Anzeige

  • Grundsatz 1: Maximalprinzip Hat der Kunde die Möglichkeit, im Produkt seine Portfoliostruktur selbst zu wählen oder liegt kein regelbasiertes Verfahren zur Wahl der Portfoliostruktur vor, so ist im Muster-PIB automatisch die Portfoliostruktur mit maximalen Kosten anzusetzen. Dadurch werden in den Produktinformationen die potentiell höchsten Kosten ausgewiesen.
  • Grundsatz 2: Effektivkosten bei regelbasierter Vorgehensweise: Im Falle einer regelbasierten Portfoliostruktur, bei der zum Beispiel ein festgelegter mathematischer Algorithmus die verschiedenen Anlagetöpfe auswählt, ist in den Produktinformationen ebenfalls die teuerste Wahl anzusetzen.
  • Maximale Aktionärsbeteiligung: Ein weiterer, nicht explizit formulierter Grundsatz sei der, dass beim Sicherheitsvermögen (Deckungsstock) immer von der maximal möglichen Entnahmemöglichkeit der Aktionäre aus dem Kapitalertrag ausgegangen werden muss, berichten die Studienautoren. Alternativ hierzu könnte auch ein Mittelwert über die tatsächlichen Entnahmen der letzten Jahre angesetzt werden.
  • Keine Kickbacks: Bei vielen Fonds seien sogenannte Kickbacks, also Rückerstattungen von (Anteilen an) zu viel gezahlten Kosten üblich. Diese würden die Kosten zusätzlich senken. Die Verrechnung der gezahlten Fondskosten gegen Rückerstattungen in ungewisser Höhe sei beim Ausweisen der Effektivkosten aber nicht erlaubt. Was in der Studie nicht erwähnt wird: Die BaFin kritisiert diese Kickbacks, denn zunächst tragen sie auch zu höheren Kosten und höherer Intransparenz zulasten der Verbraucher bei. Hierbei handelt es sich um eine Art Provision, die Fondsanbieter an Versicherer dafür zahlen, dass bestimmte Fonds vermittelt werden. Zudem kritisiert die BaFin, dass nur bei einem Viertel der untersuchten Anbieter die Kickbacks tatsächlich vollständig an die Sparenden zurückfließen.

Ausgewiesene Kosten in den BIP unrealistisch hoch?

Diese Vorgaben des Gesetzgebers an die Anbieter führen nach Ansicht des Fraunhofer-Instituts dazu, dass in den Produktinformationsblättern unrealistisch hohe Kosten angegeben werden müssen. Die Experten weisen darauf hin, dass sich die Studien, auf deren Grundlage die hohen Kosten der Produkte kritisiert wurden, auf die BIP bezogen haben. "Die bestehenden Muster-PIB zeichnen schnell ein Zerrbild – insbesondere bei nicht fachlich versierten Kund:innen sowie Marktteilnehmenden. Sie eignen sich keinesfalls für allgemeine Aussagen zur tatsächlichen Kostenbelastung von Produkten", sagt der renommierte Aktuar Ralf Korn, Leiter der Studie. Im Muster-PIB werde das jeweilige Produkt „stets deutlich teurer dargestellt – mitunter sogar bis um das Dreifache überhöht“.

Um den Unterschied zwischen den Effektivkosten laut BIP und den „realistischen“ Kosten zu verdeutlichen, haben die Studienautoren berechnet, wie sehr die Rendite schmälern würde, wenn der Kunde oder die Kundin einen beliebten, aber kostengünstigen Fonds wählt. Beispiel Basisrente ohne Beitragsgarantie: Hier wird angenommen, dass die Sparenden 200 Euro monatlich in ihren Vertrag einzahlen und sich für einen beliebten ETF entscheiden, den iShares Core MSCI World. Dieser ETF von BlackRock investiert in eine Vielzahl von Unternehmen aus Industrieländern. Die anfallenden „realen“ Effektivkosten wurden nun mit den ausgewiesenen Effektivkosten nach BIP verglichen, wobei Laufzeiten von 30 und 40 Jahren angenommen wurden.

Tatsächlich unterscheiden sich die „realen“ Effektivkosten von jenen, die im BIP ausgewiesen werden müssen, deutlich. Bei einem Produkt der Allianz müssten demnach laut Muster-BIP bei 30jähriger Laufzeit Effektivkosten von 4,06 Prozent ausgewiesen werden. Die realistischen Effektivkosten bei Wahl des entsprechenden ETFs bewegen sich aber zwischen 1,31 Prozent und 1,34 Prozent, abhängig von der Risikoklasse (siehe Tabelle).

Effektivkosten freier Basisrente-Fondsprodukte unter Maximalkosten und unter realistischen KostenFraunhofer ITWM 2023

Nach Angaben von MLP wurden im Neugeschäft des Jahres 2022 bei Tarifen mit frei wählbaren Fonds ca. 75 Prozent mit kostengünstigen Fonds ausgewählt. Dies würde bedeuten, dass die Kundinnen und Kunden niedrigere „reale“ Effektivkosten haben, als es das Produktinformationsblatt wiedergibt. „Wir schlagen daher dringend das Erweitern des Kostenausweises vor, sodass Verbraucherinnen und Verbraucher die Chance haben, zwischen theoretischer Obergrenze und realistischem Fall zu unterscheiden. So wäre eine bessere Beurteilungsgrundlage gegeben“, sagt Studienleiter Korn.

Anzeige

Die Fraunhofer-Studie mache außerdem klar, warum es unzulässig sei, die in einem Vertrag während der Laufzeit anfallenden Kosten nur auf die von Verbraucherinnen und Verbrauchern eingezahlten Beiträge zu beziehen. Denn dabei werde die ebenso relevante Leistung des Versicherungsprodukts (Rendite-Entwicklung) ganz außen vorgelassen, bemängeln die Autoren. Ein ausführlicher Studienbericht mit Beispielrechnungen kann auf der Webseite des Fraunhofer Instituts heruntergeladen werden.

vorherige Seite
Seite 1/2/

Anzeige