Erfolgt nun die Umdeckung beim Arbeitgeberwechsel zu Beginn des neuen Jahres, gelten die Konditionen der Unisex-Tarife. Damit sind für den Bezugsberechtigten nur noch 330 Euro Betriebsrente garantiert - bei gleicher monatlicher Einzahlung von 200 Euro in den bAV-Kapitalstock. Die mehr als halbierte garantierte Betriebsrente führt im Ruhestand zu einem herben Verlust, urteilt die Gesellschaft: Wer nach seinem 67. Lebensjahr noch 20 Jahre Rente bezieht, dem entgehen nach diesem Beispiel mehr als 90.000 Euro Garantierente.

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Rechtliche Unsicherheiten durch Unisex in der bAV: Nachhaftungsrisiko für Arbeitgeber

Das Unisex-Urteil 21.12.2012 stützt sich vor allem auf Art. 21 und 23 der Charta der Grundrechte der EU. Beide Artikel erfassen auch die betriebliche Altersvorsorge. Zwar hat die EU-Kommission in den Leitlinien zum Urteil vom 22.12.2011 darauf verwiesen, dass das Unisex-Urteil den Bereich der bAV nicht erfasse, doch entbehrt dieser Hinweis einer tatsächlich rechtlich festgeschriebenen Grundlage. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Versicherer - wie beispielsweise die Gothaer - seit Beginn diesen Jahres Unisex-Tarife anbieten. So kann zumindest ein Nachhaftungsrisiko für den Arbeitgeber vermieden werden.

Insgesamt ist auch hier die Rechtslage nicht eindeutig geklärt. Der Bundesverband der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten e.V. (BRBZ) verwies darauf, dass wegen ihres Geschlechtes benachteiligte Arbeitnehmerinnen für die Zeit ab 18.8.2006 – also seit mehr als 5 Jahren – einen Anspruch auf vorenthaltene Leistung hätten. Sollte ein Arbeitnehmer eine niedrigere Altersversorgung als das andere Geschlecht erhalten, so könnte er gemäß dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) rückwirkend die Leistung einfordern.

Diese rechtlichen Unsicherheiten bestehen auch im bAV-fernen Versicherungsbereich: So warnt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten (BDV), in seiner Kolumne beim Handelsblatt auch für den Versicherungsbereich vor derlei Ansprüchen aus Altverträgen seit Dezember 2007.

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Bestimmte Regeln könnten manchmal auch rückwirkend angewendet werden, so Kleinlein: Wenn etwa bekannt war, dass man einen bestimmten Vertrag nur mit einer Ausnahmereglung abschließen darf. Seit dem 21.12.2007 dürfen nach Europarecht nur noch Unisex-Verträge angeboten werden. Eine Ausnahmeregelung erlaubte aber Versicherungen weiterhin eine Geschlechterdifferenzierung. Mit dem Unisex-Urteil vom 01.03.2011 jedoch wird diese Ausnahmeregelung gekippt. Der Vertrag könnte womöglich „ex tunc“, wie es in der juristischen Fachsprache heißt, nichtig werden oder angepasst werden. Solange der Gesetzgeber hier keine Neuregelung beschließt, die eindeutig das Verhältnis des Unisex-Urteils zu den alten Verträgen klärt, bleiben auch eventuelle Nachbesserungen in Altverträgen rechtlich schwammig. Nachversicherungsgarantien bei Altverträgen geben Versicherer derzeit eher unter Vorbehalt.

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