Müssen Schwangerschaften im PKV-Antrag angegeben werden? Seit der Einführung der geschlechtsneutralen Tarife 2013 (Unisex) in der PKV (Privaten Krankenversicherung) ist das Thema Gleichstellung präsent. In meiner täglichen Arbeit tauchen jedoch immer wieder Fragen auf – sowohl von Mitarbeitenden als auch von Branchenkollegen und Interessierten:
Muss eine Schwangerschaft im Antrag auf privaten Krankenversicherungsschutz angegeben werden? Muss sie auch angegeben werden, wenn man davon weiß, aber noch nicht beim Arzt war? Muss ich sie nie angeben?
Die perfekte Gelegenheit, das Thema für alle Versicherungsvermittler zu klären. Zunächst einmal: Ihr liegt alle richtig. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit.

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Es gilt Gleichstellung beim Thema Schwangerschaft und PKV

Das Oberlandesgericht Hamm hat im Urteil vom 12.01.2011 - I-20 U 102/10 entschieden, dass Schwangerschaften und eindeutig abgrenzbare Schwangerschaftsdiagnosen nicht angegeben werden müssen.

Komplikationen während der Schwangerschaft, wie Schwangerschaftsdiabetes oder Präeklampsie, dürfen nicht zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen. Ein Rücktritt oder eine Kündigung wegen solcher Komplikationen durch den Versicherer ist laut dem OLG Hamm eine klare Benachteiligung.

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Allerdings unterscheidet das Urteil zwischen Krankheiten, die direkt mit der Schwangerschaft in Verbindung stehen, und solchen, die dies nicht tun, wie zum Beispiel Ovarialzysten und Fibroadenome. In diesen Fällen konnte die Signal Iduna im Fall des OLG Hamm rückwirkend einen Risikozuschlag verlangen.

Wie können Versicherungsvermittler Krankheiten während der Schwangerschaft korrekt einordnen?

Ein Überblick über Krankheiten, die während der Schwangerschaft auftreten können, zeigt: Einige dieser Krankheiten können auch nach der Geburt weiterhin zu Beschwerden und Behandlungen führen. Beispiele hierfür sind Krankheiten, die während, aber auch unabhängig von einer Schwangerschaft auftreten können:

  • Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes): Eine Form des Diabetes, die während der Schwangerschaft auftritt. Sie verschwindet meist nach der Geburt, kann aber das Risiko für Typ-2-Diabetes in der Zukunft erhöhen.
  • Präeklampsie: Ein Zustand, der durch hohen Blutdruck und Schäden an Organen wie der Leber oder den Nieren gekennzeichnet ist. Er tritt typischerweise nach der 20. Schwangerschaftswoche auf.
  • Eklampsie: Eine schwerwiegende Komplikation der Präeklampsie, bei der Krampfanfälle auftreten.
  • HELLP-Syndrom: Ein Zustand, der von der Abkürzung seiner Hauptsymptome stammt: Hämolyse (Zerstörung roter Blutkörperchen), erhöhter Leberenzyme und niedriger Thrombozytenzahl.
  • Hyperemesis gravidarum: Eine schwere Form von Übelkeit und Erbrechen während der Schwangerschaft, die zu Dehydration und Gewichtsverlust führen kann.
  • Plazenta previa: Bei diesem Zustand liegt die Plazenta so niedrig im Uterus, dass sie den Muttermund teilweise oder vollständig bedeckt.
  • Plazentalösung (Ablatio placentae): Hierbei löst sich die Plazenta vor der Geburt des Kindes von der Gebärmutterwand.
  • Vasa praevia: Hierbei verlaufen die fetalen Blutgefäße ungeschützt durch die Membranen über oder in der Nähe des inneren Gebärmutterhalses.
  • Rhesus-Inkompatibilität: Ein Zustand, bei dem das Immunsystem der Mutter rote Blutkörperchen des Fötus angreift, weil sie unterschiedliche Rhesusfaktoren haben.
  • Symphysenlockerung (Symphysenlösung oder Schambeinentzündung): Entzündung oder Überdehnung der Symphyse, der Verbindung zwischen den beiden Beckenhälften.

Einige dieser Krankheiten können auch nach der Geburt weiterhin zu Beschwerden und Behandlungen führen.

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Krankheiten, die während, aber auch unabhängig von einer Schwangerschaft auftreten können:

  • Bluthochdruck (Hypertonie): Obwohl es spezifische Formen des hohen Blutdrucks gibt, die nur während der Schwangerschaft auftreten (z.B. gestationsbedingte Hypertonie), kann chronischer Bluthochdruck sowohl in als auch außerhalb der Schwangerschaft existieren.
  • Schilddrüsenerkrankungen: Zustände wie Hyperthyreose (überaktive Schilddrüse) oder Hypothyreose (unteraktive Schilddrüse) können während der Schwangerschaft besondere Auswirkungen auf Mutter und Kind haben.
  • Infektionen: Während einige Infektionen wie Toxoplasmose oder Zytomegalie während der Schwangerschaft besondere Bedeutung haben, können viele andere Infektionen sowohl in als auch außerhalb der Schwangerschaft auftreten.
  • Depressionen und Angstzustände: Psychische Gesundheitsprobleme können unabhängig vom Schwangerschaftsstatus auftreten, aber hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft können diese Zustände beeinflussen.
  • Anämie: Während Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft häufiger ist, kann Anämie aus verschiedenen Gründen auch außerhalb der Schwangerschaft auftreten.
  • Harnwegsinfektionen: Diese können sowohl in als auch außerhalb der Schwangerschaft auftreten, aber schwangere Frauen haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko.
  • Tiefe Venenthrombose (TVT): Während das Risiko einer TVT während der Schwangerschaft aufgrund von Veränderungen in der Blutgerinnung erhöht ist, kann dieser Zustand auch unabhängig von einer Schwangerschaft auftreten.
  • Gallensteine: Obwohl die Schwangerschaft das Risiko erhöhen kann, können Gallensteine unabhängig von einer Schwangerschaft auftreten.
  • Asthma: Asthma kann sowohl in als auch außerhalb der Schwangerschaft auftreten, aber die Kontrolle während der Schwangerschaft ist besonders wichtig.


Wie arbeitest du als Vermittler sicher?

Wir halten es für fahrlässig, Krankheiten, die während der Schwangerschaft auftreten und nicht klar abgrenzbar sind, nicht zu melden. Im Falle einer Leistung könnte der PKV-Versicherer versuchen, vom Vertrag zurückzutreten.

Wir alle wissen, dass dies der schlimmste Fall wäre und letztlich auf uns Vermittler zurückfällt. Der Kunde wird verärgert sein und die Vermittler müssen die Konsequenzen tragen. Empfehlung: Sprecht mit dem Versicherer und informiert euch beim Gynäkologen, ob er bestätigen kann, dass die Krankheit ausschließlich infolge der Schwangerschaft aufgetreten ist.

Wenn der Gynäkologe dies nicht bestätigen kann, gebt die Krankheit im Antrag zur Prüfung an. Denn besser ein Versicherungsschutz mit Risikozuschlag als einer, der nicht hält, was er verspricht.


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