Lebensversicherer haben es aktuell – mal wieder – nicht leicht. Denn in Zeiten, in denen ein Krieg in Europa tobt und Menschen durch eine steigende Inflation gebeutelt sind, hat der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft die Gewinnerwartung stark herunter geschraubt. Statt um zwei Prozent sollen Beitragseinnahmen in der Lebensversicherung nur noch um 0,6 Prozent wachsen. Auf diese Zahlen verweist auch die aktuelle Studie des Deutschen Finanz-Service Instituts (DFSI) mit dem Titel "Unternehmensqualität der Lebensversicherer 2022/23".

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EZB-Zinswende: Langfristig gut, kurzfristig problematisch

Zitiert wird zugleich GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen: „Langfristige Vorsorge und Absicherung werden in Krisenzeiten tendenziell in die Zukunft vertagt.“ Ein Befund, den auch die Unternehmen selber teilen. Denn im aktuellen Ifo-Konjunkturtest Versicherungswirtschaft beurteilen nur noch 15 Prozent ihre Ertragslage im Sommer 2022 als günstig.

Hinzu kommt die von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeleiteten Zinswende: Zwar sind steigende Zinsen gut für Lebensversicherer, wie die Experten vom DFSI darlegen. Allerdings zeigt sich diese positive Wirkung nur langfristig. Kurzfristig kann es sogar zu Verwerfungen kommen: Kurse bereits emittierter Anleihen geraden unter Druck, weil der aktuelle Marktwert jener Anleihen, die in den Depots der Lebensversicherer liegen, niedriger ist als deren Buchwert in der Bilanz. Zuvor noch konnten die Versicherer die Niedrigzins-Krise auch dank ihrer Bewertungsreserven stemmen. Nun aber kommt es zu Stillen Lasten – auf geschätzt 40 Milliarden Euro sollen sich diese mittlerweile belaufen (Versicherungsbote berichtete).

Jedoch muss hinzugefügt werden: Die Lebensversicherer können dennoch beruhigt sein, solange es ihnen möglich ist, die betroffenen Anleihen bis zur Endfälligkeit zu halten. Denn stille Lasten sind nur dann ein Problem, wenn ein Unternehmen gezwungen ist, die aktuell geringer bewerteten Anleihen vorzeitig zu veräußern. So gesehen dürfte das Problem Stiller Lasten aktuell eher theoretischer Natur sein. Dennoch: Die Lebensversicherer kommen aus dem Krisenmodus nicht heraus.

Trotz stets neuer Krisen: Die Unternehmen sind robust aufgestellt

Da ist es beruhigend, dass auch das aktuelle DFSI-Rating wieder zeigt: Die Unternehmen sind robust aufgestellt. Das verdankt sich auch der obligatorischen Zinszusatzreserve als Sicherheitspuffer, den die Unternehmen mittlerweile angespart haben. Circa 10 Mrd. Euro flossen 2021 in die Zinszusatzreserve, der branchenweite Reserve-Bestand lag Ende 2021 bei ca. 97 Mrd. Euro.

Einige Lebensversicherer hatten sogar schon 2021 den Höchstwert der notwendigen Zinszusatzreserve, der zur Bewältigung alter Lasten aus hochverzinsten Altverträgen notwendig ist, bereits erreicht – für diese Lebensversicherer waren schon 2022 Rückflüsse aus der Zinszusatzreserve ins aktive Kapital zu erwarten. Und steigende Zinsen werden dazu führen, dass immer mehr Geld aus der Zinszusatzreserve ins aktive Kapital der Unternehmen zurückfließen kann.

Was wurde im aktuellen Rating gemacht?

Für das aktuelle DFSI-Rating wurden 36 marktrelevante Lebensversicherer – 33 Service-Versicherer und drei Direktversicherer – untersucht. Diese decken zusammen rund 75 Prozent des deutschen Lebensversicherungsmarktes ab. Ziel war es, Aussagen zum einen zur Produkt- und Servicequalität zu treffen, zum anderen aber auch die finanzielle Substanzkraft zu bewerten – und damit zu zeigen, wie stabil die Lebensversicherer für die Krise aufgestellt sind.

  • Anstatt bei der finanziellen Substanzkraft auf aufsichtsrechtlich relevante Solvenzquoten zu setzen, hat das Analysehaus eine eigene Kennzahl entwickelt – die Substanzkraftquote. Diese errechnet sich wie folgt: „Für die Substanzkraftquote addiert man zum doppelten Eigenkapital die freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung (freie RfB) sowie ein Viertel der Bewertungsreserven und teilt diese Summe durch die Deckungsrückstellung (eingezahlte und verzinste Kundengelder).“

Die Substanzkraftquote fließt zu 50 Prozent in die Bewertung der finanziellen Substanzkraft ein. Hinzu kommt die Netto-Rendite des Versicherers (gewichtet mit 30 Prozent) und die Gewinndeklaration für das laufende Jahr (gewichtet mit 20 Prozent).

100 Punkte werden zunächst für die Teilbewertung vergeben. Sobald aber eine bereinigte SCR- oder Solvenzquote unter 100 Prozent liegt (und rechtliche Eigenmittelanforderungen demnach nicht erfüllt sind), werden durch die Tester 50 Bewertungspunkte abgezogen. In die Gesamtnote des Ratings fließt der Teilbereich finanzielle Substanzkraft aber nur zu 40 Prozent ein.

  • 100 Punkte werden auch innerhalb der Teilwertung zur Produktqualität vergeben – auch dieser Bereich fließt aber nur zu 40 Prozent in die Endwertung ein. Zum ersten bildete man hierfür eine Aggregation der Endnoten von Produkttests, die das DFSI in der Vergangenheit durchgeführt hatte. Zum anderen bewertete man die Vielfalt der angebotenen Produkte (wie viele unterschiedlichen Produkte standen für frühere Produkt-Tests zur Verfügung).

  • Am geringsten gewichtet – mit 20 Prozent – wird der Service. Dieser Bereich setzt sich aus den Bereichen Frühstornoquote, Spätstornoquote und Beschwerdestatistik laut BaFin zusammen. Um volle Punktzahl (erneut 100 Punkte) in dem Teilbereich zu bekommen, konnte ein Versicherer auch Bonuspunkte erwerben – sobald er zuvor bei Serviceumfragen gut abgeschnitten hatte.

Die drei Teilbereiche wurden letztendlich zu einer Gesamtnote zusammengefügt. Höchste zu erreichende Punktzahl waren auch für die Gesamtnote 100 Punkte. Wer über 90 Punkte erreichte, erhielt ein „Exzellent“ (AAA) als Bestnote. Wer zwischen 80 und 89,99 Punkte erhielt, wurde mit „Sehr gut“ (AA+) bewertet. So geht es weiter abwärts bis zur Note „Mangelhaft“ für 0,00 bis 9,99 Punkte (die freilich nicht vergeben wurde).

Die Rating-Sieger

Folgende Gesamtnoten wurden im Rating "Unternehmensqualität der Lebensversicherer 2022/23" verteilt:

  • Ein Versicherer erhielt ein „Exzellent“.
  • Vierzehn Versicherer erhielten ein „Sehr Gut“: Zwei Versicherer mehr als im Vorjahres-Rating.
  • Und achtzehn Versicherer konnten in der Gesamtwertung immerhin noch ein „Gut“ erreichen.

Drei Versicherer mussten ein „Befriedigend“ hinnehmen.

Drei Versicherer schlossen zudem mit "Befriedigend" ab – schlechtere Noten wurden zumindest im Gesamtrating nicht verteilt. Der Wermutstropfen des Ratings sind aber zwei Unternehmen, die im Teilrating Substanzkraft nur ein "Ausreichend" bescheinigt bekamen. Dieser Befund ist allerdings auch eine Verbesserung: Im Rating vor einem Jahr mussten noch sechs Unternehmen ein "Ausreichend" bei der Substanzkraft hinnehmen (Versicherungsbote berichtete).

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Rating-Sieger: Erneut die WWK Lebensversicherung

Auf Platz eins des Gesamtratings ist eine alte Bekannte: Wie im Rating zuvor holt sich die WWK erneut den Gesamtsieg. Und wie im Vorjahr ist die WWK erneut das einzige Unternehmen, das mit der Bestnote "Exzellent" im Gesamtrating prahlen darf. Folglich bescheinigen die Rating-Experten beim DFSI dem Unternehmen auch eine "hohe Finanzstärke und Zukunftssicherheit".

Die Rating-Top-Ten

Nur knapp hinter der WWK folgen die Allianz sowie die Ergo Vorsorge. Beide Unternehmen verfehlen auch die Bestnote nur knapp. Folgende Unternehmen stellen in dem Rating die Plätze eins bis zehn:

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  1. WWK Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit: 91,76 Punkte (einziger Versicherer mit Bestnote AAA - "Exzellent")
  2. Allianz Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft: 89,42 Punkte (Sehr Gut)
  3. Ergo Vorsorge Lebensversicherung Aktiengesellschaft: 88,19 Punkte (Sehr Gut)
  4. Europa Lebensversicherung Aktiengesellschaft: 88,10 Punkte (Sehr Gut)
  5. Hannoversche Lebensversicherung AG: 87,21 Punkte (Sehr Gut)
  6. Continentale Lebensversicherung AG: 86,12 Punkte (Sehr Gut)
  7. Basler Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft: 84,76 (Sehr Gut)
  8. Swiss Life AG: 84,75 Punkte (Sehr Gut)
  9. Ideal Lebensversicherung a.G.: 84,49 Punkte (Sehr Gut)
  10. Stuttgarter Lebensversicherung a.G.: 84,40 Punkte (Sehr Gut)

Zwei Versicherer nur mit "ausreichender" finanzieller Substanzkraft

Schlechteste Note in den Teilratings ist ein "Ausreichend". Dies wurde für eine nur "ausreichende" Substanzkraft einmal an die DEVK a.G. vergeben sowie einmal an die DEVK Allgemeine. Alle Ergebnisse des Ratings sowie eine Broschüre zum Rating sind auf der Webseite des Ratinghauses verfügbar.

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