Zeig mir wie du fährst, und ich sag dir, wie viel du sparst: So lässt sich grob das Konzept von Telematik in der Kfz-Versicherung zusammenfassen. Dabei wird eine Black Box in den Wagen des Versicherungsnehmers eingebaut, die das Fahrverhalten des Autofahrers genau aufzeichnet und an die Versicherung übermittelt. Basierend auf diesen Daten bietet die KfZ-Versicherung eine auf den Fahrer abgestimmte individuelle Prämie an. Bis zu 60 Prozent Beitragsersparnisse sind für vorsichtige Fahrer möglich, werben Befürworter von Telematiklösungen. In den USA sind derartige Tarife längst etabliert, aber in Europa steckt die Technik noch in den Kinderschuhen.

S-Direkt bietet erste Telematik-Versicherung für deutschen Markt

Erstmals hat sich nun ein deutscher Anbieter an das Geschäft mit der Telematik herangetraut. Seit dem 01. Januar 2014 bietet die Sparkassen-Tochter S-Direkt individualisierte Tarife an, für die Fahrdaten der Kunden ausgewertet werden. Zunächst können circa 1.000 Versicherte das neue Angebot nutzen, sagte S-Direkt-Vorstand Jürgen Cramer. Doch das Potential für Telematik-Lösungen wird weitaus höher eingeschätzt. Rund 50 Prozent aller deutschen Autofahrer befürworten den Einsatz von Telematik in der Kfz-Versicherung, wie aus einer Umfrage der Unternehmensberatung Towers Watson hervorgeht.

Für die Erhebung der individuellen Fahrdaten kooperiert S-Direkt mit dem Mobilfunkanbieter Telefónica. Das Unternehmen mit Sitz in Spanien hat eine Telematik-Box entwickelt, die unter anderem Informationen über die Fahrzeit, die zurückgelegte Kilometerzahl, das Bremsverhalten in Kurven und Geschwindigkeitsüberschreitungen aufzeichnen und übermitteln kann. Die gesammelten Daten über das Fahrverhalten des Fahrers werden dann in ein Punktesystem umgerechnet, das auch Basis für die Höhe der Versicherungsprämie ist.

Durch diese sogenannte Machine-to-Machine-Technik (M2M) werde eine attraktivere und gerechtere Gestaltung der Tarife möglich, sagt Markus Haas, Strategie-Vorstand von Telefónica Deutschland. „Die Versicherer haben damit ein Ass im Ärmel, um sich im hart umkämpften Markt zu bewähren und Ihren Kunden maßgeschneiderte Tarife anzubieten.“ Bis dato wurden zur Preiskalkulation der Kfz-Versicherung für den Versicherungsnehmer eher unspezifische Faktoren wie Alter, Jahresfahrleistung und Region herangezogen.

Datenschützer melden Bedenken an

Doch ein möglicher Siegeszug der Telematik wird von Datenschützern mit Misstrauen beäugt. Laut einem dpa-Bericht fordert der Sprecher des Landesdatenschutzbeauftragten Nordrhein-Westfalens, dass die Kunden umfangreich über die Sammlung von Daten aufgeklärt werden. Er rate zu Datensparsamkeit und deshalb zunächst von einem solchen Vertrag ab. „Aber jeder kann selbst entscheiden. Man darf nicht von vorn herein sagen: Das geht nicht. Das Modell funktioniert sicherlich mit Einschränkungen“, so der Sprecher.

Und tatsächlich sind datenschutzrechtliche Bedenken angebracht, kann doch die Telematikbox nicht nur Auskunft über das Fahrverhalten geben, sondern auch darüber, wann sich der Autofahrer wo mit seinem Gefährt aufgehalten hat. Zwar werden die persönlichen Daten des Versicherten verschlüsselt weitergegeben und halbjährlich gelöscht. Laut einem Bericht des Online-Dienstes Heise könnte das System bei einer Manipulation aber zur „Wanze“ werden. Wenn Unbefugte das Login eines Nutzers für PC und Smartphone abfangen und mit den Fahrdaten verknüpfen, sei einer nahezu grenzenlosen Überwachung keine Grenzen gesetzt.

Umso mehr bemüht sich S-Direkt, die Sicherheit der Technik zu betonen. „Es müssen nicht nur Maßnahmen zum Schutz des Lebens der Autoinsassen mit der innovativen Technik verknüpft sein, auch der Schutz der Fahrinformationen muss absolut sichergestellt sein“, sagte Cramer der dpa.

Dass sich die Telematik langfristig in Deutschland durchsetzt, darauf hoffen auch andere Anbieter. Unter anderem arbeitet Vodafone derzeit an einer Technik für den deutschen Markt. In Großbritannien kooperiert Vodafone bereits mit dem globalen Versicherungsgiganten AIG, der ebenfalls Telematik-Lösungen für den europäischen Markt in der Praxis testet.

dpa