Schlecht für den Lebensabend abgesichert: mindestens zwölf Prozent der Unternehmer in Deutschland sorgen nicht für das Alter vor. Weder zahlen sie in die Rentenversicherung oder ein Versorgungswerk ein, noch haben sie eine private Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen. Auch ein Vermögen im Wert von mindestens 100.000 Euro besitzen sie nicht. Das ergab eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), für die Daten des Mikrozensus 2013 ausgewertet worden seien. Der Mikrozensus ist eine repräsentative Haushaltsbefragung der amtlichen Statistik in Deutschland mit 830.000 teilnehmenden Haushalten.

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Obligatorische Altersvorsorge für Selbstständige im Gespräch

Mit den Ergebnissen werde "die aktuelle Diskussion über die Altersvorsorge der Selbständigen auf ein festeres Fundament gestellt - nicht mehr und nicht weniger", so Karl Brenke, Autor der Studie. Denn es werden in der Politik Stimmen laut, Freiberufler zukünftig zur Altersvorsorge zu zwingen. Das Problem: selbst, wenn die Betroffenen keinerlei Geld zurücklegen oder Vermögen ansammeln, haben sie im Alter Anrecht auf Grundsicherung von aktuell rund 700 Euro. Der Steuerzahler springt für die Versäumnisse der Unternehmer ein.

Bedroht von Altersarmut sind überproportional Solo-Selbständige, also Unternehmer ohne eigene Angestellte. Typische Berufe hierbei sind Taxifahrer, Döner-Verkäufer, Webseiten-Dienstleister, Friseure ohne Mitarbeiter oder auch selbständige Publizisten. Betrachtet man ein Vermögen im Wert von 250.000 Euro ohne zusätzliche Alterssicherung für ausreichend für den Ruhestand, so haben fast 20 Prozent der Solo-Selbständigen, die auf eine andere Absicherung verzichten, kein entsprechendes Vermögen.

Doch Union und SPD äußern sich vor der Bundestagswahl 2017 recht zurückhaltend zu Plänen für eine Rentenpflicht. Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) sagte im Oktober bei einem Selbständigen-Forum in Berlin, es sei Zeit, "die verpflichtende Absicherung von Selbständigen in der Rentenversicherung zu diskutieren".

Auch die CDU hat sich per Parteitagsbeschluss bereits dafür ausgesprochen, eine Pflicht zur Versicherung von Solo-Selbständigen einzuführen. "Das heißt, sie müssen vorsorgen, können aber selbst entscheiden, wie", sagt CDU-Präsidiumsmitglied und Finanzstaatssekretär Jens Spahn der Süddeutschen Zeitung. Auch die Rentenexperten der CSU befürworten laut einem Bericht der Bild-Zeitung ein entsprechendes Modell.

Gerade mit Blick auf die Solo-Selbständigen gibt es ein Problem: viele kommen mit ihrem Einkommen ohnehin kaum über die Runden. Im Zweifel müssten sie ihr Geschäft aufgeben, wenn sie nun zusätzlich zur Altersvorsorge verpflichtet werden – dann liegen sie ebenfalls dem Staat auf der Tasche. Das zeigt sich auch an der hohen Zahl der Aufstocker unter den Freiberuflern: Menschen also, die so wenig verdienen, dass sie auf Sozialleistungen nach dem SGB II angewiesen sind. 119.275 Selbständige bezogen im Mai 2015 zusätzlich Hartz IV, was eine Verdoppelung gegenüber dem Jahr 2007 bedeutet.

"Es bringt ja nichts, wenn der Kioskbesitzer zehn Euro im Monat in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt“, wird Spahn von der Süddeutschen zitiert. „Wenn seine Altersrente mindestens über dem Grundsicherungsniveau liegen soll, damit dann nicht der Steuerzahler einspringen muss, müsste er schon einen Beitrag von 200, 300 Euro im Monat zahlen." Für viele Unternehmer schlicht nicht machbar.

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Die Mehrheit der Selbständigen sorgt vor

So hat das DIW auch eine positive Botschaft für die Politik: die überwiegende Mehrheit der Unternehmer sorgt nämlich für das Alter vor. Zwar zahlen 57 Prozent der Selbständigen nicht in die gesetzliche Rentenkasse ein. Fast zwei Drittel dieser Nicht-Einzahler verfügt aber über Immobilien-, Geld- und Anlagevermögen von mindestens 100.000 Euro. 40 Prozent haben sogar ein Vermögen von mindestens 250.000 Euro. Überdies lebt knapp die Hälfte der nicht gesetzlich Rentenversicherten in Haushalten, die über eine Kapitallebensversicherung verfügen, fast ein Drittel hat eine private Rentenversicherung.

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