Die deutschen Versicherer ächzen unter hohen Schäden aus Naturgefahren: Zwar war das Jahr 2023 eines ohne ganz teure Ausreißer. Dennoch musste die Branche nach vorläufigen GDV-Zahlen rund 4,9 Milliarden Euro für versicherte Schäden aus Naturgefahren zahlen, rund 900 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Neben den zunehmenden Unwettern verteuern auch die hohe Inflation sowie steigende Lohn- und Materialkosten die Schadenregulierung.

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Allerdings setzen die häufiger auftretenden Großschäden eine Preisspirale in Gang. Denn auch für die Versicherer wird es teurer, sich selbst gegen hohe Schäden abzusichern. Im September haben die Rückversicherer auf ihrem Branchentreffen in Monte Carlo unisono erklärt, dass sie auch 2024 mit einer steigenden Nachfrage nach Rückversicherungsschutz rechnen - und mit steigenden Prämien. „Der allgemeine Preisanstieg führt zu höheren versicherten Werten, die sich dann in höheren Versicherungsprämien abbilden müssen“, sagte auf der Veranstaltung Thomas Blunck, im Vorstand von Munich Re unter anderem für das Ressort Europa/Lateinamerika zuständig. Die Naturgefahren und Inflation sind hierbei nicht die einzigen Preistreiber. Auch Cyberrisiken können sich zu einem Flächenbrand auswachsen - die Kosten hierfür, etwa wenn Infrastruktur lahmgelegt wird, sind kaum kalkulierbar. Hinzu treten Unterbrechungen der Lieferketten, etwa durch Kriege und politische Unruhen.

Allianz mit Katastrophenanleihe - „Kampfansage“ an Rückversicherer?

Die Allianz hat nun einen Weg gewählt, sich gegen Risiken aus Naturgefahren abzusichern, der sich vom traditionellen Rückversicherungs-Geschäft unterscheidet. Kurz vor Weihnachten gab der Versicherer per Pressetext bekannt, dass er über eine neue Katastrophenanleihe -einen sogenannten Cat Bond- Deckung für europäische Windsturmrisiken erworben habe. Die Anleihe hat ein Volumen von 250 Millionen Euro und gilt für die Zeit von Januar 2024 bis Dezember 2026.

Mit Katastrophenanleihen wird das Risiko eines Naturereignisses an die Zeichner der Anleihe weitergegeben: vereinfacht gesagt handelt es sich um eine Wette, ob ein bestimmtes Ereignis im vereinbarten Zeitraum eintritt oder nicht. Tritt ein zuvor exakt definiertes Naturereignis ein, verliert der Zeichner entweder einen Teil oder die gesamten Zinszahlungen, unter Umständen auch den Nennwert der Anleihe. In der Regel haben diese Instrumente eine vergleichsweise kurze Laufzeit. Es handelt sich um ein recht junges Finanzinstrument: Erstmals wurden diese in den 90er Jahren ausgegeben.

Für die Allianz sind Katastrophenanleihen kein neues Instrument: Allerdings hat sie seit über einem Jahrzehnt eine solche nicht mehr genutzt, wie es im Pressetext heißt. Für den Vertrag hat der Versicherer eine Zweckgesellschaft in Irland gegründet: die Blue Sky Re DAC. „Die Anleihen wurden im Markt von Kapitalmarktinvestoren gut aufgenommen“, berichtet der Versicherer. Zahlungen an die Allianz seien an einen Marktschadenindex gebunden.

Auffällig ist der Zeitpunkt, zu dem die Allianz mit ihrer Anleihe an die Öffentlichkeit ging. Sie erfolgte kurz vor Jahresende und damit vor den Verhandlungsrunden, in denen Versicherer und Rückversicherer neue Prämien und Bedingungen aushandeln. Hier hatten Marktteilnehmer im Vorjahr von viel Frust berichtet: nicht nur erhöhten die Rückversicherer die Preise, sie reagierten auch mit Ausschlüssen und begrenzten Kapazitäten auf die steigenden Kosten. Das „Handelsblatt“ wertet die Risikoanleihe der Allianz folglich als „Kampfansage“ an den Markt.

Markt entspannt sich etwas

Vor allem kleine Versicherer merken die steigenden Rückversicherungsprämien deutlich. Das „Handelsblatt“ zitiert Thomas Bischof, Vorstandsmitglied der Gothaer, der im Dezember sagte: „Die Preisgestaltung der Rückversicherer hat einen großen Teil unserer sonst guten Ertragslage aufgezehrt.“ Den Versicherern bleibt oftmals nichts anderes übrig, als die steigenden Prämien im Erstversicherungsmarkt an Privatkundinnen und -kunden weiterzugeben.

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Immerhin gibt es auch positive Signale aus dem Markt: Die Spezialmakler Guy Carpenter, Gallagher Re und Howden kommen in ihren aktuellen Analysen unisono zu dem Ergebnis, dass sich der Rückversicherungsmarkt mit der aktuellen Erneuerungsrunde zum 1. Januar 2024 etwas entspannt und die Prämien stabilisiert haben. So sind laut Howden die Preise für Sachrückdeckungen im globalen Geschäft zum 1. Januar um rund drei Prozent gestiegen, während sie im Vorjahr noch um 37 Prozent zugelegt hatten: wenn auch regional mit großen Unterschieden.

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