Wer von der Gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Alters ausgezahlt bekam, erhielt im vergangenen Jahr im Schnitt 989,42 Euro im Monat. Über alle Rentenarten gab es im Berichtsjahr 2020 immerhin 18.455.833 Altersrentner. Im Bundesschnitt erhielten Männer eine Rente von 1.227,39 Euro, während Frauen 800,28 Euro monatlich ausgezahlt bekamen. Zwischen den einzelnen Rentenarten gibt es jedoch große Differenzen. Die sogenannte Regelaltersrente fällt beispielsweise niedriger aus. Sie erhält, wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und zudem die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllen kann. Frauen und Männer erhielten im Schnitt 697,07 Euro pro Monat. Anspruchsberechtigt waren bei dieser Rentenart 7.675.654 Personen. Das geht aus Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) hervor.

Anzeige

Ergo wird die gesetzliche Rente vielen Berufsgruppen auch in Zukunft keinen auskömmlichen Lebensabend sichern. Eine Lösung wäre eine Mindestrente. Das Thema war bereits im Wahlkampf für die Bundestagswahl anno 2017 hochgekocht. Damals hatte die Partei Die Linke unter anderem eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro gefordert. In die gleiche Kerbe hatte kurz darauf der frühere Regierungsberater Bert Rürup geschlagen. „Wir brauchen für langjährig Beschäftigte eine Mindestrente oberhalb der Grundsicherung. Denn wer sich in der Zeit seines Erwerbslebens erfolgreich bemüht hat, nicht auf die staatlich Fürsorge angewiesen zu sein, sollte auch im Alter nicht zum Sozialamt müssen“, sagte Rürup den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).

Vier Jahre später hat die Partei Die Linke die Idee der Mindestrente selbstverständlich nicht zu den Akten gelegt. Dafür wurde kräftig an der Rentenhöhe geschraubt. "Wir wollen eine einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente von 1.200 Euro netto für all jene Menschen ab 65 und bei Erwerbsminderung einführen, die trotz dieser Reformmaßnahmen in der Rente ein zu niedriges Alterseinkommen haben, um davon leben zu können.", fordert Matthias W. Birkwald, Parlamentarischer Geschäftsführer und Rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke im Interview mit Versicherungsbote.

Anzeige

Das Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig sind, hatte zuletzt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgezeigt. Demnach drohen massive Beitragssteigerungen. Andernfalls müsste der Bund seine Zuschüsse in die Rentenkasse noch mehr erhöhen. Das Dilemma der Rentenpolitik beschreiben die Wissenschaftler so: „Wenn der Nachhaltigkeitsfaktor, wie derzeit gesetzlich vorgesehen, ab 2026 wieder greifen würde, gäbe es ein böses Erwachen. Der Beitragssatz würde stark ansteigen und das Sicherungsniveau deutlich fallen“. Will man stattdessen an den Haltelinien festhalten, müssten die Bundeszuschüsse deutlich aufgestockt werden. Doch (noch) höhere Bundesmittel in der Rentenkasse würden zu weniger Investitionen führen.

Mindestrente, deutlich überarbeitete Grundsicherung oder Beides

Als Reaktion auf das Gutachten kam Kritik aus fast allen politischen Richtungen. Kurz vor der anstehenden Bundestagswahl ist mit notwendigen Reformen bei der Rentenversicherung und damit verbundenen Einschnitten für aktuelle sowie künftige Rentner, kein Staat zu machen. Folglich hielten sich Regierungsparteien mit Vorschlägen zurück. Einige Oppositionsparteien lieferten wenigstens Ideen für die künftige Ausgestaltung.

Aus dem Hause des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommt nun ebenfalls der Gedanke einer Mindestrente auf. Schließlich könnte sie zumindest die finanzielle Absicherung sicherstellen und zum sozialen Ausgleich beitragen. Denn die bisherigen Reformen wie etwa die Grundrente und die Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente würden das Problem der Altersarmut nur unzureichend lösen. Denn viele Gruppen, die ein erhöhtes Risiko von Altersarmut haben, würden von diesen Regelungen gar nicht erreicht. Das betrifft beispielsweise zukünftige Rentner mit nur kurzen oder unterbrochenen Erwerbsbiografien. Auch Langzeitarbeitslose, langjährige Geringverdiener, Menschen mit schlechter Ausbildung oder etwa Erwerbsgeminderte seien stärker von Altersarmut gefährdet.

Anzeige

Zudem wäre die Mindestrente auch eine wichtige Voraussetzung, um andere Rentenreformen in Deutschland in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen, wie eine Erhöhung des Rentenzugangsalters oder stärkere private Vorsorge. Das fordern die drei Experten Johannes Geyer, Peter Haan und Alexander Ludwig vom DIW, die überdies einen Blick in die Nachbarländer Österreich und die Niederlande empfehlen. Denn in beiden Ländern ist eine Mindestsicherung in das Rentensystem integriert.

Als Alternative für die Mindestrente sehen die Forscher eine deutlich überarbeitete Grundsicherung an. Doch diese müsste so umgestaltet werden, dass die Inanspruchnahme erhöht wird. Denn laut eines DIW-Berichts aus dem Jahr 2019 werden hohe Raten der Nichtinanspruchnahme für diesen Transfer von über 50 Prozent geschätzt. Dafür machte das DIW mehrere Gründe aus. Demnach seien Stigma, Komplexität oder Kosten der Beantragung die häufigsten Ursachen für die Nichtinanspruchnahme der Grundsicherung.

Anzeige

An dieser Stelle reiche eine reine Informationskampagnen allerdings nicht aus. Eine Alternative wäre die automatische Prüfung, ob die jeweilige Person einen Anspruch auf Grundsicherung habe. Anschließend könnten die Gelder direkt ausgezahlt werden. Mit dem Hintergrund, dass in einigen Jahren auch Ämter und Behörden durchdigitalisiert sein könnten, wäre das eine einfache Lösung für die Zukunft. Allerdings kann so nur eine Einkommensprüfung erfolgen. Eine Vermögensprüfung oder individuelle Bedarfsprüfung, welche bisher die Grundlage der Grundsicherung in Deutschland ist, könne so vorerst nicht umgesetzt werden. Im Optimalfall könnte die künftige Regierung vielleicht gleich beide Baustellen - also die Rentenversicherung und die Grundsicherung - angehen.

Seite 1/2/

Anzeige