3.100 Euro - so hoch ist die Betriebsrente des früheren VW-Vorstandes Martin Winterkorn laut einem Bericht der Bild-Zeitung. Das Problem: der frühere Spitzenmanager bekommt diesen Betrag nicht im Monat ausgezahlt, sondern erhält ihn pro Tag. Die monatliche Betriebsrente beziffert sich auf 91.200 Euro. Diese hohen Bezüge erregen nun den Unmut des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der um den Zusammenhalt in der Gesellschaft bangt.

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Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Foto: dgb.de „Während wir dafür kämpfen, das gesetzliche Rentenniveau für viele Millionen Menschen auf einem Niveau abzusichern, das ein anständiges Leben im Alter ermöglicht, hauen gleichzeitig die Unternehmen Millionenbeträge für Manager raus. Das passt nicht zusammen“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann dem Berliner Tagesspiegel. Die soziale Marktwirtschaft werde delegitimiert, wenn viele Menschen von ihrer Rente kaum leben könnten und „gleichzeitig Spitzenmanager auf eine tägliche Pension von 3.000 oder sogar 11.000 Euro kommen“. Das müssten auch die Arbeitgeber lernen.

„Schon so viel verdient, dass sie das Geld gar nicht ausgeben können“

Ähnlich äußerte sich gegenüber dem Tagesspiegel auch Heinz Evers, ehemaliger Manager bei Kienbaum und Berater börsennotierter Unternehmen. In vielen Fällen könnte man die Rente der Vorstände theoretisch komplett streichen, „weil die schon so viel verdient haben, dass die das Geld gar nicht ausgeben können.“ Martin Winterkorn erzielte zuletzt ein Einkommen von 15 Millionen Euro im Jahr.

Evers beobachtet, dass sich die Aufsichtsräte selten gegen derart hohe Bezüge stellen, und spricht von eine Art „Tauschhandel“. Als Gegenleistung für hohe Pensionen sichern die Vorstände demnach den Erhalt vieler Arbeitsplätze zu. Ein weiteres Problem: die internen Regeln für Pensionen seien oft so kompliziert, dass Gewerkschafter und Aufsichtsräte sie kaum durchblicken könnten.

Eine Viertel Milliarde Euro Rückstellungen für Pensionen der Vorstände

Eine Neiddebatte? Fakt ist: Allzu hohe Pensions-Zusagen können einem Unternehmen langfristig schaden. Denn die hohen Bezüge müssen von den Beschäftigten einer Firma mit erwirtschaftet werden. Bei jedem Volkswagen, der verkauft wird, sind im Kaufpreis auch die irrwitzigen Pensionen der Vorstände enthalten.

Allein der VW-Konzern soll für Pensionsverpflichtungen seiner ausgeschiedenen Vorstände 2015 rund 243 Millionen Euro zurückgestellt haben, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mit Berufung auf die jüngste Bilanz von VW. Auch für Horst Neumann, den Ende November ausgeschiedenen Personalvorstand, weist die Bilanz einen Pensionsbarwert von 23,7 Millionen Euro aus.

Hohe Pensionen auch dann, wenn einem Unternehmen geschadet wurde?

Ein weiterer Grund erregt den Ärger der Gewerkschafter: Die hohen Pensionen werden selbst dann gezahlt, wenn ein Manager dem Unternehmen geschadet haben könnte. Martin Winterkorn führte den VW-Konzern in Zeiten von „Dieselgate“ – und damit in die schlimmste Krise nach Ende des zweiten Weltkrieges. Eine illegal eingebaute Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung von Millionen Dieselautos bewirkte, dass Abgas-Grenzwerte niedriger ausgewiesen wurden, als sie tatsächlich waren. So wurden Behörden und Verbraucher getäuscht. 30.000 Stellen sollen bei VW nach "Dieselgate" gestrichen werden, was auch eine Folge des Skandales und des damit verbundenen Imageschadens ist.

Auch der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, unter dessen Führung die Bank in zahlreiche Skandale verstrickt war, erhält nach Spiegel-Informationen eine Pension in Höhe von 18,8 Millionen Euro ausgezahlt. Zusätzlich hielt Ackermann bei seinem Ausscheiden Aktien der Deutschen Bank im Wert von mehr als 22 Millionen Euro. Die Deutsche Bank muss in den USA derzeit 7,2 Milliarden Dollar Strafe für faule Machenschaften mit hypothekengedeckten Wertpapieren zahlen, auf einen entsprechenden Vergleich hat man sich mit dem US-Justizministerium Ende Dezember geeinigt. Auch zahlreiche andere Verfehlungen des Geldhauses hatten Strafzahlungen in Milliarden-Höhe zur Folge.

Kodex soll Geldschleuderei verhindern

Im Jahr 2002 trat der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) in Kraft, der Geldschleuderei und exorbitant hohe Vorstands-Gehälter bei börsennotierten Unternehmen verhindern soll. Doch alle dort festgehaltenen Regeln, die nicht bereits ins Börsengesetz gegossen sind, haben Empfehlungscharakter und sind folglich nicht sanktionierbar. Wenn Unternehmen gegen den Kodex verstoßen, müssen sie die Gründe gegenüber einer Kommission darlegen. "Nicht die Befolgung der Empfehlungen, aber ihre Begründung bei Abweichung ist gesetzlich zwingend. Der Kodex setzt auf Akzeptanz ohne Zwang", heißt es hierzu auf der Webseite des DCGK.

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Reiner Hoffmann weist gegenüber dem "Tagesspiegel" darauf hin, dass viele Unternehmen bei der betrieblichen Altersvorsorge der Mitarbeiter den Rotstift ansetzen, auch aufgrund des Niedrigzinses. Deshalb hätten die hohen Pensionen der Vorstände einen besonders faden Beigeschmack: Die "Unverhältnismäßigkeit von Gehältern und Pensionen" untergrabe "das Vertrauen in wichtige Institutionen", etwa Verbände, Parteien und Gewerkschaften. Dies könne man auch am Aufstieg von populistischen Parteien wie der AfD sehen.

Tagesspiegel

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