Der Prozess (Az. Ka 8 O 373/14) fand unter dem Vorsitz einer Einzelrichterin vor der 8. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn statt. Für die Klägerseite erschienen der Kläger persönlich und eine geladene Zeugin, die Gattin des Klägers. Für die Beklagtenseite der Beklagte persönlich zusammen mit mir als seinem rechtlichen Vertreter.

Die Richterin führte zu Beginn der Verhandlung in den Sach- und Streitstand ein. Sie legte die von Klägerseite ausgeführten Argumente dar und führte aus, dass sie sich einen Vergleich im unteren Bereich vorstellen könnte. Die Klägerseite hatte in den vorbereitenden Schriftsätzen sehr ausführlich zu angeblichen Prospektfehlern beim POC II vorgetragen. Diesem Vortrag waren wir umfangreich entgegengetreten und sind der Auffassung, dass wir jeden angeblichen Fehler entkräften konnten. Dies sah augenscheinlich auch die Richterin ähnlich, da sie äußerte, dass sie der Klage unter dem Blickwinkel möglicher Prospektfehler eher geringe Erfolgsaussichten beimessen würde. Aus naheliegenden Gründen kann ich die angeblichen Prospektfehler hier nicht im Einzelnen benennen, da ich anderen Klägern keine „Ideen“ für ihre Klagen betreffend Vermittlerhaftung geben möchte.

Vergleich kam nicht in Betracht

Gemäß unserer vorab definierten Strategie für den Prozess kam für uns ein Vergleich vor der Beweisaufnahme bzw. der Anhörung der Parteien nicht in Betracht. Ich hatte die Prozessstrategie mit meinem Mandanten zuvor besprochen, wie wir dies im Bereich der Vermittlerhaftung grundsätzlich vor jeder Verhandlung individuell tun. Ferner hatte ich den Sachverhalt in den vorbereitenden Schriftsätzen in enger Abstimmung mit meinem Mandanten dezidiert aufbereitet, weshalb wir eine gute Grundlage zur Einschätzung unserer Prozessaussichten hatten.

Im Rahmen der Anhörung der Parteien, die nahezu zwei Stunden beanspruchte, konnten wir durch umfangreiche Vorhalte aus den Akten und gezielte Fragen an den Kläger nach unserer Ansicht unsere Darstellung des Sachverhaltes und der Beratungssituation dem Gericht glaubhaft machen. Durch Vorhalte aus den schriftlichen Dokumenten konnten wir nach unserer Einschätzung in der Verhandlung belegen, dass die Erinnerung des Klägers an der einen oder anderen Stelle nicht mehr ganz zutreffend sein konnte.

Schließlich wurde die Verhandlung nach der Anhörung der Parteien unterbrochen und die Gespräche wieder aufgenommen. Es kristallisierte sich heraus, dass die Klägerseite nur noch geringe Erfolgsaussichten haben würde.

Die Klägerseite entschloss sich nach weiteren internen Erörterungen mit ihrem Anwalt dazu, die Klage zurückzunehmen. Hierfür waren mutmaßlich Kostengesichtspunkte maßgeblich, da eine Klagerücknahme weniger Kosten verursacht als ein unterliegendes Urteil. Die Beklagtenseite erklärte sich nach Rücksprache mit mir im Hinblick auf die Restrisiken einer möglichen Berufung – wir hatten zu diesem Zeitpunkt kaum mehr Zweifel, den Prozess in der ersten Instanz zu gewinnen – dazu bereit, auf die Stellung eines Kostenfestsetzungsantrages zu verzichten.

Die Klage wurde dann in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Schlussfolgerungen für andere Verfahren: Keine eindeutigen Prospektfehler

Damit liegt nunmehr die – soweit ersichtlich erste – konkrete Erfahrung aus einem Vermittlerprozess vor. Hieraus lassen sich zumindest gewisse Schlussfolgerungen für andere Verfahren ziehen. Grundsätzlich ist im Bereich der Vermittlerhaftung bzw. der Beraterhaftung das Augenmerk zwar auf den Einzelfall zu richten.

Jedenfalls lässt sich aus dem Verlauf jedoch ableiten, dass wir auf Basis unserer Erfahrung die richtige Strategie eingeschlagen hatten und darüber hinaus, dass jedenfalls beim POC II nach Einschätzung des Landgerichts Heilbronn keine eindeutigen Prospektfehler bestehen.

Gründung einer Vermittlervereinigung

Es hat sich nach unserer Einschätzung bezahlt gemacht, dass wir der sehr ausführlichen Klage auch in der entsprechenden Ausführlichkeit entgegengetreten sind und uns dabei mit unserem Mandanten eng abgestimmt haben.

Die vorgebrachten Argumente werden sich im Verlauf weiterer Verfahren zur Vermittlerhaftung noch ausbauen und vertiefen lassen, insbesondere wenn wir erste Urteile erstritten haben werden.

Dieses Wissen werden wir dann entsprechend unserer üblichen Vorgehensweise in derartigen Haftungskomplexen immer weiter ausbauen und von einem Verfahren auf das andere übertragen. Dank dieser Strategie können wir nunmehr beispielsweise im Komplex zur Vermittlerhaftung bei der Vertretung von ehemaligen Beratern der Infinus AG FDI in jedem Einzelprozess eine Vielzahl von Urteilen aus Parallelverfahren vorlegen, um unsere Rechtsmeinung zu stützen. Es wurde noch kein Prozess verloren.

Allerdings ist dies natürlich nur möglich, wenn die betroffenen Vermittler ihr Wissen bündeln, so wie dies auch Anleger in den bekannten „Interessensgemeinschaften“ tun. Zu diesem Zweck haben wir – wie wir dies schon betreffend andere Kapitalanlagen getan haben – eine Vermittlervereinigung ins Leben gerufen, um die Interessen der Vermittler zu bündeln und eine Wissenszentralisierung zu bewirken.

Dieser Vermittlervereinigung kann man sich über unsere Plattform www.finanzberaterhaftung.de anschließen. Dort geben wir betroffenen Vermittlern auch ganz konkret Hilfestellung, wie mit den eigenen Kunden umzugehen ist und wie man sich am sinnvollsten Verhält, wenn man mit Forderungen von Kunden oder deren Anwälten konfrontiert wird.