Der Kasseler Finanzvertrieb MEG AG eines gewissen Mehmet Göker stand ab 2006 sinnbildlich für vieles, was alles falsch läuft im Versicherungsvertrieb. Private Krankenversicherungen wurden im Akkord vermittelt, die Neukunden teils nur dürftig am Telefon beraten, Vertriebsmitarbeiter unter Druck gesetzt. Das alles in einer Sparte, die enorm beratungsintensiv und komplex ist: ein Versicherter soll seinen PKV-Tarif im Zweifel ein Leben lang behalten.

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Trotz der zweifelhaften Methoden stieg MEG zwischenzeitlich zu einem der erfolgreichsten Vertriebe Deutschlands auf, wurde auch von den Versicherern hofiert und gefördert. Bis die Stornoquoten ebenfalls explodierten, weil viele Kunden sich schlecht beraten fühlten und ihren Vertrag wieder kündigten. Im Oktober 2009 wurde die Firma für den symbolischen Preis von nur einem Euro verkauft. Zurück blieb ein Schuldenberg von 60 Millionen Euro.

Rechte Hand von Göker verurteilt

Im Skandal um MEG konnte nun erstmals ein juristisches Kapitel geschlossen werden. Vincent H., die frühere rechte Hand Mehmet Gökers, ist vor dem Landgericht Kassel zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt wurden. Weil der frühere Vize-Chef und Generalbevollmächtigte von MEG aber bisher nicht aufgefallen ist, wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil gegen den Mann ist mittlerweile rechtskräftig, so berichtet die Zeitschrift „Euro am Sonntag“ und beruft sich auf einen Sprecher des Gerichtes. Demnach habe Vincent H. keine Rechtsmittel gegen das Urteil von Ende Mai eingelegt.

Verurteilt wurde Vincent H. nicht etwa wegen der umstrittenen Vertriebspraktiken der MEG, denn die waren legal. Oder zumindest indirekt: es geht um sein Geschäftsgebaren, als das Ende des Vertriebes bereits abzusehen gewesen ist und für Wirrungen sorgte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der MEG-Vize ab September 2009 Datensätze der MEG für eigene Geschäfte nutzte und sie unerlaubt weiterverkauft hat, so berichtet „Euro am Sonntag“.

Drei Millionen Euro soll sich der frühere Vorstand so ergaunert haben: gemeinsam mit Mehmet Göker, der auch am Verkauf der Adressen beteiligt gewesen sein soll. Folglich wird die Strafe wegen gewerbsmäßigen Verrats von Geschäfts- und Firmengeheimnissen verhängt. Zusätzlich muss H. 5000 Euro in die Insolvenzmasse der bankrotten MEG einzahlen (Az. 7610 Js 6823/10).

2020 könnten Verfahren gegen Göker verjähren

Parallel sind auch weiterhin drei Verfahren gegen Mehmet Göker anhängig. Sie liegen allesamt auf Eis, nachdem sich der abgestürzte Selfmade-Unternehmer 2010 in die Türkei abgesetzt hat. Als türkischer Staatsbürger muss er keine Auslieferung nach Deutschland befürchten. Dort lebt Göker in dem Badeort Kuşadası und versucht, weiterhin Geschäfte zu machen - unter anderem als Honorarberater mit der Tarifwechselberatung nach § 204 (der Versicherungsbote berichtete).

Um straffrei davonzukommen, muss Göker vermutlich nur genug Ausdauer und ein gut gepolstertes Sitzfleisch beweisen. Ein Gerichtssprecher erklärte gegenüber „Euro am Sonntag", dass es ab 2020 zu Verjährungen und damit zur Einstellung der Verfahren gegen den türkischstämmigen Geschäftsmann kommen könnte.

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Zuletzt bewarb Göker auf seiner Facebook-Seite sogenannte MEG-Masterkurse und vermeintliche Bildungsreisen, in denen er selbst als Dozent und Mentor auftritt (der Versicherungsbote berichtete). Die Ankündigungen sind gewohnt vollmundig. In einem Facebook-Eintrag vom 25. November heißt es: „Mein Wissen, meine Erfahrung, meine Gedanken, meine Entscheidungen, meine Fehler, meine Hingabe, meine Leidenschaft - drei Tage - drei Abende - du willst erfolgreicher sein, mehr Geld, mehr Power, mehr Erfolg und damit verbunden mehr Macht - zeig allen was in dir steckt - ich helfe dir deine Fähigkeiten individuell bei meinem Masterkurs zu optimieren und 100% deines Potenzials abzurufen“.

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