Die Bundesregierung muss sparen, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein sogenanntes Sondervermögen für verfassungswidrig erklärt hat: Stark vereinfacht sahen die Regeln dafür vor, dass Schulden mit weiteren Schulden finanziert werden durften und der Bund unbegrenzt Kredite aufnehmen konnte. Nun fehlen dem Bund mindestens 60 Milliarden Euro, weitere Sondervermögen sind vakant. Doch wo soll der Rotstift angesetzt werden? Der Nachtragshaushalt der Bundesregierung sieht auch Einsparungen bei den Sozialversicherungen vor. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend.

Anzeige

So will die Bundesregierung den Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung deutlich herunterfahren. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Ampel vier Sonderzahlungen in Höhe von jeweils 500 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2025 nachträglich gestrichen. Nun sieht der aktuelle Entwurf des Haushaltsfinanzierungsgesetzes zusätzlich vor, dass der sogenannte Erhöhungsbetrag zum zusätzlichen Bundeszuschuss in den Jahren 2024 bis 2027 um jährlich 600 Millionen Euro gekürzt wird. Das berichtet die „Frankfurter Rundschau“ am Mittwoch.

Bei Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, sorgen die Kürzungspläne für Missmut. Sie befürchtet, dass die Bundesregierung ihre Kassen zulasten der gesetzlich Rentenversicherten finanzieren will. „Mit der nochmaligen Kürzung des Bundeszuschusses in dreistelliger Millionenhöhe bricht der Bund wiederholt feste Finanzierungszusagen gegenüber der Rentenversicherung. Die Konsolidierung des Bundeshaushalts hat hohe Priorität. Doch darf sie nicht zulasten der Rentenversicherung gehen. Mit der Verlässlichkeit von Zusagen steht und fällt das Vertrauen in die gesetzliche Rente“, sagte Rossbach laut einer Pressemeldung.

Laufende Rentenzahlungen seien zwar von den Kürzungen nicht betroffen: verständlicherweise, denn Kürzungen bei der Rente sind gesetzlich untersagt. Aber im Zweifel fehlt das Geld für zukünftige Generationen. „Die Rücklage der Rentenversicherung ist derzeit noch gut gefüllt, weil seit längerem höhere Beiträge gezahlt werden als erforderlich“, lässt sich Roßbach zitieren. Und weiter: „Die Beitragszahler haben so einen Puffer für die anstehenden demografischen Herausforderungen geschaffen. Der Bund hingegen steht erneut nicht zu seinem Finanzierungsanteil. Vielmehr bedient er sich bei der Rentenversicherung. Das ist keine verlässliche Finanzierung“, sagt die DRV-Präsidentin.

Aktienrente kommt - Rentenniveau bis 2039 garantiert

Vor diesem Hintergrund lässt es aufhorchen, dass ein wichtiges Vorhaben der Bundesregierung nun doch kommen soll, sofern nicht noch anders entschieden wird. In einer Pressemitteilung kündigt die Bundesregierung an, dass im Rahmen des Rentenpakets II das sogenannte Generationenkapital - besser bekannt als „Aktienrente“ - im Jahr 2024 auf den Weg gebracht werden soll. Dieses Vorhaben war infolge der Haushaltskrise zunächst gekippt worden. Ursprünglich sollte das Generationenkapital schon 2022 starten.

Der Hintergrund: Mit dem Generationenkapital soll ein zusätzlicher Kapitalstock für die gesetzliche Rente geschaffen werden, um zukünftige Beitragssteigerungen abzumildern. Und auch das Rentenniveau in der gesetzlichen Rente soll länger garantiert werden als bisher kommuniziert: bis zum Jahr 2039. Das Rentenniveau ist eine statistische Größe, die das Verhältnis der Durchschnittsrente zu den Durchschnittslöhnen widerspiegelt: Wird es unterschritten, greift der Bund mit Steuergeldern ein.

"Der Bundeszuschuss an die Gesetzliche Rentenversicherung wird um 600 Millionen Euro reduziert", heißt es nun im Pressetext der Bundesregierung. Und weiter: "Im Rahmen des Rentenpakets II, das im ersten Quartal 2024 beschlossen werden soll, wird ein Rentenniveau von 48 Prozent bis zum Jahre 2039 garantiert und das Generationenkapital zur Dämpfung von Beitragssatzsteigerungen eingeführt".

Anzeige

Doch auch bei der gesetzlichen Pflegeversicherung will die Bundesregierung den Rotstift ansetzen. Nach Informationen der BILD-Zeitung soll der Zuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro gestrichen werden - obwohl die Pflegeversicherung bereits notorisch unterfinanziert ist. Dieses Geld soll aus Vorsorgefonds für Notlagen gestrichen werden. „Bei der Pflegeversicherung zu sparen, heißt bei den Schwächsten zu sparen. Dafür haben wir kein Verständnis“, zitiert die BILD Gernot Kiefer, Vize-Vorstandschef des GKV-Spitzenverbandes.

Anzeige