Ende September 2018 zählte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Summe 16,568 Millionen Riester-Renten-Verträge in Deutschland. Erneut war die Zahl der Riester-Renten gesunken. Einen großen Anteil an der negativen Entwicklungen haben Bankspar-Verträge und Policen über Versicherer.

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Wie viele Policen tatsächlich die volle Förderung erhielten, zeigen Daten des Bundesfinanzministeriums: Nur jeder dritte Riester-Renten-Vertrag (35,5 Prozent) wird voll gefördert. Im Jahr 2015 erhielten 11,1 Millionen Sparer eine staatliche Zulage für ihre private Altersvorsorge. Insgesamt wurde im Jahr 2015 ein Fördervolumen von 3,83 Milliarden Euro für die Riester-Rente aufgewendet. Zahlen für die Jahre 2016 und 2017 liegen zwar ebenfalls bereits vor. Da aber die Zulagen zwei Jahre rückwirkend beantragt werden können, sind hier noch große Änderungen möglich. Dass die mögliche Förderung der Verträge nur unzureichend ausgeschöpft wird, zeigt eins der Probleme von Riester auf.

Kritik und Vorschläge

Immer wieder kommt es zu heißen Debatten um die Riester-Rente. So hatte beispielsweise der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm im vergangenen Jahr scharf gegen die staatlich geförderte Altersvorsorge geschossen. Im Kern kritisiert Blüm die vier Prozent des Bruttogehalts, die in die Versicherungswirtschaft fließen. Diese vier Prozent seien besser in der Rentenkasse aufgehoben. Denn diese vier Prozent würden weder Arbeitslosen noch Geringverdienern helfen. Sie könnten sich einfach gar keine Riester-Rente leisten. Die Riester-Rente sei die Rente für die Bessergestellten, moniert der CDU-Politiker.

Kritik kommt auch aus den Reihen des Verbraucherschutzes. Die Riester-Rente sei "grottenschlecht gemacht", so das Fazit von Deutschlands oberstem Verbraucherschützer Klaus Müller. Der frühere Grünen-Politiker nennt in einem Interview mit der „Südwest Presse“ gleich mehrere Versäumnisse. So hätte man mehr auf die Produktqualität achten sollen, statt zu hoffen, dass der Markt schon alles allein regle. Auch hätten die Anbieter Produkte unter dem Namen "Riester" verkauft, die schlicht zu teuer seien.

Zwei Erwartungen hätten sich bei der staatlich geförderten Altersvorsorge nicht erfüllt, kritisiert Müller: "dass sie jeder abschließt und dass sie eine signifikante Rendite abwirft". Hier könne es einen Ausweg bedeuten, wenn auch die gesetzliche Rentenkasse entsprechende Policen anbiete, vergleichbar mit ähnlichen Angeboten in Schweden oder Großbritannien.

Deutschland-Rente als Alternative?

"Die Idee ist: Private Altersvorsorge soll nicht den Banken und Versicherungen dienen, sondern den Menschen eine möglichst hohe Rendite bieten. Ein Standardprodukt, das nicht von kommerziellen Gewinninteressen und hohen Gebühren geprägt ist, wäre der richtige Weg", sagte Müller.

Eine Alternative hatte Hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) im vergangenen Jahr erneut die sogenannte Deutschland-Rente ins Spiel gebracht. Diese soll in Form eines Staatsfonds von der gesetzlichen Rentenkasse betreut werden. Ähnlich wie bei Riester soll ein Teil des Lohnes in den Topf fließen. Jedoch soll die Deutschland-Rente als „Opt-out-Modell“ funktionieren. Die Verbraucher wären also automatisch dabei. Es sei denn, sie würden aktiv widersprechen. Im Gegenzug soll der Fonds zum Selbstkostenpreis arbeiten. Der Staat bürgt für die Auszahlung. Geringverdiener sollen zusätzlich vom Staat beim Aufbau ihres Kapitalstocks unterstützt werden. Bei diesem Ansatz wären Banken und Versicherung wohl außen vor.

Eine andere Möglichkeit die Riester-Rente aufzufrischen, wäre eine deutliche Vereinfachung des Produkts sowie die Erweiterung von Förderberechtigten. Auch das Zulagensystem und Förderhöchstgrenze könnten einen neuen Anstrich gebrauchen. Bei dieser Variante würde die Versicherungswirtschaft weiterhin im Boot bleiben.

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Fakt ist, die Riester-Rente muss überarbeitet werden. Dies wurde auch im Koalitionsvertrag fixiert. Die damit betraute Rentenkommission solle ein attraktives und standardisiertes Riester-Produkt aus dem Hut zaubern. Doch ganz so schnell schießen die Preußen nicht: Zwar habe die Arbeitsgruppe zur Rentenkommission bereits intensiv über die private Altersvorsorge beraten. Erste Ergebnisse seien aber in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten. Das berichtet "MDR aktuell". Demnach solle die Rentenkommission ihren Bericht erst bis März 2020 vorlegen. "Die Bundesregierung wird (…) den Dialogprozess zu gegebener Zeit beginnen", teilte das zuständige Bundesfinanzministerium dem öffentlichen Nachrichtenportal mit.

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