Die beiden Gutachter – Hans-Jürgen Papier und Hans-Peter Schwintowski – sind ja renommierte Juristen. Aber sie haben offensichtlich vom Auftraggeber problematische Vorgaben bekommen. Eine Vorgabe lautete, dass der Provisionsdeckel für alle angebotenen Lebensversicherungen gleichermaßen gültig sein soll. Das ist nach meinem Wissensstand überhaupt nicht angedacht. Sondern er soll für Versicherungsanlageprodukte gelten, aber zum Beispiel nicht für die Absicherung biometrischer Risiken. Er macht ja bei einer Risikolebensversicherung oder einer typischen Berufsunfähigkeitsversicherung auch kaum Sinn. Das ist der erste Punkt.

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Ein zweiter Punkt: Laut Gutachten sollen die gedeckelten Provisionen nicht nur die Abschlussprovision, sondern auch die sogenannte Betreuungsprovision umfassen. Aber das fordert keiner. Die 2,5 Prozent des Deckels beziehen sich ja bei der Zillmerung auf den Abschlussteil. Und Drittens soll es Vermittlern dann sogar verboten sein, vom Kunden über die Abschlussprovision hinaus noch eine Vergütung zu nehmen. Schließlich soll viertens auch die Honorarberatung gedeckelt werden! Auch das ist jedoch gar nicht angedacht. Zudem gibt es in dieser ganzen Sache ein paar Schnitzer: Herr Papier hatte in seinem Gutachten auf Seite 17 geschrieben, Provision und Honorar sind austauschbar. Aber das eine, die Abschlussprovision oder Courtage, ist eine erfolgsabhängige Vergütung, während ein echtes Honorar eine Tätigkeitsvergütung ist.

…und Honorarberatung ist ja auch gewollt, das ist ja auch der Vergütungsweg, den der Gesetzgeber stärken möchte…

Ja. Und deswegen haben wir auch in einer Stellungnahme gesagt: Wer falsch abbiegt, kommt ans falsche Ziel.“ Die Prämissen stimmen nicht. Und nicht nur das: Wenn Sie die Gutachten gesehen haben, behaupten beide, dass sich die Qualität der Beratung mit einem Abschlussdeckel verschlechtern werde, also eine „Qualitätsabwärtsspirale“ einsetzt. Wir denken aber, dass es auf die Pflichten ankommt, um die Qualität der Vermittlung zu sichern, nicht auf den Preis. Wenn der Gesetzgeber eine Höchstvergütung festlegt, dann mit einer Qualitätsabwärtsspirale zu argumentieren: Ist das plausibel? Man geht in ein Parlament hinein, wo massenweise Juristen sind, die – wenn sie nach Gebührenrecht abrechnen – eine Deckelung haben. Nehmen die nicht ihre Pflichten als Anwalt wahr? Haben wir eine Qualitätsabwärtsspirale bei Ärzten, die ja auch nur ganz bestimmte Sachen abrechnen dürfen? Deshalb ist das, was da abläuft, der Versuch – so will ich das mal formulieren – von ganz bestimmten Vertriebsformen, im Spiel zu bleiben.

Sehen Sie auch Chancen eines Provisionsdeckels? Sie hatten ja im Verband auch erklärt, dass man einen Missbrauch der Provisionen durchaus beobachten kann…Könnten von einem Deckel Makler profitieren, die wirklich im Kundeninteresse vermitteln und nicht auf hohe Provisionen setzen, sondern auf die Qualität der Beratung?

Ich will es mal anders formulieren: Ein Deckel hat deutlich weniger Auswirkungen auf jene Vermittlungsbetriebe, zu denen unsere Mitglieder gehören, die eben im Schwerpunkt nicht Leben beraten und vermitteln, sondern eine vernünftige Durchdringung zwischen Komposit-, Leben- und Krankenversicherung. Dafür muss der Deckel natürlich vernünftig gewählt sein, und das bedeutet: ausreichend hoch. Wenn Sie den Deckel bei 0,5 Prozent ansetzen würden oder bei einem Prozent, wie es jetzt im europäischen Bereich für das Pan European Pension Product (PEPP) gedacht ist, geht das nicht.

Aber die Struktur unserer Mitgliedsbetriebe sieht so aus, dass der Leben-Anteil im Schnitt nicht mehr als zehn bis 15 Prozent ausmacht, davon auch noch ein Großteil durch betriebliche Altersvorsorge. Und diese Vermittler werden natürlich davon anders betroffen sein als reinrassige Lebensvermittler, bei denen naturgemäß der Neuabschluss in Kombination mit der Abschlussvergütung eine andere Gewichtung hat. Wer mehr braucht, sind mehrgliedrige Vertriebsorganisationen, die einen speziellen Fokus auf Leben haben. Man muss natürlich sagen, dass andere Verbände, in denen andere Arten von Vermittlern organisiert sind, natürlich auch ihre Interessen verfolgen. Das ist auch legitim. Wir verfolgen nur ein anderes Ziel. Und wir glauben, dass es einem Verband, der die Sachverwalter des Kunden repräsentiert, ganz gut zu Gesicht steht, sich auch mal zu fragen: Was bedeutet das denn für den Kunden?

Früher haben bestimmte Vertriebe auf die anderen runtergeschaut und gesagt: „Wir sind ja viel erfolgreicher“. Nachhaltiger aber ist aus unserer Sicht unser Modell: nicht so sehr auf Abschlüsse zielen, sondern mit zufriedenen Kunden den Bestand sichern und ausbauen. Insofern sehen wir die Entwicklung ziemlich gelassen. Wir möchten, das ist unser Ziel, bei Leben und bei der privaten Altersvorsorge im Spiel bleiben. Und dazu sind wir zu gewissen Kompromissen bereit – unter der Voraussetzung, dass wir eine faire Chance haben.

Daraus könnte man schlussfolgern, dass Sie die Bestandspflege im Vergleich zum Vertragsabschluss höher vergütet sehen möchten.

Unsere Mitglieder haben schon vor circa fünf Jahren eine Leitentscheidung getroffen, dass wir den Abschlussanteil absenken und den Betreuungsanteil erhöhen. Ein Abschlussanteil ist vor allem deshalb notwendig, weil sonst der Berufseinstieg für den jungen Versicherungsmakler mit Schwerpunkt Leben schwierig ist. Das zeigten unsere Modellrechnungen: Ein junger Versicherungsmakler mit einer bestimmten Anzahl an Beratungsfällen würde bei einem durchschnittlichen Geschäft und 2,5 Prozent Provision die ersten Jahre deutlich unter dem Mindestlohn bleiben. Deshalb haben wir dann ein Stufenmodell entwickelt und haben gesagt: bis 30.000 Euro Beitragsvolumen darf die Abschlussvergütung 3,5 Prozent betragen, zwischen 30.000 und 60.000 2,75 Prozent und ab 60.000 zwei Prozent – wohl wissend, dass ein Großteil unserer Mitglieder bei hochvolumigen Verträgen sowieso rabattierte Gruppenverträge nimmt. Über zwei Prozent wird da an Abschlussprovision meistens nicht bezahlt. Bei einem solchen Modell steht aber natürlich außer Frage, dass dem Vermittler auch ein laufendes vernünftiges Betreuungsentgelt gezahlt werden darf und muss.

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Die Fragen stellte Sven Wenig

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