Bis „Anfang September“ hat der Versicherer Ergo mit seinem Betriebsrat Stillschweigen über die Konditionen vereinbart, wie der Personalabbau von 1.800 Menschen abgewickelt werden soll. So steht es in einer ansonsten rekordverdächtig ebenso kurzen wie inhaltsfreien Presseinformation des Konzerns vom 12. August zu dem im Juni angekündigten Personalabbau. Bevor nun die betroffenen Mitarbeiter erfahren, wie sie für den Verlust ihres Arbeitsplatzes abgefunden werden und womit und wann sie das Unternehmen verlassen sollen, wird der Konzern aktiv.

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Schlechtere Konditionen?

Noch vor offizieller Bekanntgabe erhielten die „Leiter im Vertrieb“, so berichtet es der Ergo-Betriebsrat in einer E-Mail vom 23. August an die „lieben Kolleginnen und Kollegen“, seit Anfang vergangener Woche „bereits Abfindungs- und Vorruhestandsangebote für alle Beschäftigten in der EBV“ (EBV steht für Ergo Beratungs- und Vertriebsgesellschaft). Warum die Eile? „Wir vermuten, dass den Kollegen schlechtere Konditionen angeboten werden als zwischen Ergo und Betriebsrat vereinbart“.

Dies sagte dem Versicherungsboten ein Ergo-Betriebsrat, der den Inhalt des Interessenausgleichs des Unternehmens mit dem Betriebsrat nicht kennt, weil er nicht zum inneren Kreis derer gehört, die auf Arbeitnehmerseite mit Ergo verhandelten. Dass dem Interessenausgleich vorausgehend bereits Nägel mit Köpfen gemacht werden, das ist allerdings nichts Neues. Im Juni, noch am Tage der Verkündung des Personalabbaus, wurde in den Folgestunden Leute für immer heim geschickt: „Wir planen künftig ohne Sie“ (der Versicherungsbote berichtete). Lange müssen die Beschäftigten des Unternehmens nicht mehr auf Klarheit warten. Der zwischen Ergo und Betriebsrat beschlossene Interessenausgleich zu dem vorgesehenen Personalabbau wird in diesen Tagen an die Mitarbeiter bekanntgegeben.

Im Folgenden die E-Mail des Ergo-Betriebsrats im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie wir erfahren haben, erhalten die Leiter im Vertrieb seit Anfang dieser Woche bereits Abfindungs- und Vorruhestandsangebote für alle Beschäftigten in der EBV. Es handelt sich um einen Vorgriff auf die noch zu unterzeichnenden Papiere zum Interessenausgleich und Sozialplan. Unabhängig davon sind die Angebote ohne Berücksichtigung einer noch bevorstehenden Sozialauswahl!

In den Einzelgesprächen (auch telefonisch) soll mit Ihnen besprochen werden, ob Sie an einem dieser Angebote interessiert sind. Vielfach ist die Rede davon, dass man sich spätestens bis zum 2.9.2016 entscheiden soll.

Wir empfehlen Ihnen folgendes:

1. Unterschreiben Sie bitte keine Formulare und geben Sie keine Willenserklärungen ab bevor Sie nicht die Inhalte der vereinbarten Regelungen kennen und mit uns gesprochen haben!

2. Es gibt keine mit der Gesellschaft verabredete „Entscheidungsfrist“, da es sich hierbei nur um eine unverbindliche Abfrage des Arbeitgebers handelt, die keinerlei Konsequenzen hat!

3. Die Inhalte des Interessenausgleichs und Sozialplans werden wir im Rahmen der Betriebsversammlung am 1.9.2016 darstellen. Auf die speziellen Themen der Außenstellen der ERGO Pro werden wir zusätzlich in einer gesonderten Versammlung am 31.8.2016 eingehen.

Warum dauert das noch bis zum 31.8.2016? Die Inhalte der Verhandlungen zum Interessenausgleich und Sozialplan müssen noch in den Dokumenten wechselseitig qualitätsgesichert werden. Dies braucht schlicht und ergreifend seine Zeit.

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Vermeiden Sie bitte derzeit Eigenkündigungen, da ansonsten der Anspruch auf Sozialplanleistungen erlöschen kann. Auch hier gilt, dass Sie uns bitte vorher unbedingt kontaktieren sollten.

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