In Deutschland fehlen mehr als 700.000 Wohnungen: Zu diesem Ergebnis kam Anfang des Jahres eine Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE. Es ist der größte Mangel an Wohnraum innerhalb der letzten 20 Jahre. Doch ausgerechnet in dieser Zeit, in der eigentlich massiv gebaut werden müsste, müssen Privatleute immer schlechtere Konditionen akzeptieren, wenn sie ein Haus oder eine Wohnung bauen oder kaufen wollen. Demnach haben die Bauzinsen für zehnjährige Baufinanzierungen den höchsten Stand seit zwölf Jahren erreicht, wie das Finanzportal biallo.de berichtet.

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Für den Biallo-Baugeld-Index wertet das Portal zahlreiche tagesaktuelle Informationen von Banken, Versicherern und Finanzanlagenvermittlern aus. Demnach müssen zum 2. Oktober 2023 für Baufinanzierungen mit zehnjähriger Laufzeit im Durchschnitt der Anbieter bereits 4,05 Prozent effektiver Jahreszins gezahlt werden (Oktober 2022: 4,02 Prozent). Wer eine noch längere Laufzeit wünscht, muss sogar noch mehr einplanen. Bei 15-jähriger Zinsbindung liegen die Bauzinsen aktuell bei 4,22 Prozent (Oktober 2022: 4,20 Prozent), bei 20-jähriger Zinsbindung sogar bei 4,33 Prozent (Oktober 2022: 4,27 Prozent).

Ein Grund für die steigenden Zinsen sei, dass auch die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen erneut gestiegen seien, berichtet biallo.de. Konnte sich der Bund in Zeiten von Nullzinsen noch Geld zum Nulltarif leihen oder wurde für ausgegebene Staatsanleihen sogar noch bezahlt, änderte sich dies mit dem Ukraine-Krieg und seinen Folgen schlagartig. Aktuell rentieren zehnjährige Bundesanleihen bei 2,90 Prozent und kratzen damit an der psychologischen Drei-Prozent-Marke. Diese Renditen gelten als Referenzwert für Hypothekenpfandbriefe, mit denen Bankhäuser ihre Immobilienkredite refinanzieren.

Die steigenden Bauzinsen haben bittere Folgen: Es wird noch weniger gebaut als ohnehin schon, so dass der Bedarf an Wohnraum vor allem in vielen Großstädten und Randgebieten nicht gedeckt werden kann. Zeitweise brachen die Baugenehmigungen in den bisherigen Monaten des Jahres 2023 im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel ein, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Allein in den Monaten April und März gingen die Genehmigungen um 31,9 Prozent bzw. 29,6 Prozent zurück. Zuletzt war jedoch eine leichte Entspannung zu spüren. Im Juli 2023 stiegen die Auftragseingänge kalenderbereinigt real um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

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Zuletzt hatte das Baugewerbe Alarm geschlagen: Viele Arbeitsplätze und Betriebe stünden auf dem Spiel, da Aufträge wegbrechen und storniert werden. „Wir fahren beim Bau mit hohem Tempo auf eine Mauer zu, und die Bundesregierung schafft es einfach nicht, auf die Bremse zu treten“, sagte Handwerkspräsident Jörg Dittrich vor zwei Wochen der Bild am Sonntag. Auch auf Druck des Baugewerbes trafen sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) am 25. September mit Vertretern der Bauwirtschaft zu einem Baugipfel in Berlin. Mit einem 14-Punkte-Plan will die Regierung den Wohnungsneubau ankurbeln. Unter anderem soll es mehr Förderung geben und leerstehende Bürogebäude sollen in Wohnungen umgewandelt werden.

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