Zum 01. Januar 2023 soll Beamten in Baden-Württemberg die pauschale Beihilfe - das sogenannte Hamburger Modell - offen stehen (Versicherungsbote berichtete). Am 21.12. diesen Jahres soll final über die Gesetzesinitiative von Bündnis 90 / Die Grünen im baden-württembergischen Landtag darüber abgestimmt werden. Auf eine öffentliche Anhörung dazu im Finanzausschuss verzichteten die Verantwortlichen allerdings.

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Die Öffentlichkeit suchte hingegen Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker twitterte, dass es zu begrüßen sei, wenn Beamte in Baden-Württemberg nun auch in die GKV könnten. Lauterbach wörtlich: „Für viele privat Versicherte, auch Beamte, sind die Prämien im Alter jetzt schon sehr hoch. Im Alter ist die GKV oft günstiger.“ (siehe Tweet)

PKV-Verband kritisiert Lauterbach-Äußerungen

Der Verband der Privaten Krankenversicherer wollte das nicht unwidersprochen stehen lassen. Auf Versicherungsbote-Anfrage teilte ein Sprecher des PKV-Verbands mit:

„Minister Lauterbach verbreitet einen völlig falschen Eindruck. Tatsache ist: Der Beitrag der über 60-jährigen Beamtinnen und Beamten in der PKV beträgt im Durchschnitt nur 227 Euro. Die GKV wäre für sie in der Regel sehr viel teurer. Dort müssten sie im Alter auch auf die Erträge aller ihrer Ersparnisse GKV-Beitrag zahlen. Dass Herr Lauterbach die pauschale Beihilfe begrüßt, verwundert nicht, er hat dieses parteipolitisch motivierte Projekt von Anfang an als ‚Schritt in Richtung Bürgerversicherung‘ gefeiert. Die pauschale Beihilfe ist eine einseitige politische Aktion, um mehr Beamte in die GKV zu locken – und das meist zu ihrem eigenen Nachteil. Wer wirklich mehr Wahlfreiheit will, müsste auch viel mehr Arbeitnehmern den Weg in die PKV öffnen.“

Lauterbach kritisierte bereits vor seiner Zeit als Gesundheitsminister, dass sich die PKV immer mehr zu einer ‚Beamtenversicherung‘ entwickeln würde, die über Beihilfen großzügig durch die öffentliche Hand finanziert werde.
Unterstützung erfuhr diese Haltung u.a. von der Bertelsmann-Stiftung, die errechnete, dass die Bundesländer bis 2030 83 Prozent mehr für Beihilfen einplanen müssten und der Bund nochmals 46 Prozent mehr. Kritiker des traditionellen Beihilfesystems versprechen sich durch die Ausweitung der Versicherungspflicht etwa 60 Milliarden Euro Einsparungen bis 2030.

Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender des DBB Beamtenbunds (dbb), verbannte solche Rechnungen allerdings „schlicht und einfach in den Bereich von Fake News“ (Versicherungsbote berichtete).

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Stephan Mayer, bis 2021 noch Staatssekretär im Bundesinnenministerium, erteilte allen Bestrebungen, Beamtinnen und Beamte in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung einzubeziehen, damals eine klare Absage. Kosteneinsparungen seien überhaupt nicht zu erwarten. „Im Gegenteil: Die Personalausgaben des öffentlichen Dienstes würden allein aufgrund der notwendigen Anhebung der Besoldung um die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge massiv steigen. Zudem decken die Leistungen der Beamtenversorgung auch die betriebliche Zusatzsicherung ab. Sollte die Beamtenversorgung in die Rente überführt werden, müssten diese zusätzlichen Leistungen auch weiterhin erbracht werden. Hinzu kommt: Aufgrund jahrzehntelanger Doppelstrukturen wäre die Systemumstellung höchst komplex und teuer“, so der CSU-Politiker auf der 60. dbb Jahrestagung.

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