Wenn Amazon eine neue Versicherungslösung auf den Markt bringt, lässt das in der Branche aufhorchen. Nach wie vor gibt es die Überlegung, dass große Online-Giganten den Versicherern ihr Kerngeschäft abluchsen könnten, haben sie doch eine Vielzahl von persönlichen Kundendaten und auch einen privilegierten Zugang zum Kunden - sofern diese Amazon nutzen. Bisher sind die Vorstöße der Kalifornier in den Versicherungsmarkt noch zurückhaltend: und nicht immer von Erfolg gekrönt. 2021 musste Amazon sein Ziel vorerst begraben, den Mitarbeitern eine eigene Krankenversicherung anzubieten: Das hierfür gegründete Joint Venture „Haven“, an dem sich auch Berkshire Hathaway und JP Morgan beteiligten, wurde geschlossen.

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Nun startet Amazon einen neuen Vorstoß, sich mit Versicherungsprodukten zu behaupten. Und hat sich ein durchaus anspruchsvolles Segment herausgesucht. Über den Cloudanbieter AWS sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen eine Cyberversicherung angeboten bekommen: sofern sie IT-Dienste der Amazon-Tochter nutzen. Dies berichtet das US-amerikanische Fachmagazin crn.com.

Anlass für den Service: Unzufriedenheit mit klassischen Versicherern

Ähnlich wie bei dem gescheiterten Versuch, den Amazon-Mitarbeitern eine eigene Krankenversicherung anzubieten, gab die Unzufriedenheit mit den bestehenden Angeboten den Anstoß, selbst aktiv zu werden. Wenn kleine und mittlere Unternehmen einen Cyber-Schutz wollten, müssten sie den Versicherern eine Vielzahl von Daten übermitteln und teilweise monatelang auf ein Angebot warten, klagt Ryan Orsi, der für das weltweite Cloud-Geschäft des AWS-Partner-Netzwerks verantwortlich ist, gegenüber CRN. Aufgrund der hohen Risiken seien die vereinbarten Versicherungssummen gering - und die Policen unverhältnismäßig teuer.

"Ich nenne dies einen branchenprägenden Moment", sagt Orsi gegenüber CRN. "In diesem Unternehmen haben wir uns schon immer mit Marktsegmenten und Technologien beschäftigt, die neu erfunden werden müssen. Ich würde sagen, die Cyber-Versicherungsbranche muss für das Zeitalter der Cloud neu erfunden werden.“ Ziel sei es, allen interessierten Unternehmen innerhalb von zwei Tagen ein entsprechendes Versicherungsangebot zu unterbreiten. Vorerst gilt das Angebot nur in den USA.

Keineswegs tritt Amazon jedoch als Versicherer auf. Man ist eher in einer Vermittlerrolle und will mit großen und kleinen Versicherern kooperieren, um entsprechende Policen anbieten zu können. "Das Programm steht nicht nur einzelnen Versicherern offen, sondern auch den Maklern und Händlern, die viele kleinere Unternehmen zusammenfassen. So können auch alle kleineren Unternehmen an dem Programm teilnehmen", sagte Orsi. "Wir würden gerne ein vielfältiges Ökosystem sehen - diejenigen, die sich auf verschiedene Risikoebenen und verschiedene Geschäftskategorien spezialisiert haben. Es wird wirklich ein sehr vielfältiges Ökosystem von Versicherungsanbietern sein.“ Der Unterschied zu „klassischen“ Vermittlerkanälen dürfte hier jedoch sein, dass Amazon die Bedingungen diktieren kann - und die Datenhoheit behält.

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Die Schnelligkeit soll gewährt werden, indem interessierte Kundinnen und Kunden keine langen Anträge mit ihren Unternehmensrisiken abgeben müssen. Stattdessen werden die erforderlichen Daten für den Versicherungsschutz aus dem Verwaltungsservice AWS Security Hub genommen. Hier zeigt sich auch, dass der Versicherungsschutz Grenzen hat: Versichert werden können Risiken, die bei der Nutzung von IT-Plattformen und Services von Amazon entstehen.

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