★★★☆☆ KEINE ANGST VOR GELD! von Matthias Krapp erzählt die Geschichte des fiktiven Malermeisters Max Pinsel. Dieser bunkert nach Verlusten und schlechten Erfahrungen mit Finanzberatern sein Erspartes lieber auf dem Sparkonto. Doch eines Tages kommt sein Sohn Ben mit abenteuerlichen Ideen aus seinem Börsenverein um die Ecke. Und auch ein alter Vertrauter von Max Pinsel will ihn aus seiner misslichen Lage voller Verunsicherung und Vorurteilen befreien.

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Celine Nadolny

Celine Nadolny

Celine Nadolny ist mit Book of Finance Deutschlands einflussreichste Sachbuchkritikerin. Mit mehr als 300 rezensierten Sachbüchern erhielt sie mittlerweile 12 Branchenpreise und ist somit die meistausgezeichnete Finanzbloggerin der DACH-Region. Celine möchte so viele Menschen wie nur möglich dazu inspirieren, mehr zu lesen, ihre Finanzen in die Hand zu nehmen und ein erfüllteres Leben zu führen.

Der Roman klärt über die Tricks und Abzocke der Finanzindustrie auf und gibt den Lesern grundlegende Tipps zur Geldanlage an die Hand. Max Pinsel muss dabei als Negativbeispiel herhalten. Er ist ein typischer Unternehmer, der das gefundene Fressen für umtriebige Verkäufer darstellte. In puncto Vermögensbildung durfte er jede Menge schlechte Erfahrungen sammeln.

Am Ende schiebt Pinsel Themen wie Vermögensaufbau, Altersvorsorge und Absicherung mehr und mehr zur Seite, bis er nicht mehr kann. Die Geschichte ist gut geschrieben und zeigt schonungslos auf, wie ahnungslose Kunden von der Finanzindustrie ausgenutzt werden. Es gelingt dem Autor, den Leser aufzuwecken und zu zeigen: Die eigene Finanzplanung muss man unbedingt genau überprüfen.

„Herr Pinsel. Willkommen in unserem Hause. Setzen Sie sich. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“ Ich fühle mich wie ein millionenschwerer Scheich. Hofiert wie noch was. Auf dem Tisch des Berater-zimmers stehen frische Nelken.
[…] Ich werde entsprechend hellhörig, denn der Berater verhält sich irgendwie komisch. Er ist einfach viel zu nett. „Ich würde Ihnen daher raten, einen Teil des Geldes anzulegen: in eine denkmalgeschützte Immobilie! Da kann nichts schiefgehen, das versichere ich Ihnen.“ Davon habe ich in letzter Zeit öfter gehört. Alle möglichen Leute um mich herum schwören auf diese Geldanlage in Sachwerten und reden ganz begeistert davon. Außerdem schrieb die Bildzeitung das neulich auch. Man solle unbedingt in Immobilien investieren, wenn man sein Geld sicher und mit Gewinn anlegen will. ‚Herr Pinsel, was meinen Sie dazu? Sie sollten sich schnell entscheiden. Der Markt ist beinahe leergefegt, so groß ist die Nachfrage.‘ Ich werde leicht nervös. Das kenne ich von mir sonst nicht. ‚Ich nehme bitte doch einen Kaffee‘, ist alles, was ich sagen kann.
[…] Ich kann keinen Fehler finden und sowieso sitze ich hier bei einer bekannten Bank Deutschlands. Das sind schließlich keine Abzocker. Ich fange Feuer. ‚Herr Pinsel, noch was.‘ Wie jetzt, gibt's doch einen Haken? ‚Wollen Sie nicht vielleicht noch weitere 30.000 vom Sparbuch nehmen und in Zertifikaten anlegen?‘“
Matthias Krapp

Allerdings wiederholt sich das Buch an einigen Stellen. Insgesamt gibt die Geschichte von Max Pinsel meiner Meinung nach nicht ausreichend her, um damit ein ganzes Buch zu füllen. Zumindest nicht, ohne zusätzlich einen Sachbuchanteil einzuschieben. Inhaltlich begleiten wir den Protagonisten zwar durch lebensentscheidende Phasen, bekommen dabei aber recht wenig finanzielle Tipps vermittelt. Am Ende sind es vor allem die gängigen Ratschläge. Die werden aber bereits so oder so ähnlich auf jedem einigermaßen guten Finanzblog vermittelt und kratzen leider allzu oft zu sehr an der Oberfläche.

„Meine neue Bank ist top. Das tröstet mich zwar nur geringfügig über die verlorenen 9.000 Euro hinweg, aber das Leben muss ja weitergehen. Und die Klage konnte ich sowieso vergessen. Hätte nichts gebracht außer Ärger. Ganz anders meine neue Bank. Die klauen mir nichts, sondern schenkten mir sogar was zu Weihnachten. Nicht bloß ein paar läppische Kugelschreiber mit eingravierter Werbung. Nein! Eine Schlemmerbox mit Wein und Feinkost aus Spanien bekam ich überreicht. Sogar persönlich von meinem Bankberater. Der hat Gott sei Dank einen Namen, den man problemlos aussprechen kann: Martin Müller.
Ich bin so froh – auch dass er mir kurz vor Jahresende noch den Deal mit den offenen Immobilienfonds klarmachen konnte. Ich vertraue ihm blind, denn er ist der Onkel der Ehefrau meines Golf-Freundes Karl und schon ewige Zeiten bei dieser Bank. Karl schwört auf ihn. Und ich tue das jetzt auch.“
Matthias Krapp

Insgesamt ist das Buch jedoch eine positive Werbung für das Prinzip der Einfachheit. Und es rüttelt den Leser auf, sich intensiver mit seiner eigenen Finanzplanung zu beschäftigen.
„Er zeigt auf Bens Zettel. Musste nix machen, außer Warten. ‚Das ist das ganze Geheimnis. Du kaufst einmal ein weltweites Aktienpaket. Das lässt du einfach liegen. Sehr lange! Die Gewinne kommen von allein. Wir sprechen hier von 7-8 Prozent Rendite per anno – unter Schwankungen. Das ist das Gegenteil von Spekulieren. Bringt den Brokern und Anlageberatern aber nicht so viel Provision ein.‘“ Matthias Krapp

Die charmante Geschichte bringt zwar die wichtigsten Sachen auf den Punkt. Und sie trägt dazu bei, die Angst und Scheu vor Aktien zu nehmen und über das fehlende oder oft täuschende Finanzwissen aufzuklären bzw. einen besseren Blickwinkel zu erhalten. Aber: Mit sehr empfehlenswerten Finanzbüchern zum Einstieg wie Souverän Investieren für Einsteiger von Gerd Kommer, Das einzige Buch, das du über Finanzen lesen solltest von Thomas Kehl und Mona Linke oder Unangreifbar von Tony Robbins ist es nicht zu vergleichen.

Diese sind allesamt deutlich umfangreicher erklärt. Sie steigen auch inhaltlich tiefer in die Thematik ein und bilden schlussendlich eine deutlich bessere Grundlage zum Einstieg.
Besonders positiv finde ich allerdings, dass der Autor den Mut hat, sich öffentlich gegen die Finanzlobby auszusprechen. Damit setzt er sich für eine Veränderung im Finanzsystem ein. Das ist ein wichtiges Anliegen. Denn die Finanzlobby ist oft sehr mächtig und ihre Interessen stehen meist im Widerspruch zu den Interessen der Menschen.

Krapp hinterfragt die Unabhängigkeit der Finanz- und Versicherungsmakler, die oft durch Provisionszahlungen beeinflusst werden. Da dieser Interessenkonflikt ein großes Problem im Finanzsystem ist, ist es wichtig, dass er thematisiert wird.

„‚Der ist gar nicht unabhängig, wie er immer vorgab. Das ist Betrug‘, schreit sie ungehalten. Ich erkenne meine Mutter kaum wieder. ‚Beruhige dich!‘, mischt Papa sich ein. ‚Ist doch wahr. Nennt sich unabhängiger Finanzberater, nur weil er bei keiner Bank arbeitet. Und ist es dann doch nicht. Er berät die Leute provisionsbezogen und dreht ihnen Dinge an, die ihm viel Kohle bringen, uns aber rein gar nichts. Von wegen unabhängig! Für mich ist das Betrug.‘“ Matthias Krapp

Natürlich könnte man argumentieren, dass der Autor als Honorarberater selbst ein Interesse daran hat, Werbung für seine Zunft und sich selbst zu machen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Honorarberatung der Provisionsberatung vorzuziehen ist. Alles in allem ist dieses Buch eine wichtige Stimme in der Debatte um die Zukunft des Finanzsystems.

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An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Matthias Krapp ist ein unabhängiger Honorarberater. Geboren 1962, hängte er nach 25 Jahren als Diplom-Bankbetriebswirt und Prokurist bei einer Bank seinen Job an den Nagel. Seitdem verfolgt er seine Mission als Finanzerklärer und ist unermüdlich damit beschäftigt, Menschen darüber aufzuklären, wie Vermögensaufbau wirklich funktioniert. Sein Unternehmen ABATUS Vermögens-Management wurde 2021 von finanzwelt.de als einer der besten Finanzdienstleister Deutschlands ausgezeichnet.
Krapp ist auch ein passionierter Podcaster und betreibt den Podcast „Wissen schafft Geld“, in dem er auf eine unterhaltsame und leicht verständliche Art komplexe finanzielle Themen erklärt.
Schlussendlich bleibt es mit drei von fünf Sternen ein gutes Buch, aber eben auch nicht mehr.
Die Konkurrenz am Markt ist dafür einfach zu gut und das Preis-Leistungsverhältnis passt für mich für diesen kleinen Roman nicht zu 100 %. Ich hatte etwas mehr erwartet. Dennoch kann ich das Werk guten Gewissens empfehlen, da ich inhaltlich vollkommen auf einer Linie damit bin.

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