode in 2018 geschätzt. Um Auswirkungen zu mildern, stellten Bund und Länder in der Folge zusammen 340 Millionen Euro an Hilfen bereit. Mit diesem Geld sollte ein Teil der Schäden ausgeglichen werden.

DWD erwartet zunehmende Dürre

Dürreschäden in der Landwirtschaft aber könnten in Zukunft zunehmen. Denn der Deutsche Wetterdienst stellt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem „Jahrhundertsommer“ und dem Klimawandel heraus. So äußerte mit Paul Becker der Vizepräsident des DWD: Der Klimawandel bedeute „nicht nur eine Erhöhung der mittleren Temperaturen“, sondern auch „die Zunahme von Extremereignissen“. Zu diesen Ereignissen zählt der Experte auch den Sommer 2018 „mit seiner ausgesprochen intensiven Trockenheit“ und seiner „langanhaltenden Hitze“. Mehr noch: Die Experten vom Deutschen Wetterdienst erwarten laut Becker „eine Zunahme von solchen extremen Perioden mit all ihren Konsequenzen“ für die Gesellschaft. Demgemäß fordert der Meteorologe auch „intensivere Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen“ von der Politik.

Eingriff ins Versicherungsteuergesetz soll Vorsorge attraktiver machen

Laut CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich die Große Koalition nun zu einer Anpassungsmaßnahme entschlossen. Freilich: Mit Blick auf die Schadensummen 2018 und die geleisteten Hilfen auch des Bundes geschieht die Maßnahme nicht ohne Eigeninteresse. Denn richten soll es nun ein Eingriff ins Versicherungsteuergesetz (VersStG). Paragraph 6 VersStG schreibt verschiedene Steuersätze für Versicherungen fest – aktuell beträgt der allgemeine Steuersatz gemäß Absatz 1 des Paragraphen 19 Prozent. Dieser Steuersatz muss auch für Versicherungen gezahlt werden, die vor Dürre-Schäden schützen sollen.

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Ein ermäßigter Steuersatz hingegen von 0,03 Prozent gilt – gemäß Absatz 2 – bisher nur für bestimmte Wetterelementargefahren. Unter diese Gefahren zählen Hagelschlag, Sturm, Starkfrost, Starkregen oder Überschwemmungen, jedoch bisher nicht Dürre. Laut CDU/CSU-Presseerklärung aber sollen nun auch die Versicherung gegen Ernteausfälle durch Dürre unter den ermäßigten Steuersatz von 0,03 Prozent fallen.

Ankündigung wirft Fragen auf: der ungewöhnliche Weg

Das Vorgehen zur Gesetzesänderung freilich wird von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion selbst als „ungewöhnlich“ bezeichnet. Denn geschehen soll der Eingriff ins Versicherungsteuergesetz über den Umweg des Gesetzes zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien. Ziel des Gesetzes ist es eigentlich, einen „glaubwürdigen Abwicklungsrahmen“ zu schaffen, der unterschiedlichen Geschäftsmodellen von typischen Kreditinstituten und zentrale Gegenparteien (CCP) Rechnung trägt.

Als „Zentrale Gegenpartei“ werden Kontrahenten bezeichnet, die zwischen die Vertragsparteien einer börslichen oder außerbörslichen Transaktion treten und sowohl Käufer für jeden Verkäufer als auch Verkäufer für jeden Käufer sind. Das neue Gesetz soll laut Bundesregierung eigentlich dazu dienen, Kosten eines Ausfalls einer CCP für die Steuerzahler zu minimieren und damit Risiken des Finanzmarkts zu reduzieren, die zu Lasten der Steuerzahler gehen. Wie sich beide Ziele – ein Rahmen für bestimmte Transaktionsgeschäfte sowie ein reduzierter Steuersatz für Versicherungen gegen Naturgefahren – vereinbaren lassen, geht aus der Presseerklärung der CDU/CSU-Fraktion leider nicht hervor.

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Begründet jedoch wird der ungewöhnliche Weg durch Zeitdruck: Das Versicherungssteuergesetz würde erst im Herbst in das parlamentarische Verfahren eingebracht, weswegen Landwirte im schlechtesten Fall einen erneuten Dürresommer ohne Versicherung überstehen müssten. Wann aber das Gesetz zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien beschlossen wird, scheint nach jetzigem Stand ebenfalls noch ungewiss. Laut Dokumentations- und Informationssystem des Bundestags (DIP) befand es sich am 12. Dezember 2019 erst in der Beratung und wurde dann an den Finanzausschuss überwiesen.

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