Zunächst erklärte das Gericht: Die Vermutung einer Versorgungsehe ist nur dann widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive ergibt, dass eben nicht die Hinterbliebenenrente Zweck der Heirat war. Notwendig ist von den Hinterbliebenen hier ein Vollbeweis: Gewichtige Motive müssen in der Gesamtschau das Gegenteil einer Versorgungsehe beweisen. Und je schwerer die Krankheit vor Eheschluss und je ungünstiger die Verlaufsdiagnose, desto gewichtiger müssen die Umstände für den Gegenbeweis sein.

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Je schwerer die Diagnose, desto schwerer der Gegen-Beweis

Eine Besiedlung der Hirnhäute mit metastasierenden Krebszellen hat eine äußerst ungünstige Prognose: die durchschnittliche Überlebenszeit ohne Behandlung beträgt nur Wochen, mit Behandlung beträgt sie wenige Monate. Nur in Ausnahmefällen überleben Erkrankte länger als ein Jahr. Dass beiden Ehepartnern diese Prognose nicht bewusst war, glaubte das Gericht nicht. Zwar: In manchen Fällen kann tatsächlich fehlende Aufklärung über Krankheitsverläufe ein Umstand sein, der gegen eine Versorgungsehe spricht. Eine solche aber erscheint auch mit Blick auf die Krankheitsgeschichte der Frau unglaubwürdig.

Verzicht auf Pflichten bedeutet Verzicht auf Rechte

Mehr noch: die lange Dauer der eheähnlichen Gemeinschaft spricht aus Sicht des Senats nicht gegen das Vorliegen einer Versorgungsehe, sondern sogar dafür. Liegt doch einem Zusammenleben ohne Trauschein in der Regel die bewusste, freie Entscheidung zugrunde, nicht zu heiraten – und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen zu unterliegen, die für Eheleute gelten. Das Paar hatte sich dauerhaft auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft eingerichtet – und wollte sich demnach lieben und miteinander leben, ohne verheiratet zu sein. Dass der Grund der Eheschließung nicht die Hinterbliebenenrente war, kann demnach durch den Witwer nicht glaubwürdig bewiesen werden.

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Auch die bloße Behauptung längerer Heiratspläne reiche für den Gegenbeweis – und damit für einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente – nicht aus. Denn damit konkrete vorherige Heiratspläne den Verdacht einer Versorgungsehe ausschließen können, muss der Kläger ganz konkrete Schritte einer Eheplanung zu früheren Zeiten belegen können. Das jedoch gelang dem Mann vor dem Hessischen Landessozialgericht nicht. Das Urteil ist auf den Seiten der hessischen Justiz verfügbar.

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