Das Immobilienprojekt ‚Fürst‘ soll im Berliner Westen den „architektonischen Mief der 1970er Jahre, der das Quartier für lange Jahre geprägt hat, durch ein modernes und offenes Baukonzept ersetzen“. Dazu zählen neben Wohnungen und Büros auch ein 3-D-Kino und ein zum Museum umgebauter Atomschutzbunker.

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Doch die Kosten für das Mega-Projekt sollen aus dem Ruder gelaufen sein; seit Monaten wird an der Baustelle kein Finger mehr gerührt. Der Baustopp beschäftigte sogar den Berliner Senat. Nach Erkenntnissen zu den Ursachen für den Stillstand gefragt, antwortet die Senatsverwaltung im Juli diesen Jahres: „Beim Projekt ‚Fürst‘ ist es nach Aussage der Projekt Lietzenburger Straße PropCo S.á r.l. zu Schwierigkeiten bei erforderlichen Nachfinanzierungen gekommen. Aufgrund des Einflusses von erfolgten Preissteigerungen bezogen auf Stahl, Beton, Dämmmaterial etc. und erheblicher Einschränkungen in der Verfügbarkeit der Materialien, ist eine Verlängerung der Bauzeit eingetreten und die Baukosten sind enorm angestiegen. Das Projekt hat bereits ein Angebot von bestehenden Gläubigern erhalten, die die Kostenüberschreitung vollständig beabsichtigen zu finanzieren. Allerdings bedürfen die Gemengelage und die widersprüchlichen Interessen aller Investoren noch Zeit, um eine einvernehmliche Lösung zu finden und das Projekt mit einer Verlängerung der Laufzeit um ein Jahr abschließen zu können.“

Das Angebot, von dem die Berliner Senatsverwaltung schreibt, beschreibt das Handelsblatt so: „Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), der Assetmanager BayernInvest und der britische Hedgefonds Fidera boten im Juli an, 128 Millionen Euro zusätzlich zu investieren. Im Gegenzug sollte es 9,5 Prozent Zinsen geben – auch auf bestehende Einlagen. Andere Gläubiger sollten fünf Prozent bekommen.“

Aus Sicht der nachrangigen Anleger eine Übervorteilung; zudem soll Fidera bei dem Plan 30 Millionen Euro Gebühren abrechnen wollen, schreibt das Handelsblatt. Wie tief die Gräben in den Reihen der Investoren sind, zeigt sich auch daran, dass erst Ende September eine Investorengruppe, zu der auch HUK Coburg gehört, einen Insolvenzantrag für das Immobilienprojekt am Kurfürstendamm zurückzog.

Nun soll Immobilieninvestor und Projektentwickler Aggregate, dessen Projekt der ‚Fürst‘ ist, planen, seinen Gerichtsstand nach London zu verlegen. Mit Folgen für die Investoren. Denn dort könnte der ‚Rettungsplan‘ von VBL, BayernInvest und Fidera leichter und gegen die Interessen der kleineren Investoren durchgesetzt werden, so das Handelsblatt.

Vor diesem Hintergrund warnt Prof. Dr. Gerd Merke, Vorstandsmitglied der Zusatzversorgungskasse des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks (ZVK Steinmetz), vor einem Totalverlust für deutsche Versicherte und Pensionäre. Deshalb dürfe die VBL kein Verfahren in Großbritannien zulassen, fordert der Jurist. Käme es zu einem Urteil in Großbritannien, könnten „unsere Pensionäre 100 Prozent des Geldes verlieren“, während Aggregate und Fidera „einen erheblichen Gewinn planen“, schrieb Merke an den sächsischen Finanzminister, der gleichzeitig bei der VBL dem Verwaltungsrat vorsitzt.

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Dr. Gerd Merke war jahrelang in der Rechtsabteilung von Siemens Financial Services tätig und übernahm in den 90er Jahren eine Professur für Wirtschaftsrecht an der Wiesbadener Business School. Bei der ZVK Steinmetz verantwortet er die Kapitalanlage und wurde dafür erst in diesem Sommer ausgezeichnet. Das Fachportal ‚portfolio institutionell‘ zeichnete die ZVK Steinmetz als „beste Pensionskasse/ZVK 2023“ aus. In der Laudatio heißt es u.a., dass es der „ausgewogenen Anlagepolitik“ der ZVK Steinmetz zu verdanken sei, dass die Zusatzversorgungskasse in den vergangenen Jahren eine Nettoverzinsung zwischen 3,5 Prozent und 4,6 Prozent erzielen konnte und in 2022 nur geringe stille Lasten zu tragen hatte.

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