Die Wirtschaftsauskunftei Schufa Holding AG ist bei vielen Bürgern berüchtigt. Wer dort mit einem negativen Eintrag registriert ist, der gilt unter Umständen als nicht kreditwürdig. Er muss Angst haben, nur schwer einen Kredit zu erhalten und Online-Bestellungen nicht per Rechnung bezahlen zu dürfen. Für Unternehmer kann es das Aus bedeuten, wenn ihnen die Schufa eine negative Bonität bescheinigt. Und auch wer eine neue Wohnung zur Miete sucht, hat mit negativer Bonität eher schlechte Karten. Da hilft es wenig, dass die Schufa auf ihrer Webseite selbst betont, dass sie „Vertrauen schafft“ - und zu über 90 Prozent aller gespeicherten Personen ausschließlich positive Informationen vorliegen würden. Bei nahezu jedem Rechnungskauf und jeder Kontoeröffnung sind die Deutschen gezwungen, ihr Einverständnis zu erklären, dass die Daten an die Schufa weitergegeben werden.

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Schwedischer Investor will Schufa übernehmen

Was aber viele nicht wissen: Die Schufa ist keineswegs eine Datensammelstelle der öffentlichen Hand, sondern ein privates Unternehmen. Und das sorgt nun für einen Aufschrei. Denn um Deutschlands bekannteste Kredit-Auskunftei tobt derzeit ein Übernahmekampf. Der schwedische Investor EQT Partners AB will die Mehrheit der Anteile an sich reißen: und am liebsten die Schufa komplett übernehmen. Ein Investor, der seit 2019 an der Börse notiert ist und sich bevorzugt in aussichtsreiche mittelständische Unternehmen einkauft. Stand Januar 2021 hat der Investor mit Sitz in Stockholm nach eigenen Angaben 22 Milliarden Euro in 170 Unternehmen investiert: darunter etwa die Deutsche Glasfaser oder der Hörgeräte-Hersteller Sivantos. Aber auch im asiatischen Raum ist die Investitionsgruppe sehr aktiv.

Wie die ARD Tagesschau berichtet, ist gerade das Bundeskartellamt damit beschäftigt, die Übernahmepläne zu prüfen. Demnach habe die Behörde bestätigt, dass EQT bis zu 100 Prozent der Anteile an der Schufa übernehmen will – und folglich auch die alleinige Kontrolle ausüben. Bisher ist die Schufa in vielen Händen: zu den Aktionären gehören mehrheitlich Kreditbanken, Sparkassen und Privatbanken. Unternehmen also, die selbst auch stark die Dienste der Auskunftei in Anspruch nehmen. Laut einem „Handelsblatt“-Bericht von Oktober hat EQT bereits das Gespräch mit mehreren Privatbanken gesucht: über den Ausgang der Gespräche ist nichts bekannt.

Kampagne auf Change.org

Die Übernahmepläne haben nun auch eine Kampagne auf change.org zur Folge, die bisher auf großes Interesse stößt. Den Appell „Stoppt den Ausverkauf der Schufa-Daten“ haben allein in den ersten 20 Stunden mehr als 158.000 Menschen unterschrieben, so teilt die Kampagnen-Plattform per Pressetext mit. Adressiert ist die Appell an mehrere Eigentümer der Schufa: unter anderem Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, sowie Christian Sewing, Vorstandschef der Deutschen Bank. Zentrale Forderung: Die Eigentümer sollen ihr Vorverkaufsrecht nutzen und so dafür sorgen, dass keine Schufa-Anteile an EQT oder ähnliche Investoren verkauft werden.

Antonia Becher, die die Campact-Kampagne mit initiiert hat, erklärt hierzu: "Schufa-Daten sind hochsensibel. Sie wirken sich auf unser Leben aus, entscheiden ob jemand eine Wohnung bekommt, ein Haus bauen oder ein Unternehmen starten kann. Solche wichtigen Daten dürfen nicht zum Spielball von Finanzinvestoren werden. Außerdem muss die Schufa transparent machen, wie sie die Bonität von Menschen berechnet. Auch das ist bislang eine einzige Blackbox." Die Initiatoren verweisen darauf, dass die französische Großbank Société Générale ihre Schufa-Anteile von rund zehn Prozent für 200 Millionen Euro abstoßen will.

Genossenschaftsbanken gegen Übernahme

Damit stoßen die Aktivisten zumindest bei den Volks- und Raiffeisenbanken auf offene Ohren. Denn auch sie wollen die Übernahme verhindern. Gebündelt sich die Anteile der Genossenschaftsbanken bei der TeamBank mit Sitz in Hamburg, zu der unter anderem die Marke easyCredit gehört. Die Schufa sei "Datenlieferant für die TeamBank und die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe und daher für uns von hoher strategischer Bedeutung", zitiert tagesschau.de eine Sprecherin des Kreditinstitutes. Die Franken halten laut der Sprecherin eine Beteiligung von 17,94 Prozent an der Schufa: und haben ebenfalls beim Bundeskartellamt den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung beantragt.

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Nach eigenen Angaben verfügt die Schufa über 1,052 Milliarden Daten zu 6 Millionen Unternehmen und 68 Millionen natürlichen Personen. Pro Tag werden im Schnitt 490.000 Auskünfte erteilt.

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