Nach Auffassung der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen sorgt die Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung gleich für „doppelte Unfairness“. Weil nicht alle Versicherten zur Finanzierung beitragen würden, sei das Gesundheitssystem „unsolidarisch“. Und weil nicht alle Versicherten qualitativ hochwertig versorgt würden, bezeichnen die Grünen das gegenwärtige Gesundheitssystem als „ungerecht“.

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Allein bei der Diagnose wollen es die Grünen im Wahljahr 2021 nicht belassen und schlagen eine mehrstufige ‚Therapie‘ vor. Den ‚Behandlungsplan’ hat die Bundestagsfraktion in einem Beschluss-Papier vorgelegt. Der erste Heilungsansatz betrifft demnach Privat-Versicherte. Sie sollen besser von ihrer PKV über „mindestens ebenbürtige und zugleich preisgünstigere Tarife im gleichen Unternehmen“ informiert werden. Auch für die bisher ungelöste ‚Treuhänder-Zwickmühle‘ findet sich ein Lösungsansatz im Fraktions-Beschluss. So sollen die Versicherer verpflichtet werden, ihre eingesetzten Treuhänder in einem festgelegten Turnus zu wechseln. Ob eine Beitragsanpassung (BAP) angemessen war, soll aber auch für den Versicherten „durch Angabe des zugrundeliegenden Rechnungszinses klar ersichtlich werden“.

Weiteres Problem in der PKV aus Sicht der Grünen: Die Absicherung in den sogenannten Sozialtarifen. Die im PKV-Basistarif garantierten Leistungen lägen unterhalb des GKV-Leistungsniveaus. Basis und Standardtarif sollen zu einem „verlässlichen Bürgertarif“ ausgebaut werden, dessen Leistungen denen der GKV ebenbürtig ist.

Zudem sollen Anbieter privater Krankenversicherungen Instrumente bekommen, um sich „durch Verträge mit Leistungserbringern für die Qualität der erbrachten Leistungen einzusetzen“. Auch das Wechseln innerhalb der PKV-Welt soll vereinfacht werden, indem ein ‚Ausgleichssystem‘ geschaffen wird, mit dem „individualisierbare Teile der Altersrückstellungen von einem zum anderen Unternehmen übertragen werden können“.

Hamburger Modell bundesweit

Weiterer Heilungsansatz der Grünen für ein ‚gerechteres Gesundheitssystem‘: Wahlfreiheit für Beamte. Das in einigen Bundesländern praktizierte ‚Hamburger Modell‘ soll bundesweit eingeführt werden. Ziel der Grünen ist, dass sich Beamte ohne finanzielle Nachteile für die GKV entscheiden können. Dafür könnte ein beihilfefähiger Tarif in der GKV sorgen.

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Damit gesetzlich Versicherte eine informierte Entscheidung zur Auswahl ihrer Krankenkasse treffen können, soll ein Qualitätsvergleich ermöglicht werden. Maßgeblich dafür könne z.B. die die Quote der Bewilligung von Leistungen sein.

Finanzierung mit einkommensabhängigen Beiträgen

Die Mitversicherung von Partnern oder Kindern soll es nicht mehr geben. Stattdessen soll jeder Einwohner eigenständig krankenversichert und ab Geburt individuell abgesichert sein. Für Menschen ohne eigenes Einkommen oder Bezieher geringer Einkommen sollen beitragsfrei sein. Privat Versicherte sollen ebenfalls einen einkommensabhängigen Beitrag leisten. Der soll aber nicht zum Versicherer, sondern in den Gesundheitsfonds fließen. Als Mitglieder der Solidargemeinschaft würden PKV-Kunden dann Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, mit denen sie ihre PKV-Beiträge bezahlen können. Die Höhe der Zuweisung soll jener entsprechen, die „gesetzliche Krankenkassen für vergleichbare Versicherte aus dem Gesundheitsfonds erhalten“, schreiben die Abgeordneten.

Bei der Berechnung des beitragspflichtigen Einkommens wollen die Grünen alle Einkommensarten zu Grunde legen. Um kleine Einkommen zu schützen, soll ein Freibetrag eingeführt werden.

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Um den Systemwechsel zwischen GKV und PKV zu ermöglichen, sollen die individualisierbaren Bestandteile der Alterungsrückstellungen auch in die GKV mitgenommen werden können.

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