Als im Juni 2019 die E-Scooter auch auf deutschen Straßen zugelassen wurden, gab es schnell warnende Stimmen. Die Unfälle in die Großstädten werden zunehmen, so die Prognose: auch deshalb, weil E-Scooter vermeintlich eine Gefahr für Radfahrer und Fußgänger bedeuten können. Bis zu 20 km/h sind die Flitzer schnell, zudem eher instabil und mit sehr kleinen Rädern ausgestattet. Sie drängeln sich mit Radlern auf Radwegen, die ohnehin bereits vielerorts überlastet sind.

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"Weniger Unfälle im Vergleich zu Mopeds"

Detaillierte Unfallzahlen zu E-Scootern liegen für Deutschland aktuell nicht vor. Aber ein Pressetext der DEVK Versicherungen lässt nun aufhorchen. Der Versicherer senkt die Prämien für E-Scooter-Policen um bis zu 42 Prozent, abhängig vom Alter der Person: Und begründet dies damit, dass weit weniger Unfälle auftreten als ursprünglich kalkuliert. „Tatsächlich kommen Unfälle mit E-Scootern seltener vor als gedacht – zumindest im Vergleich mit Mopeds“, schreibt der Versicherer. Lediglich für Fahrer unter 17 Jahren werden die Prämien nicht gesenkt — weil diese ein höheres Unfallrisiko hätten.

Hintergrund ist, dass auch E-Scooter-Fahrer eine Haftpflicht für ihr Gefährt brauchen. Anders als bei Mopeds müssen Besitzer kein Blechschild an ihrem E-Scooter anbringen, sondern nur einen Versicherungsaufkleber: Er wird in der Nähe des Rücklichtes befestigt.

Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit werden E-Roller als motorisierte Fahrzeuge eingestuft. Der Versicherungsschutz gilt in der Regel für ein Jahr. Weil bisher keine Erfahrungen mit den Rollern vorlagen, haben viele Versicherer zunächst den Beitrag nach den Unfallzahlen mit Mopeds kalkuliert - und korrigieren die Prämien nun entsprechend.

Verleihfirmen nicht erfasst

Lassen sich die Erkenntnisse des Versicherers verallgemeinern? Hierzu ist es noch zu früh. Der Grund: Die DEVK-Policen sind für Fahrer, die sich privat einen Roller zugelegt haben: und wohl auch vorsichtig mit ihrem gekauften Gefährt umgehen. Wer sich die regionalen Medien und Polizeiberichte anschaut, wird aber feststellen, dass viele Unfälle mit Leihrollern großer Verleihfirmen passieren: oft verursacht durch betrunkene Fahrer und auch Touristen.

Alkohol ist auf den Rollern aber tabu. Denn für die Scooter gelten dieselben Grenzwerte wie für Autofahrer. Wer 0,5 bis 1,09 Promille im Blut hat, muss mit 500 Euro Bußgeld, einem Monat Fahrverbot und 2 Punkten in der Strafsünder-Kartei rechnen. Ab 1,1 Promille liegt sogar eine Straftat vor.

Betrunkene Fahrten sind dennoch keine Seltenheit, wie Stichproben aus der bayrischen Landeshauptstadt zeigen. Allein die Polizei München hat zwischen Mitte Juni und November 2019 rund 1660 E-Scooter-Fahrer wegen Trunkenheit angezeigt und zählte 62 Unfälle mit Personenschaden. Mehr als jeder zweite Scooter-Fahrer hatte hierbei mehr als 1,1 Promille im Blut.

Die gezählten Unfälle sind im Vergleich zu Radfahrern zwar immer noch wenig: im Jahr 2018 wurden 2.933 Radfahrer in der bayrischen Metropole verletzt. Bedacht werden muss aber, dass es aktuell auch deutlich weniger Rollerfahrer als Radler gibt.

US-Studie: mehr schwere Kopfverletzungen

Aufhorchen lässt auch eine Studie, die US-Mediziner im Fachblatt «Jama Surgery» veröffentlicht haben. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, habe demnach die Zahl der Verletzungen und Krankenhauseinweisungen nach Unfällen mit E-Scootern in den USA dramatisch zugenommen. Dort sind die Roller schon länger zugelassen.

Die US-Mediziner haben Daten des National Electronic Injury Surveillance System (NEISS) ausgewertet, wofür 100 ausgewählte Kliniken mit Notaufnahme erfasst werden. Laut Studie stieg die Zahl der Verletzungen bei E-Scooter-Unfällen mit der zunehmenden Nutzung dieser Roller stark: von 2014 bis 2018 um 222 Prozent auf mehr als 39.000. Die Zahl der Krankenhausaufnahmen nahm prozentual gesehen noch stärker um 365 Prozent auf 3300 zu, so schreibt dpa.

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Erschreckend sei, dass ein Drittel der eingewiesenen Scooter-Fahrer schwere Kopfverletzungen erlitten habe, berichten die Mediziner: oft verbunden mit bleibenden Schäden. Am häufigsten kam es der Analyse zufolge zu Brüchen (27 Prozent), Prellungen und Abschürfungen (23 Prozent) sowie Schnittwunden (14 Prozent). Eine Helmpflicht besteht für die Roller hingegen auch in Deutschland nicht: Obwohl im Vorfeld der Einführung rege über eine solche diskutiert wurde.

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