Als Beispiel einer solchen Reform kann das im Jahre 2001 verabschiedete Altersvermögensgesetz (AVmG) genannt werden: Durch Einführung der Riester-Rente sollte die private Vorsorge als dritte Säule des Rentensystems gestärkt und sollte auf das zu erwartende Absinken des Rentenniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung (GVR) früh reagiert werden. Seit dieser Reform waren nicht länger Zielvorgaben der Rentenhöhe maßgebend für die Rentenpolitik der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern langfristig stabile Beiträge.

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Eine solche Verschiebung aber lässt massive Rentenlücken erwarten – ansonsten hätte man aufgrund des demografischen Wandels immer höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Kauf nehmen müssen. Damit die gesetzlich Rentenversicherten reagieren können, wurde mit der Riester-Rente eine Förderung der privaten Vorsorge eingeführt (der Versicherungsbote berichtete).

Freilich geschehen solche Reformen vor dem Hintergrund einer steigenden Versorgungslast für die erwerbstätige Bevölkerung: Der Anteil der Menschen im Erwerbsalter wird laut der jüngsten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts in den nächsten zwei Jahrzehnten deutlich sinken. Aktuell sind 62 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 66 Jahren und 20 Prozent im Alter von 67 Jahren und mehr. Der Anteil der 67-Jährigen und Älteren jedoch wird ansteigen – bis zum Jahre 2040 auf 25 bis 27 Prozent. Somit steigt die Zahl der Rentnerinnen und Rentner, während zugleich die Zahl jener Erwerbstätigen sinkt, die für die umlagefinanzierte gesetzliche Rente ihre Beiträge einzahlen.

Prekäre Erwerbsbiografien erhöhen das Armuts- und Verschuldungsrisiko

Ein besonderes Armuts- und Verschuldungsrisiko geht hierbei von unsteten Erwerbsbiografien und einem Niedriglohnsektor mit versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen aus. Denn laut den Autoren des SchuldnerAtlas korreliert die Armutsbetroffenheit im Alter besonders stark mit befristeten Beschäftigungen durch Zeit- bzw. Leiharbeit. Zudem tragen Frauen mit unsteten Erwerbsbiographien ein erhöhtes Armutsrisiko im Alter. Zwar möchte die Bundesregierung hier aktuell mit der so genannten Grundrente gegensteuern – als Belohnung für all jene Menschen, die bei geringem Verdienst mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) eingezahlt haben, wie der Versicherungsbote berichtete.

Grundrente: Als Sicherungsnetz gegen Altersarmut zu weitmaschig

Das Rentenreform-Vorhaben "Grundrente" soll hierbei auch "einen Beitrag im Kampf gegen Altersarmut" leisten, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) formuliert. Jedoch gilt als Problem der Grundrente noch immer: Viele Menschen, die im Alter arm sind, haben aufgrund von Krankheit oder unsteten Erwerbsbiographien gar keine Möglichkeit gehabt, jahrzehntelang in die Rentenversicherung einzuzahlen.

Das veranschaulicht unter anderem eine Studie der Bertelsmannstiftung, wie der Versicherungsbote berichtete. So hätte die Grundrente kaum Auswirkungen auf die steigende Armutsrisikoquote im Alter und damit auf die Tatsache, dass immer mehr Menschen durch Altersarmut bedroht sind. Als Sicherungsnetz gegen Altersarmut ist die "Grundrente" demnach zu weitmaschig gestrickt – viele Betroffene erfüllen Bedingungen für den Bezug dieser Rente oder für ein Nutzen der Freibeträge bei Grundsicherung und Wohngeld nicht.

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Letztendlich erfüllt die Grundrente zwar tatsächlich ihren Zweck als "Respekt-Rente" (so Bundesarbeitsminister Hubertus Heil) für lange Beitragszahlungen bei niedrigem Einkommen. Als Kampf gegen Altersarmut (und damit auch gegen drohende Verschuldung im Alter) ist sie jedoch nicht geeignet, wie auch ein Artikel der Zeit pointiert. Die Ergebnisse des aktuellen SchuldnerAtlas 2019 können damit auch als Handlungsauftrag an die Politik interpretiert werden, Altersarmut und zunehmende Verschuldung im Alter abzuwenden.

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