Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat bei seiner Jahrespressekonferenz am Freitag bestätigt, dass er gegen einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung klagen will. „Wir fordern einen klaren und freien Wettbewerb“, sagte Vizepräsident Gerald Archangeli vor Pressevertretern. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Abschluss- und Bestandskosten für Leben-Policen bei maximal 2,5 Prozent der Beitragssumme festgeschrieben werden. Weitere 1,5 Promille sollen erlaubt sein, wenn der Vermittler bestimmte Qualitätskriterien erfüllt: etwa wenig Storno und nachweisbar zufriedene Kunden (der Versicherungsbote berichtete).

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Archangeli hob hervor, dass Versicherungsvermittler einen sozialpolitischen Auftrag haben: die Bürger zu beraten, damit sie auskömmlich für ihr Alter vorsorgen. Auch deshalb habe der Gesetzgeber die Ansprüche an Qualifikation und Beratung in den letzten Jahren immer weiter verschärft, etwa durch das IDD-Umsetzungsgesetz. „Auf der einen Seite wollen wir eine hohe Beratungsqualität: Auf der anderen Seite soll das auch noch kostenlos sein. Das passt nicht zusammen“, so Archangeli.

“Hier wird Koalitionsgeschacher auf unsere Kosten getrieben“

Auch BVK-Präsident Michael H. Heinz betonte, dass ein solcher Eingriff in den freien Markt aus Sicht des Verbandes unverhältnismäßig sei. Denn anders als in der privaten Krankenversicherung, wo ein Deckel der Abschlusskosten aus dem Jahr 2012 auch durch Provisonsexzesse provoziert worden sei, gebe es in der Lebensversicherung kein Marktversagen.

Er sei oft im politischen Berlin unterwegs, erklärte Heinz. Doch wenn die Befürworter eines Deckels diesen begründen sollen, käme oft wenig. Die zu erwartenden Einsparungen im Sinne des Kunden seien minimal. Auch Fehlberatungen seien mit Blick auf Leben-Policen eher die Ausnahme. Dies versuchte Heinz anhand der Statistik beim Ombudsmann für Versicherungen zu belegen: Die Beschwerden über Vermittler würden bei 0,0007 Promille liegen, das sei fast nichts. Folglich würde die Mehrheit bedarfsgerecht beraten.

„Meine Herren, hier findet eine Phantomdebatte statt“, kritisierte Heinz. „Hier wird Koalitionsgeschacher auf unsere Kosten betrieben. Wir werden uns dagegen wehren, auch juristisch. Wir lassen uns das nicht gefallen“. Nach seinen Informationen werde das Gesetzesvorhaben erst im kommenden Jahr im Bundestag verhandelt: Als Stichtag nannte Heinz den 20. März 2020. “Bis dahin haben wir noch Zeit und werden versuchen, den Deckel zu verhindern”, so der Verbandsfunktionär.

“Kreuzfahrtschiffe schon gechartert“

Dennoch machte Heinz mit Blick auf das IDD-Umsetzungsgesetz Missstände in der Branche aus. Laut Paragraph 14 der überarbeiteten Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) dürfen Versicherer einen Vermittler nicht derart vergüten oder Verkaufsziele definieren, dass ein Fehlanreiz entsteht, dem Kunden ein unpassendes Produkt aufzuschwatzen (der Versicherungsbote berichtete).

Aber umsatzorientierte Geschäftspläne und Incentives seien noch immer ein Druckmittel, mit denen die Versicherer auf ihre Agenturen wirken, gab Heinz zu bedenken: vielleicht das einzige Druckmittel. Und ein Fehlanreiz, weil eben belohnt wird, bestimmte Verträge schnell und in großer Stückzahl an die Frau bzw. den Mann zu bringen. Quantität schlägt Qualität: Dies bedeute einen Verstoß gegen die IDD.

Grundsätzlich sieht der BVK Incentives sehr kritisch. Michael Heinz rät den Mitgliedern, auf derartige Anreize zu verzichten. „Ein strukturierter Vertrieb hat soeben wieder mehrere Kreuzfahrtschiffe gechartert. Das ist sicher nicht im Kundeninteresse!“, sagte der Funktionär, ohne den Namen des Vertriebs zu nennen.

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Positiv hob BVK-Vize Archangeli die Weiterbildungspflicht nach IDD und die Brancheninitiative "gut beraten" hervor. Die Vermittler hätten sich im ersten Jahr, in dem Weiterbildung gesetzlich verankert war, deutlich umfangreicher weitergebildet als es das Gesetz vorschreibt: in freiwilliger Initiative. Vorgeschrieben sind 15 Weiterbildungs-Stunden, der BVK empfiehlt mindestens 30. Diese Zahl sei im Schnitt der Vermittler noch nicht ganz erreicht, aber deutlich mehr als 15 Stunden absolviert worden.

immer noch Rechtsstreit mit Check24

Auch der juristische Streit mit Check24 war Thema bei der Jahrespressekonferenz. Nach Ansicht des Verbandes hat das Vergleichsportal gegen das in § 48b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) festgeschriebene Provisionsabgabeverbot verstoßen, weshalb er Check24 vor dem Landgericht München verklagt hat (der Versicherungsbote berichtete). Die Klage werde am 29. Oktober verhandelt.

Der Hintergrund: sogenannte Jubiläumsdeals des Onlinemaklers. Eine Firmentochter von Check24 zahlte an Kunden eine Summe in Höhe von bis zu einer Jahresprämie der jeweils abgeschlossenen Versicherung, wenn sie im Zeitraum vom 20.09. bis 10.10. 2018 einen Vertrag abgeschlossen haben. Nach Ansicht des BVK bedeutet dies einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot. "Dieses Provisionsabgabeverbot verbietet bereits das Versprechen von Sondervergütungen jeder Art", so Heinz. So könnten Kunden mit der Aussicht auf Prämienrückzahlungen verleitet werden, unnötige Versicherungen abzuschließen, zum Beispiel wenn sie Teile der Prämie zunächst ausgezahlt bekommen.

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"Wir sind ehrbare Kaufleute, keine Dealer!"

Schon der Begriff „Jubiläumsdeal“ ist aus Sicht von Michael H. Heinz ein absolutes No-go. „Wir sind keine Dealer, wir sind ehrbare Versicherungskaufsleute. Ich finde das widerlich“, sagte der Verbandsfunktionär. Aber das sei rechtlich nicht relevant. Vielmehr das Versprechen von Sondervergütungen jeder Art, denn diese seien laut VAG verboten sei.

Das Besondere beim Check24-Jubiläumsdeal war jedoch, dass die Prämie nicht vom Online-Makler ausgeschüttet wurde, sondern von einer Konzernschwester, die für die Betreuung des Kundenkontos zuständig war. Folglich sollte auch die Prämie nicht für den Abschluss der Versicherung fließen, sondern für die Eröffnung eines Kundenkontos. Hier warf Heinz der Muttergesellschaft vor, viele Tochtergesellschaften an verschiedenen Standorten zu gründen, um über eine Art Verschachtelungs-Strategie Gesetze aushebeln zu können. Damit wolle der Online-Gigant auch verhindern, dass man Klageverfahren zielgerichtet einbeziehen kann. „Das hat uns nicht sonderlich beeindruckt. Dann haben wir eben alle in die Klage einbezogen“, so Heinz mit Blick auf die vielen Check24-Konzerntöchter.

Nun also hat der BVK alle Firmentöchter von Check24 verklagt. Die unfassbare Zahl: immerhin 72 eigenständige Konzerne sollen sich im Firmenverbund des Portalbetreibers tummeln. Es ist nicht der erste Rechtsstreit, den der BVK gegen den Portalbetreiber führt. In einem früheren Prozess 2016 hatte der BVK durchgesetzt, dass Check24 die sogenannte Erstinformation der Verbraucher verbessern muss: Es muss nun zeitiger über den Status als Versicherungsmakler informieren. Auch bei der Beratung musste das Onlineportal vereinzelt nachbessern.

In den Rechtsstreiten gehe es darum, Chancengleichheit zwischen Offline- und Onlinevermittlern herzustellen, betonte Heinz nun im Pressegespräch. „Wir wollten sicherstellen, dass wir gleiche Wettbewerbsbedingungen haben“. Dabei spricht sich der Verband eine Pionierfunktion zu. Bei einer früheren Klage gegen Check24 habe man noch recht allein dagestanden. Dann aber sei Bewegung in die Sache gekommen: Unter anderem habe eine Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes Missstände bei Vergleichsportalen gezeigt. Auch Politik und Verbraucherzentralen seien mittlerweile sensibilisiert dafür, dass hier einiges im Argen liege. „Mittlerweile ist da ganz gute Bewegung entstanden“, so der Funktionär.

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Check24 hält die Prämienerstattung hingegen für rechtens. "Bei den Jubiläums Deals ging es weder um eine Reduzierung der von dem Versicherungsnehmer versicherungsvertraglich geschuldeten Versicherungsbeiträge noch um eine Weitergabe der von dem Versicherungsvermittler vereinnahmten Provisionen", sagte Sprecher Christoph Röttele heute der Deutschen Presse-Agentur. Es sei lediglich die Treue der Kunden durch Nutzung des Kundenkontos belohnt worden. Er wirft dem BVK vor, einen "persönlichen Kreuzzug" gegen das Portal zu führen.

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