Fintechs schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Mit APPs und teils auch mit heißer Nadel gestrickten Billig-Web-Pages loten die Startups dabei nicht selten die Grenzen des gesetzlich Erlaubten aus.

Staatliche Stellen völlig überfordert?

Ich habe den Eindruck, dass die massenhaften Fintech-Gründungen den zuständigen staatlichen Stellen ihre Kontroll- und Aufsichtsfunktion nahezu unmöglich machen. BaFin, IHK, Gewerbeaufsicht & Co. können mit den fortlaufenden Fintech-Neugründungen im Versicherungs- und Finanzanlagenbereich einfach nicht mehr Schritt halten.

Fonds-Vermittlung ohne Zulassung?

Die youvestor AG aus Frankfurt bietet Vermittlern einen Tippgebervertrag an. Man legt auf der Homepage von youvestor Wert auf die Feststellung "Sie erschließen sich neue Geschäftsfelder, ohne dass Sie dafür eine §34f-Lizenz benötigen." und weiter "Je mehr Tipps Sie an youvestor geben, umso besser für Sie. Denn dann wächst Ihr Gesamtbestand an Tipps und damit natürlich auch Ihre Vergütung."

Gesamtbestand? Ja! Youvestor zahlt laut eigenem Werbevideo eine Art Bestands-Provision für Tippgeber. Diese wird auf den Depotwert der zugeführten Kunden berechnet. Eine Registrierung nach § 34f Gewerbeordnung (GewO) ist nicht nötig. Somit stellen sich für alle registrierten Finanzanlagenvermittler viele Fragen:

  • Warum den Kunden beraten und sich damit in Haftungsgefahr zu begeben?
  • Warum Sachkunde erwerben, sich dem § 34f Gewerbeordnung (GewO) unterwerfen und sich im Register der Industrie- und Handelskammer (IHK) registrieren lassen, wenn es doch auch so zu gehen scheint?
  • Warum eine Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung zum Schutz des Kunden abschließen, wenn es doch als Tippgeber keine Pflicht dazu gibt?
  • Und letztlich: Warum gibt es die Bestimmungen des § 34f GewO?

Bleiben die Verbraucher auf der Strecke?

Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) Felix Hufeld möchte Fintechs nicht mit Bürokratie und Markteintrittsbarrieren drangsalieren. Vermutlich mit Hinsicht auf die klassischen Marktteilnehmer äußert Hufeld "Zweck von Regulierung und Aufsicht ist nicht, bestehende Arten unter Naturschutz zu stellen".

Das mag in Sachen Innovationen auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen. Dies kann meines Erachtens jedoch dann nicht gelten, wenn am Ende die Verbraucher die Dummen sind. Es bleibt daher nur die Hoffnung, dass es für Fintechs tatsächlich keinen "Schonraum" der BaFin geben wird, wie BaFin-Präsident Hufeld in seiner Neujahrsempfangs-Rede ausführte.

In dieser Hinsicht wäre schnelles Handeln der Behörden wohl angebracht. Sowohl BaFin wie auch der Gesetzgeber sollten umgehend prüfen, ob derartige Verfahrensweisen, wie z.B. von der youvestor AG betrieben, im Sinne geltender Gesetze und auch im Sinne des Verbraucherschutzes tatsächlich gewollt sind.

Vorstand eines Maklerpools ist Mitglied des Aufsichtsrates der youvestor AG

Mit Karsten Dümmler konnte die youvestor AG den Vorstand und Gesellschafter des Maklerpools Netfonds AG als Mitglied für ihren Aufsichtsrat gewinnen. Mit Netfonds kooperierende Finanzanlagenvermittler könnten sich jedoch fragen, ob ihr eigenes Geschäftsmodell in gewisser Weise von youvestor kanibalisiert wird.

Freundlichst Ihr
Freddy Morgengrauen