Darüber hinaus sollen Menschen mit kleinem Einkommen von einer Grundrente profitieren. Wer 35 Beitragsjahre vorweisen kann, soll ein Ruhestandsgeld von mindestens zehn Prozent über der Grundsicherung erhalten. Die Grundrente soll unter anderem Menschen unterstützen, die Kinder erziehen und Angehörige pflegen, deshalb nicht 45 Beitragsjahre in der Rentenkasse erreichen.

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Kritik: „Rentenbeiträge werden steigen müssen“

Während SPD-Chefin Andrea Nahles von einem „wirklichen Durchbruch“ in sozialpolitischen Fragen sprach, meldeten sich auch kritische Stimmen zu Wort. Spätestens im Jahr 2023 müsste der Beitragssatz zur Rentenkasse angehoben werden, warnte am Montag Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (DRV). "Dann rechnen wir damit, dass eine Anhebung von derzeit 18,6 auf bis zu 19,3 Prozent notwendig wird“, sagte Roßbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Grund sei auch, dass die Reformen extra Geld kosten. Laut Prognosen der Bundesregierung werden bis 2025 knapp 32 Milliarden Euro zusätzlich benötigt.

Noch deutlicher kritisieren Marcel Fratzscher und Johannes Geyer die aktuellen Rentenpläne, beides leitende Wissenschaftler am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Das Selbstlob der Bundesregierung nach der Einigung über das Paket stünde in keinem Verhältnis zu seinem Inhalt, schreiben die Forscher in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Sonntag). Es brauche in Sachen Rente einen "viel größeren Wurf", als dies nun gelungen sei, so das Fazit.

"Aktuelles Rentenniveau ist weder großzügig noch auskömmlich"

"Das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent ist weder großzügig noch auskömmlich. Über die Hälfte der Menschen, die kurz vor der Rente stehen, werden ihren Lebensstandard zum Teil deutlich einschränken müssen. Viele haben nicht oder nicht ausreichend privat vorgesorgt, um ihre Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zu ergänzen", schreiben die beiden DIW-Autoren. Zudem werde das Rentenniveau ab Mitte der 2020er-Jahre zurückgehen und in den 2040er-Jahren sogar unter 43 Prozent fallen. Es gebe darüber hinaus immer mehr Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien, mit "Niedriglohnkarrieren" oder in Teilzeit, die geringere Rentenansprüche erwerben. Hierauf müsse die Regierung eine Antwort finden - über das Jahr 2025 hinaus.

Als Lösung schlagen Fratzscher und Geyer fünf Reformschritte vor. Unter anderem müssten geringe Einkommen bei der gesetzlichen Rente gestärkt werden - durch Aufweichen des sogenannte Äquivalenzprinzips, wonach "jeder Euro, der in die GRV eingezahlt wird, die gleiche monatliche Rentenleistung erzielen soll, unabhängig vom Einkommen der Beitragszahlenden". Menschen mit niedrigen Einkommen hätten schon heute eine um sieben Jahre geringere Lebenserwartung als Besserverdiener, weshalb die Rente speziell Gutverdiener bevorteile, rechnen die DIW-Forscher vor.

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Weitere angemahnte Reformmaßnahmen: Die Flexibilisierung des Renteneintritts, so dass sich Rentner mehr hinzuverdienen können, ohne dass sie hierfür mit Einbußen bei der Rente "bestraft" werden. Auch müsse die private Vorsorge gestärkt werden - unter Anerkenntnis der Tatsache, dass die Riester-Rente gescheitert sei und kaum Anreize für mehr Eigenvorsorge schaffe. "Der Staat kann und muss bessere Anreize setzen, damit mehr Menschen privat fürs Alter sparen. Gleichzeitig ist es so, dass 40 Prozent der Deutschen praktisch kein nennenswertes Erspartes haben, weil ihr gesamtes Einkommen in ihren Lebensunterhalt fließt", schreiben die Autoren.

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