In der Tat können wir nicht wie Start-ups auf der grünen Wiese Dinge ausprobieren. Daher ist es umso wichtiger, sichere Räume zum Experimentieren zu schaffen, um technologisch mitzugehen, aber gleichzeitig unsere Daten und besonders die unserer Kundinnen und Kunden zu schützen.

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Die Gothaer bietet immer noch Fax-Nummern zur Schadenmeldung und Kontaktaufnahme. Warum? Wann ändert sich das?

Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Prozesse und Kundenanliegen zu digitalisieren und automatisieren. Hierbei gehen wir nach Relevanz für unsere Kundinnen und Kunden vor. Das Thema Fax spielt hier keine sehr große Rolle, daher steht es auf der Liste etwas weiter hinten. Zudem erhalten wir noch immer einige Faxe, obwohl andere Kommunikationswege zur Verfügung stehen. Auch aus diesem Grunde bieten wir diesen Kanal noch an.

Wie setzt die Gothaer derzeit Künstliche Intelligenz ein?

Die Gothaer setzt auf Künstliche Intelligenz als zentralen Bestandteil ihrer Geschäftstätigkeit. Dabei kommt KI entlang der gesamten Value Chain zum Einsatz: Beispielsweise werden in der Produktentwicklung regionale Informationen KI-gestützt gewonnen oder im Bereich Marketing und Vertrieb Abwanderungsprognosen erstellt. Auch in der Bestandsverwaltung wird KI eingesetzt, um eingehende Schriftstücke und die Anliegen unserer Kundinnen und Kunden zu klassifizieren und zu verarbeiten. Zusätzlich gibt es eine Plattform mit intelligenten Voice Bots, die telefonische Anliegen von Kundinnen und Kunden bearbeiten.

Welche digitalen Trends dürfen Versicherer und Vermittler aus Ihrer Sicht auf keinen Fall verschlafen?

Auch wenn der mediale Hype um große Sprachmodelle wie ChatGPT etwas abzuebben scheint, müssen sowohl Versicherer als auch Vermittler weiter am Ball bleiben. Wir sind überzeugt, dass generative KI erst am Anfang steht und großes Transformationspotenzial birgt. Als neuer digitaler Megatrend wird generative KI einen großen Teil des Versicherungsgeschäfts erfassen.

Momentan beobachten wir beispielsweise ein großes Interesse an GPT-basierten Informationssystemen, mit denen Chatbots Dokumente durchsuchen, Antworten aus den gefundenen Informationen erstellen und an die Nutzer*innen zurückgeben können. Ein solcher Bot wäre beispielsweise sinnvoll einsetzbar in der Bearbeitung von Kund*innenanfragen oder im internen Wissensmanagement. Da den genauen zukünftigen Anwendungsfällen und den entsprechenden Auswirkungen eine gewisse Unschärfe innewohnt, ist ein kritisch-reflektierter, aber dennoch proaktiver und mutiger Umgang mit diesem Trend nötig.

Hier ist es aus meiner Sicht wichtig, zu überlegen, wofür die Erreichbarkeit hilfreich ist und wo sie zu Stresssituationen für die Kolleginnen und Kollegen führt. Stetige Kommunikation und Ausprobieren von unterschiedlichen Modellen sind aus meiner Erfahrung hilfreich. Auch New Work ist immer im Wandel; und jedes Team muss seinen Umgang damit definieren.

Gönnen Sie sich ab und zu „digital detox“?

Bislang nicht, aber vielleicht wird das ja im nächsten Jahr mein Neujahrsvorsatz ;).

Sollten Unternehmen auch diesbezüglich Angebote für ihre Mitarbeitenden machen?

Um beim täglichen Arbeiten verbunden zu sein, müssen wir digital „on“ sein. Als Unternehmen ist es aber wichtig zu vermitteln, dass außerhalb der Arbeitszeit „on sein“ für jeden etwas Unterschiedliches bedeuten kann und digitale Erreichbarkeit nicht dazu gehören muss.

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Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2023. Das Magazin kann auf der Webseite beim Versicherungsbote bestellt werden.

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