Versicherungsbote: Herr Wirth, was hat sich denn nun mit der IDD-Umsetzung in Bezug auf die Möglichkeit Honorar vom privaten Kunden zu nehmen für Makler geändert beziehungsweise wird sich ändern?

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Norman Wirth: Nichts. Der Gesetzgeber ist gerade in letzter Minute nach großem Einsatz unter anderem des Maklerverbandes AfW davon abgerückt, ein sogenanntes Provisionsgebot einzuführen. Wäre das, wie ursprünglich geplant, gekommen, hätten Makler tatsächlich keine alternativen Vergütungsformen zur Courtage mehr praktizieren können.

Klaus-Peter Flosbach, der bis vor kurzem für die CDU dem Bundestag angehörte, sagte in der Abschlussdebatte im Bundestag bei der zweiten und dritten Lesung des IDD-Umsetzungsgesetzes: „Wir wollen Versicherungsmakler nicht zu Abhängigen machen. Wir wollen in Zukunft die Honorarberatung stärken. Das geht ausschließlich über die Versicherungsmakler, und das haben wir jetzt mit dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung geregelt.“ Das zielte ausschließlich darauf, dass das Provisionsgebot nicht eingeführt wurde, sondern es den Maklern wie bisher frei bleiben soll, die Art der Vergütung zu wählen.

Was ist also nach Inkrafttreten des IDD-Umsetzungsgesetzes noch möglich?

Bei Gewerbekunden sowieso alles. In § 34 d Absatz 1 Satz 4 Gewerbeordnung (GewO) heißt es: „Die einem Versicherungsmakler erteilte Erlaubnis beinhaltet die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten.“

Damit ist der Versicherungsmakler dem Versicherungsberater (§ 34 e GewO alte, bereits nicht mehr vorhandene Fassung) in Bezug auf Gewerbekunden gleichgestellt. In dem Fall ist also keine Vermittlungsabsicht - geschweige denn ein Vermittlungserfolg - erforderlich.

Und was müssen Versicherungsmakler beachten, wenn sie Privatpersonen gegen Honorar beraten wollen?

Beim Privatkunden stellen sich folgende Fragen, um zu klären, ob ein Honorar zulässig ist oder nicht:

  1. Ist die jeweils fragliche Tätigkeit des Versicherungsmaklers erlaubt beziehungsweise gibt es ein gesetzliches Verbot?
  2. Wenn die Tätigkeit grundsätzlich vom Makler ausgeführt werden kann, darf er dafür eine Vergütung vom Kunden bekommen?

Können Sie das etwas veranschaulichen?

Die Betreuung des Kunden ist selbstverständlich erlaubt. Vielfach wird vertreten, dass es sogar eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung des Kunden nach Vertragsvermittlung gibt. Dem steht entgegen, dass der Gesetzgeber eine solche Pflicht in § 6 Abs. 4 VVG nur den Versicherern aufgegeben hat. Jedenfalls ist es usus und auch regelmäßig von den Kunden und Maklern gewollt, dass eine dauerhafte Betreuung stattfindet. Dies wird auch nahezu immer im Maklervertrag vereinbart, was unstreitig zulässig ist.

Die Unterstützung im Schadensfall war bisher ein stetes Streitthema. In dem mit IDD neugefassten § 34d Absatz 1 Satz 4 GewO wird der Begriff der Versicherungsvermittlung nun konkretisiert. Die Tätigkeit als Versicherungsvermittler umfasst danach auch unter anderem das Mitwirken bei der Verwaltung und Erfüllung von Versicherungsverträgen, insbesondere im Schadensfall. Damit greift der Gesetzgeber den genannten typischen Streitfall der Vergangenheit auf, ohne ihn jedoch abschließend zu regeln. Denn immer wieder stand die Frage im Raum, ob die Unterstützung im Schadensfall eine nebenvertragliche Maklerpflicht oder nicht schon einen unerlaubte Rechtsdienstleistung ist. Obwohl aber jetzt die Unterstützung im Schadensfall als Maklerpflicht gesetzlich festgeschrieben ist, erfolgt damit keine konkrete Trennung zwischen erlaubt und nicht erlaubt. Die Grenze zwischen zulässiger Betreuung und unerlaubter Rechtsberatung ist und bleibt fließend. Makler sollten insofern auch in Zukunft im Zweifel ihre Kunden eher auf einen spezialisierten Anwalt verweisen, unter anderem um:

  1. ein Abmahnrisiko zu vermeiden;
  2. sich nicht dem Risiko auszusetzen, den eigenen Kunden fehlerhafte Hilfestellung zu geben
  3. und hierfür ggf. auch keinen Schutz der eigenen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung zu haben;
  4. und Zeit für die eigentliche Tätigkeit frei zu halten.

Auch Beratungen mit dem Ziel des Abschlusses, bei denen es – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu einem Abschluss kommt, sind selbstverständlich erlaubt. Erst muss schließlich beraten werden, um die objektiven und subjektiven Bedürfnisse des Kunden zu erfahren. Insofern ist diese Beratung gem. § 61 VVG sogar gesetzliche Pflicht.

Der Sonderfall der Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung (§ 204 VVG) ist dagegen äußerst strittig. Das die ausschließliche Beratung eines Neukunden zum Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft einer privater Krankenversicherung gem. § 204 VVG so pauschal zulässig ist, wie es zuletzt der DIHK am 1.7.2014 verlautbart hat und wie auch das LG München (Urteil vom 16.05.2013, Az. 4 HK O 5253/12) geurteilt hat, wird hier in Zweifel gezogen. Beide setzen einen Tarifwechsel gem. § 204 VVG mit einem Neuabschluss eines Versicherungsvertrages gleich. Was irritierend ist, da es sich ganz klar nur um eine Vertragsänderung handelt und ein Neuabschluss eines PKV-Vertrages häufig gar nicht gewollt ist. Es ist also auch gut vertretbar, dass hierfür eine gewerberechtliche Zulassung als Versicherungsberater gemäß § 34 e GewO erforderlich ist. Das letzte Wort dürfte eines Tages der BGH sprechen.

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Selbstverständlich zulässig sind auch sonstige Nebendienstleistungen. Das betrifft zum Beispiel: das Sortieren der Unterlagen, zur Verfügung stellen von Onlinezugriff auf die eigenen Daten etc.; Ebenfalls erlaubt ist die Vermittlung von Nettopolicen, Policen von Direktversicherern und Versicherungsverträgen ohne Courtagezusage.

Die Vergütung von Versicherungsmaklern

Wenn die Tätigkeit grundsätzlich vom Makler ausgeführt werden kann, darf er dafür eine Vergütung vom Kunden bekommen?

Der Gesetzgeber hat zur Frage der Vergütung von Versicherungsmaklern herzlich wenig abschließend geregelt. Das ist aber auch gut so. Denn somit gilt: Es besteht umfassende Vertragsfreiheit zwischen Makler und Kunde. Tätigkeiten, die zulässig sind, weil sie nicht verboten sind oder sogar vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind, kann sich ein Versicherungsmakler vergüten lassen. Jede Tätigkeit! Das gilt uneingeschränkt, soweit diese Tätigkeit entweder im Zusammenhang mit dem Versuch und der Umsetzung steht, dem Kunden die Gelegenheit zum Abschluss eines Versicherungsvertrages zu bieten. Das gilt aber auch, soweit Handlungen, wie die Betreuung oder zulässige Hilfe im Schadensfall als Folge zu bereits vermittelten Verträgen erfolgen. Es gilt zudem auch unabhängig davon, ob die Vergütung als Erfolgshonorar oder unabhängig von einem Erfolg vereinbart.

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Insofern hier einige Beispiele darüber, was möglich ist:

  • Stundenhonorar für Beratung (mit dem Ziel des Vertragsabschlusses)
  • Quotenvereinbarung (z.B. für den Nachweis gleichwertigen Versicherungsschutzes zu einem günstigeren Preis)
  • Schadenbearbeitung (z.B. über Stundenhonorar)
  • Vermittlungsvergütung für die Vermittlung von Direktversicherungen, Nettotarife, Verträge ohne und mit Courtagezusage

Der letzte Punkt ist sicherlich am strittigsten.

Also können Makler auch für die Vermittlung von Nettopolicen Honorare bekommen?

Vergütungsvereinbarungen sind in Bezug auf Nettotarife für Verbraucher zulässig. Zur Gültigkeit von Honorarvereinbarungen in der Sparte Lebensversicherung gibt es bereits eine Reihe von BGH-Urteilen, welche die Zulässigkeit bestätigen. Beginnend im Jahr 2005 mit den ATLANTICLUX-Fällen bis in die letzten Monate, wo der BGH – erstaunlicher Weise – sogar für einen Versicherungsvertreter die Zulässigkeit einer gesonderten Vergütungsvereinbarung bei Vermittlung einer Nettopolice feststellte.

In den übrigen Fällen kann ein Versicherungsmakler selbstverständlich auch eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Hier gilt schon der Grundsatz der Privatautonomie und nirgends ist geregelt, dass sich ein Versicherungsmakler nicht für seine Tätigkeit bezahlen lassen darf. § 667 BGB ist aber ebenso zu beachten, wie die KickBack-Rechtsprechung des BGH.

Wenn dem Kunden transparent offengelegt wird, in welcher Höhe und wofür der Makler Courtage bekommt und sich Kunde und Makler darüber einig sind, dass darüber hinaus auch ein Honorar des Kunden an den Makler gezahlt wird, steht dem grundsätzlich nichts entgegen. Das Entscheidende ist, dass der Kunde keinen Anlass haben darf, später zu sagen "Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich damit nicht einverstanden gewesen." Der Einwand, dass mit der Courtage alle Tätigkeiten des Maklers abgegolten seien und damit keine Honorar mehr genommen werden darf, sollte in Zeiten sinkender Courtagesätze dringend hinterfragt werden. Mit einem klaren „Warum eigentlich?“.

Exkurs: Ein gängiger Einwand gegen bestimmte alternative Vergütungsmodelle war lange das Provisionsabgabeverbot. Es war jedoch nach einem hervorragend begründeten Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt a.M. (24.10.2011 - 9 K 105/11.F) in seiner damaligen Ausgestaltung quasi tot.

Der Gesetzgeber hat es nun, ohne Not und ohne sinnvolle Begründung wieder eingeführt. Es ist nunmehr im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) neu geregelt. Eine weitere neue Regelung zum Provisionsabgabeverbot findet sich für Versicherungsvermittler im neuen § 34 d Gewerbeordnung, welcher aber konkreten Bezug zu der neuen Regelung im VAG nimmt.

Diese neue Bestimmung, welche grundsätzlich verbietet, Zuwendungen, an Versicherungskunden weiter zu geben, hat Ausnahmen. Neben einer Bagatellgrenze von 15 Euro je Kunde, Vertrag und Jahr heißt es, dass das Provisionsabgabeverbot keine Anwendung findet, soweit die Zahlung an den Kunden zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrages verwendet wird. Jede Zahlung einer Versicherung oder eines Versicherungsvermittlers an den Kunden kann zumindest indirekt zur Prämienreduzierung führen. Die Diskussion zu diesem Thema ist eröffnet, denn die BaFin vertritt die Meinung, dass eine solche Prämienreduzierung allein direkt im Vertrag, also auch nur unter Mitwirkung des jeweiligen Versicherungsunternehmens erfolgen darf. Eine Begründung gibt dafür das Gesetz nicht her und lässt die BaFin auch konsequent vermissen. Es lohnt sich, hierzu die unterschiedlichen Auffassungen der BaFin (aktuell im Entwurf für ein neugefasstes Rundschreiben zum Versicherungsvertrieb nachzulesen) von Prof. Dr. Schwintowski (zu finden in Zeitschrift für das Versicherungswesen 22 und 23/2017) und in einem von mir verfassten Text (versicherungsjournal.de, 26.9.2017) zur Kenntnis zu nehmen. Es besteht zu diesem Thema eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Insofern empfiehlt sich aktuell keinesfalls, gegen das Verbot zu verstoßen, es sei denn mit kalkuliertem Risiko.

Wie sind die angesprochenen Punkte umzusetzen?

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Immer schriftlich. Immer transparent. Einige dieser Aussagen und Thesen sind unter Fachleuten durchaus umstritten und betreffen rechtliche Grauzonen. Wer sich als Makler konkret mit der Umsetzung von hier gegebenen Anregungen befassen will, sollte sich unbedingt fachkundig beraten lassen.

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