Noch immer sind auf deutschen Straßen weniger Autos unterwegs als vor der Coronakrise. Dennoch glaubt Assekurata-Experte Dennis Wittkamp nicht, dass die Prämien sinken, wie er in einem aktuellen Interview mit versicherungswirtschaft-heute.de deutlich macht. Grund sind die jüngsten Naturkatastrophen in Deutschland, die sich in hohen Kaskoschäden entsprechend in den Bilanzen niederschlagen.

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Weniger Unfälle, mehr Elementarschäden erwartet

Zwar würden Daten zeigen, dass die Mobilität durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auch im ersten Halbjahr 2021 eingeschränkt gewesen sei, berichtet Wittkamp, beim Kölner Analysehaus als Fachkoordinator für die Schaden- und Unfallversicherung zuständig. Entsprechend dürften auch weniger Unfälle zu verzeichnen gewesen sein. Die Mobilität steige aber wegen der sinkenden Inzidenzen wieder an.

Die extremen Elementarschaden-Ereignisse belasten aber die Versicherer. „Einige Unwetter haben hier bereits für zahlreiche Schäden gesorgt und nicht zuletzt die Starkregenkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen dürften die Jahresbilanz der Kfz-Versicherer bereits zum jetzigen Zeitpunkt sprichwörtlich verhagelt haben“, sagt Wittkamp dem Fachmagazin. Zwar dürften die Versicherer im vergangenen Jahr aufgrund der geringen Schäden ihre Schwankungsrückstellungen erheblich verstärkt haben: diese würde aber wohl nicht ausreichen, um alle Schäden zu decken.

Eine weitere Unbekannte bei den Kosten sei die Entwicklung der Werkstatt- und Ersatzteilpreise. Hier habe schon vor der Pandemie eine überdurchschnittliche Inflation geherrscht. „Durch den Rückgang bei den Schadenleistungen sind Werkstätten und Automobilhersteller verstärkt unter Druck, die sinkende Profitabilität durch (noch) höhere Ersatzteilpreise weiter zu steigern“, erklärt Wittkamp.

Folglich seien auch die Diskussionen über Prämiensenkungen zum Jahresende vermutlich vom Tisch, wozu zusätzlich das Niedrigzins-Niveau beitrage. So erzielten auch die Schadenversicherer weniger Rendite am Kapitalmarkt und müssten höhere Anforderungen an die Profatibilität der Versicherungstechnik stellen. Die Elementarschäden hätten diese Anforderungen verschärft, weshalb sinkende Prämien unwahrscheinlich seien.

Viele Autos beschädigt

In der Regel kommt die Teilkaskoversicherung dafür auf, wenn das Auto durch Hochwasser und ähnliche Elementarereignisse Schaden nimmt. Aber auch die Kfz-Haftpflicht könnte für Schäden einstehen müssen, wenn Dritten durch das Auto ein Schaden entstand.

„Laut aktualisierter Schadenschätzung sind rund 40.000 Kraftfahrzeuge durch die Fluten beschädigt oder zerstört worden“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), zu den jüngsten Hochwassern durch „Bernd“. „Der versicherte Schaden für die Kfz-Versicherer liegt bei rund 200 Millionen Euro und für die Transportversicherer bei rund 100 Millionen Euro“, schätzt Asmussen. Aber nicht nur „Bernd“ sorgte in diesem Jahr für schwere Schäden. Starkregen verursachte zuvor bereits schwere Überschwemmungen, zum Beispiel in Süddeutschland und Thüringen.

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Allerdings akzeptierten die Versicherer in den letzten Jahren immer wieder auch rote Zahlen im Kampf um Neukunden. So lag im Marktschnitt die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote oder Combined Ratio (CR) zum Beispiel in den Jahren 2013 und 2017 über der kritischen Hundert-Prozent-Marke, wie Analysen der V.E.R.S. Leipzig GmbH zeigen. Das bedeutet stark vereinfacht, die Versicherer gaben mehr für Schäden und Verwaltungskosten aus, als sie an Prämie einnahmen. Aufgrund der Versicherungspflicht ist das Kfz-Segment auch mit Verlusten interessant: Macht der Autofahrer bzw. die Autofahrerin mit einer Marke gute Erfahrung, kann dies als Türöffner für weitere Versicherungen beim jeweiligen Anbieter benutzt werden.

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