Die steigende Lebenserwartung der Deutschen führt aktuell nicht dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger auch länger ihre Rente erhalten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, über die die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet. Der Grund sei, dass das Rentenalter ohnehin angehoben werde. Können langjährig Versicherte (35 Versicherungsjahre) aktuell mit 65,7 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen, so liegt die Regelaltersgrenze ab dem Geburtsjahrgang 1964 bei 67 Jahren.

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Weniger verbleibende Rentenzeit im Jahr 2035

Konkret hatte der Linke-Abgeordnete Matthias Birkwald gefragt, wie sich die Altersgrenze für einen abschlagsfreien Renteneintritt und die verbleibende Lebenserwartung ab 60 entwickeln. Auch sollte die Regierung schätzen, wie lange die Menschen nach dem jeweiligen Renteneintritt tatsächlich noch leben dürften. Die Bundesregierung antwortete, indem sie die aktuelle Situation in Beziehung zum Jahr 2035 setzte.

Das Ergebnis: Wer als Mann 60 Jahre alt ist, kann in 15 Jahren laut Bundesregierung im Schnitt auf 23,6 zusätzliche Lebensjahre hoffen: 1,6 Jahre mehr als heutige Männer in dem Alter. Weil das Renteneintrittsalter steigt, erhalten langjährig Versicherte dann nach offiziellen Schätzungen noch 18,0 Jahre ihre Rente. Das bedeutet einen leichten Rückgang gegenüber heutigen Neurentnern, die durchschnittlich noch 18,1 Rentenjahre vor sich haben.

Bei langjährig versicherten Frauen sind die Einbußen bei der Rentenzeit sogar noch deutlicher. Können sie heute im Schnitt auf 21,3 Rentenjahre hoffen, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, so sinkt die verbleibende Rentenzeit 2035 auf 20,8 Jahre. Der Grund ist, dass die verbleibende Lebenserwartung ab 60 Jahren laut Prognose weniger stark steigt: von 25,6 auf 26,9 Jahre innerhalb der kommenden 15 Jahre.

Ausblick auf den Bundestags-Wahlkampf

Anlass der Anfrage war ein Positionspapier der CDU zur Rente, das der Bundesfachausschuss Soziale Sicherung und Arbeitswelt vorgelegt hatte. Darin wird vorgeschlagen, statt einer festen Regelaltersrente das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Gewonnene Lebenszeit muss (...) zum Teil in Erwerbstätigkeit verbracht werden“, heißt es in dem Papier. Das Thema soll auch beim Bundestagswahlkampf 2021 auf die Agenda gesetzt werden. Unter anderem hat sich der potentielle Kanzlerkandidat Friedrich Merz bereits für ein höheres Renteneintrittsalter ausgesprochen.

Bereits der SPD-Politiker Karl Lauterbach hatte aber gewarnt: „Längere Lebensarbeitszeit in Zukunft kürzt den Rentenbezug im Vergleich zu heute.“ Der Grund sei, dass die Regelaltersgrenze schneller ansteige als die Lebenserwartung, wenn sie wie geplant umgesetzt werde. Auch Linke-Politiker Birkwald sagte gegenüber dpa, bereits die Politik der Rente ab 67 sei eine unsoziale Rentenkürzung nach dem Motto: "Länger einzahlen und kürzer Rente erhalten". Profitieren würden vor allem die Arbeitgeber, die beim Beitrag entlastet werden.

Die Altersrente für langjährig Versicherte kann auch ab 63 Jahren vorzeitig in Anspruch genommen werden, allerdings mit einem Abzug von bis zu 14,4 Prozent bzw. einem Abschlag von 0,3 Prozent je Monat. Seit Inkrafttreten des Flexi-Rentengesetzes am 1. Juli 2017 können Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr Ausgleichszahlungen leisten, um Einbußen bei der Rente aufzufangen.

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Immerhin positiv: Wer als besonders langjährig Versicherter (45 Versicherungsjahre) bereits ab 63 abschlagsfrei in Rente gehen kann, hat künftig mehr verbleibende Lebensjahre ohne Renteneinbußen als langjährig Versicherte. Doch auch bei diesen Menschen seien es etwas weniger solche Lebensjahre im Vergleich zu heute, da auch hier das Renteneintrittsalter angehoben werde. Genaue Zahlen nennt dpa diesbezüglich nicht: Die Antwort der Bundesregierung liegt auf der Webseite des Bundestages noch nicht vor.

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